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Arzneimittelallergien, Nebenwirkungen an der Haut und spezielle Fragen der Arzneimittelsicherheit

Arzneimittelallergien hängen von den persönlichen Eigenschaften der Patientinnen und Patienten ab und sind daher, anders als die meisten anderen Nebenwirkungen, typischerweise nicht vorhersehbar. Auch wenn sie mengenmäßig nur einen kleineren Teil aller Nebenwirkungen ausmachen, können einige dieser Reaktionen, wie z.B. der allergische Schock oder das Angioödem (Schwellungen im Gesichtsbereich), schwerwiegend und potenziell lebensbedrohlich verlaufen.

Aufgrund ihrer Sichtbarkeit werden Arzneimittelnebenwirkungen an der Haut leichter wahrgenommen als Nebenwirkungen an anderen Organen. Hier reicht das Spektrum von milden Ausschlägen bis hin zu lebensbedrohlichen Krankheitsbildern, bei denen es zur Blasenbildung und Ablösung größerer Hautareale kommt. Auch können Arzneimittelnebenwirkungen an der Haut auf Nebenwirkungen an anderen Organen hinweisen.

Spezielle Fragestellungen beziehen sich beispielsweise auf das Auftreten von Nebenwirkungen bei besonders empfindlichen Patientengruppen wie Kindern oder älteren Menschen.

Leiter der Forschungsgruppe

Prof. Dr. med. Bernhardt Sachs
Prof. Dr. med. Bernhardt Sachs

Außerplanmäßiger (apl.) Prof. Dr. med. Bernhardt Sachs

Telefon: +49-(0)228-99-307-3156
E-Mail: bernhardt.sachs@bfarm.de

Lebenslauf

Forschungsgruppe Arzneimittelallergien, Nebenwirkungen an der Haut und spezielle Fragen der Arzneimittelsicherheit

Projekte der Forschungsgruppe Arzneimittelallergien, Nebenwirkungen an der Haut und spezielle Fragen der Arzneimittelsicherheit

MEKIH - Analyse von Medikationsfehlern bei Kindern und Jugendlichen und Erstellung von Handlungsempfehlungen

BfArM (Konsortialpartner): Prof. Dr. Bernhardt Sachs, Dr. Claudia Kayser, Dr. Diana Dubrall [Universitätsklinikum Bonn - Institut für Medizinische Biometrie, Informatik und Epidemiologie (IMBIE)], Severin Domgörgen

Universitätsklinikum Erlangen (Konsortialführung): Prof. Dr. Antje Neubert (Kinder‐und Jugendklinik), Dr. Armin Ströbel (Center for Clinical Studies), Dr. Irmgard Toni (Kinder‐und Jugendklinik)

Hintergrund

Unter Medikationsfehlern (MF) versteht man nach der EU-Definition unbeabsichtigte Fehler im Medikationsprozess, die zu einer vermeidbaren Schädigung der Patientinnen und Patienten führen oder aber führen könnten. Kinder und Jugendliche haben ein erhöhtes Risiko für aus MF resultierende potenzielle unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) im Vergleich zu Erwachsenen. Das höhere Risiko von MF-bedingten potenziellen UAW ist bei einigen Wirkstoffen unter anderem auf die begrenzte Datenlage in Bezug auf ihre Anwendung bei Kindern, dem Fehlen geeigneter Dosierungsempfehlungen und altersgerechten Darreichungsformen sowie den zum Teil komplexen Dosisberechnungen zurückzuführen.

Projektziele

Ziel dieses Projektes ist es, basierend auf der Analyse von Berichten zu (potenziellen) MF, Risikokonstellationen für MF zu erkennen, um konkrete Maßnahmen zu deren Vermeidung entwickeln zu können.

Methodik

Es handelt sich um eine retrospektive, explorative, nicht‐interventionelle, pharmakoepidemiologische Studie.

In dem Projekt werden drei verschiedene Datensätze zu MF-Berichten bei Kindern und Jugendlichen analysiert:

  1. KiDSafe‐Kohorte: MF, die bei der systematischen Erfassung von arzneimittelbedingten Krankenhausaufnahmen in 12 Kliniken in Deutschland erfasst wurden (weitere Informationen: https://kinderformularium.de/sign_in/kidsafe)
  2. Spontanberichte der europäischen UAW-Datenbank EudraVigilance: Von Angehörigen der Heilberufe sowie Patientinnen und Patienten und deren Angehörigen spontan gemeldete MF mit und ohne Krankenhausaufnahme
  3. Fallsammlung der Arzneimitteltherapiesicherheit des BfArM: MF mit und ohne Krankenhausaufnahme sowie potentielle MF, gemeldet von Angehörigen der Heilberufe sowie Patientinnen und Patienten und deren Angehörigen

Durch Einbeziehung dieser drei Datensätze, die sich hinsichtlich der Art der Datenerfassung, der Datenmenge und der Meldequelle unterscheiden, soll eine Analyse von MF bei Kindern und Jugendlichen auf breiterer Basis möglich werden.

Förderung

Das Projekt wird durch den Innovationsausschuss des G-BA (Gemeinsamer Bundesausschuss) gefördert (Förderkennzeichen: 01VSF22045).

KerXeM - Entwicklung und Charakterisierung humaner in-vitro-Keratinozytenkulturmodelle zur Anwendung für dermatopharmakologische und arzneimittelallergische Fragestellungen

Projektleitung: Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM): Prof. Dr. Bernhardt Sachs (BfArM), Philipp Deck (BfArM; Universität Bonn) 

Kooperationspartner: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Pharmazeutisches Institut: Prof. Dr. Günther Weindl; Uniklinik RWTH Aachen (UKA), Klinik für Dermatologie und Allergologie: Prof. Dr. Amir Yazdi; Universitätsklinikum Bonn (UKB), Klinik und Poliklinik für Urologie und Kinderurologie: Prof. Dr. Guido Fechner

Hintergrund

Neben ihrer Hauptaufgabe, der Bereitstellung der Barriere zur Außenwelt, besitzt die Haut ausgeprägte immunlogische und metabolische Kompetenzen. So sind vor allem Keratinozyten in der Lage, Fremdstoffe über verschiedene Enzyme zu metabolisieren (Biotransformation). Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass Keratinozyten, als sogenannte nicht-professionelle antigenpräsentierende Zellen, T-Zellen Antigene präsentieren und immunologische Antworten induzieren können. 

Für das BfArM sind diese Kompetenzen auch von regulatorischem Interesse. So sind einerseits allergische (spezifisch-immunologisch meditierte) Hautreaktionen auf Arzneimittel eine häufig gemeldete unerwünschte Arzneimittelwirkung. Andererseits ist die Metabolisierung von Arzneimitteln in der Haut für dermatopharmakologische Fragestellungen von Bedeutung.

Projektziele

Das übergeordnete Projektziel ist die Entwicklung und Charakterisierung verschiedener humaner in-vitro-Keratinozytenkulturmodelle zur Anwendung für dermatopharmakologische und arzneimittelallergische Fragestellungen. 

Das Projekt gliedert sich in nachfolgende untergeordneten Teilziele:

  1. Etablierung von In-vitro-Keratinozyten-Hautmodellen in 2D-/3D-Struktur mit extrazellulären Matrix-Komponenten. 
  2. Analysen zum Vorhandensein ausgewählter fremdstoffmetabolisierender Enzyme auf Ebene der Gen- und Proteinexpression. 
  3. Analysen in Bezug auf die Biotransformation ausgewählter Wirkstoffe mit geeigneten analytischen Methoden. 
  4. Analysen der Auswirkungen der Biotransformation / des/der Metaboliten auf die Keratinozyten in den Kulturmodellen. 

Förderung

Eigenmittel des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte sowie des pharmazeutischen Institutes der Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Die Studienlaufzeit beträgt 3 Jahre.

WOLGA - Weiterentwicklung, Optimierung und Anwendung eines Algorithmus zur Detektion schwerwiegender unerwünschter Arzneimittelwirkungen mit Routinedaten

BfArM (Konsortialpartner): Prof. Dr. Bernhardt Sachs, Dr. Diana Dubrall, Mitarbeitender: Patrick Christ

Konsortialführung: Prof. Dr. Ulrike Haug, Prof. Dr. Pigeot, Dr. Oliver Scholle, Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS, Mitarbeitender: Nikolaj Rischke

Hintergrund

Schwerwiegende unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW), die zu einer Krankenhauseinweisung führen, haben sowohl für Patientinnen und Patienten als auch für das Gesundheitssystem weitreichende Konsequenzen.

Eine zentrale Aufgabe des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ist die Überwachung der Arzneimittelsicherheit. Ein wesentliches methodisches Element der behördlichen Arzneimittelsicherheit ist das Spontanberichtssystem. Unter Spontanberichten versteht man UAW-Verdachtsfälle, die durch Ärzte, Apotheker, Patienten oder andere Quellen bei breiter, alltäglicher Anwendung eines Arzneimittels spontan gemeldet werden. Diese Spontanberichte werden an die Europäische Arzneimittelagentur weitergeleitet und in der europäischen Datenbank EudraVigilance gespeichert. Durch die Analyse von Spontanberichten können unter anderem bisher unbekannte sowie seltene UAW, welche unter bestimmten Voraussetzungen (z.B. Komorbiditäten) oder bei besonders vulnerablen Populationen (z.B. Kinder, Schwangere, ältere Personen) auftreten, detektiert werden.

Neben den Spontanberichten stellen auch Versichertendaten eine wertvolle Datenbasis zur Erfassung und Charakterisierung schwerwiegender UAW dar. Die pharmakoepidemiologische Forschungsdatenbank GePaRD des Leibniz-Instituts für Präventionsforschung und Epidemiologie (BIPS) enthält pseudonymisierte Abrechnungsdaten von vier deutschen Krankenkassen und umfasst Abrechnungsdaten von ca. 25 Millionen Personen.

Um UAW-bedingte Krankenhauseinweisungen basierend auf Krankenhausroutinedaten in Deutschland detektieren zu können, wurden Algorithmen entwickelt, die jedoch bestimmten Limitierungen unterliegen.

Projektziele

Das Ziel dieses Projektes ist die Weiterentwicklung und Optimierung eines Algorithmus zur Identifizierung UAW-bedingter Krankenhausaufnahmen in Versichertendaten.

Durch die Optimierung des Algorithmus soll ein Monitoring von Versichertendaten in Bezug auf das Auftreten schwerwiegender UAW sowie in Bezug auf Risikokonstellationen und gefährdete Patientengruppen ermöglicht werden.

Darauf basierend sollen unter anderem Konzepte zur Vermeidung von (schwerwiegenden) UAW entwickelt und somit die Patientensicherheit erhöht sowie die Kosten für das Gesundheitssystem reduziert werden.

Methodik

Zunächst soll eine Recherchestrategie entwickelt werden, um UAW bedingte Krankenhausaufnahmen in den Versichertendaten und in der EudraVigilance Datenbank zu identifizieren. Anschließend ist eine quantitative und qualitative Analyse dieser identifizierten, UAW bedingten Krankenhauseinweisungen aus den Versichertendaten und den UAW Berichten aus EudraVigilance geplant.

Anhand dieser Vergleichsanalysen soll das Potenzial der Identifikation und Charakterisierung UAW bedingter Krankenhauseinweisungen in Versichertendaten bewertet und der Algorithmus optimiert werden.

In einer Machbarkeitsstudie sollen Strategien entwickelt werden, um eine Verknüpfung von UAW bedingten Krankenhausaufnahmen auf Fallebene zwischen den beiden Datenbanken GePaRD und EudraVigilance zu ermöglichen.

Förderung

Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA), 01VSF19018

KIAM - KI-gestützte Expressionsanalyse von Marker-Genen zum In-Vitro-Nachweis einer Arzneimittelsensibilisierung

BfArM (Projektpartner): Prof. Dr. Bernhardt Sachs, Dr. Andreas Glässner

Life & Brain GmbH Bonn (Konsortialführung): Prof. Dr. Markus Nöthen, Dr. Per Hoffmann

Universitätsklinik RWTH Aachen, Klinik für Dermatologie und Allergologie (Projektpartner): Univ.-Prof. Dr. Amir Yazdi, Dr. Gerda Wurpts

Hintergrund

Arzneimittelallergien sind eine besonders relevante Allergieform, deren Häufigkeit wahrscheinlich durch den demografischen Wandel weiter zunehmen wird. Die Diagnostik von Arzneimittelallergien basiert zurzeit auf:

  1. Anamnese und Einordnung der klinischen Reaktion.
  2. In-Vivo-Testungen: Prick-, Intrakutan- und Epikutantests. Diese zum Teil aufwendigen Hauttestungen sind eingeschränkt sensitiv und nur für wenige Wirkstoffe standardisiert.
  3. In-Vitro-Testungen: Nachweisverfahren für spezifische Antikörper (IgE) bei Soforttypreaktionen sind nur für wenige Arzneimittel verfügbar und stehen zellulären Testsystemen wie z. B. dem Lymphozytentransformations-Test (LTT) gegenüber.
  4. Provokationstestungen. Diese sind aufgrund der potenziellen Gefahr einer allergischen Reaktion nicht risikofrei und werden daher von Patientinnen und Patienten manchmal abgelehnt. Wenn in der Anamnese eine schwere allergische Reaktion vorlag, sind sie kontraindiziert.

Zusammenfassend gibt es für viele arzneimittelallergische Reaktionen derzeit keine zufriedenstellenden diagnostischen Möglichkeiten bei einem großen Bedarf für eine zuverlässige, in der Routinediagnostik einsetzbare Methode, die für die Patientinnen und Patienten ungefährlich, nicht belastend und mit geringem zeitlichen Aufwand verbunden ist. Insbesondere In-Vitro-Testungen bieten sich hier an, da sie lediglich eine Blutabnahme erfordern und auch einfacher mehrere verdächtigte Arzneimittel getestet werden können.

Vorarbeiten - INA-Projekt

In den letzten Jahrzehnten sind große Fortschritte bei der Analyse der genomweiten Gen- (=Transkriptom) sowie Proteinexpression (=Proteom) hinsichtlich der Kosten, aber auch bei der Messgenauigkeit und dem benötigten Zeitaufwand gemacht worden, sodass diese Methoden mittlerweile Einzug in die breite wissenschaftliche Anwendung gefunden haben. Daher war das Ziel in einem vom Europäischen Fond für regionale Entwicklung (EFRE) geförderten Projekt der Antragssteller (INA, Projektkennung: EFRE-0801755) mithilfe aktueller Methoden zur Gen- sowie Proteinexpression, ein für den Routineeinsatz geeignetes Testverfahren für den In-Vitro-Nachweis einer Arzneimittelallergie zu entwickeln. Als Ausgangsbasis wurde dazu der LTT verwendet, um die peripheren mononukleären Blutzellen (PBMC) in vitro mit dem verdächtigten Arzneimittel zu stimulieren (LTT-Plattform). Anschließend erfolgte die Analyse der PBMC in Bezug auf eine Arzneimittel-spezifische Aktivierung hinsichtlich des Transkriptoms und Proteoms. Hierbei sollten Unterschiede bei der Gen- und Proteinexpression identifiziert werden, die als neue Marker zum In-Vitro-Nachweis einer Arzneimittelsensibilisierung dienen könnten.

Projektziele

Das aktuelle Projekt KIAM setzt auf den Vorarbeiten von INA auf. Das übergeordnete Ziel von KIAM ist die Entwicklung eines Website-Prototyps mit einer bedienungsfreundlichen Oberfläche, auf der nach Eingabe der Expressionsdaten für die Marker-Gene mittels KI-basierter Algorithmen eine Aussage zum Arzneimittel-Allergiestatus getroffen werden kann. Die Expressionsdaten der Marker-Gene in den PBMC sollen dabei mittels Real-Time PCR bestimmt werden. Zuvor soll die Zuverlässigkeit der im INA-Projekt identifizierten Marker-Gene ermittelt werden.

Damit soll diese Methodik der individuellen, Patienten-bezogenen In-Vitro-Diagnostik von Arzneimitteallergien perspektivisch auch in der erweiterten Routinediagnostik in der Versorgung anwendbar werden.

Projektbeschreibung und Methodik

In dem Projekt sollen Patientinnen und Patienten mit gesicherter Arzneimittelallergie und Kontrollpersonen ohne Allergie gegen das betreffende Arzneimittel untersucht werden. Aus den entnommenen Blutproben werden die PBMC isoliert und mit dem verdächtigten Arzneimittel koinkubiert. Nach Abschluss der Koinkubation wird die Genexpression in den PBMC mittels Real-Time PCR in Bezug auf die identifizierten Marker-Gene analysiert.

Die wesentlichen Arbeitsschritte des Projektes sind (federführende Partner in Klammern):

  1. die Rekrutierung von Patientinnen und Patienten mit gesicherter Arzneimittelallergie und Kontrollpersonen ohne Allergie gegen das betreffende Arzneimittel (Klinik für Dermatologie und Allergologie, Universitätsklinikum RWTH Aachen);
  2. die Isolierung der PBMC der Patientinnen und Patienten sowie der Kontrollpersonen und Koinkubation der PBMC mit dem verdächtigten Arzneimittel (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte);
  3. die Analyse der Genexpression mittels Real-Time PCR (Life & Brain GmbH).
  4. die bioinformatorische Auswertung der Daten (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte).

Förderung

Gefördert wird dieses Vorhaben aus Mitteln des Landes NRW (ZukunftBio.NRW) sowie Eigenmittel der beteiligten Partner. Förderzeitraum: 9/2023 – 9/2025.

Bürgerwappen Land Nordrhein-Westfalen

ANKA - Kombinierte Analysen von Nebenwirkungsdaten und klinischen Routinedaten unter Anwendung von Methoden des maschinellen Lernens

BfArM: Prof. Dr. Bernhardt Sachs (BfArM), Dr. Diana Dubrall (BfArM; Institut für Medizinische Biometrie, Informatik und Epidemiologie (IMBIE), Universitätsklinikum Bonn),

Kooperationspartner: Prof. Dr. Matthias Schmid (IMBIE), Dr. Diana Dubrall (BfArM, IMBIE), Priv.-Doz. Dr. Sven Zenker (IMBIE; Stabsstelle Medizinisch-Wissenschaftliche Technologieentwicklung und -koordination (MWTek), Universitätsklinikum Bonn; Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin (KAI), Universitätsklinikum Bonn)

Hintergrund

Die kontinuierliche Überwachung von Arzneimitteln nach ihrer Zulassung in Bezug auf das Auftreten unerwünschter Arzneimittelwirkungen (UAW) ist essentieller Bestandteil der Arzneimittelsicherheit. Im Rahmen des vorherigen Projektes „Etablierung von Analysemethoden in der Spontanberichts-Datenbank zur Untersuchung regulatorisch relevanter Pharmakovigilanz-Fragestellungen (UAW-Datenbankanalysen)“ wurden bereits Methoden für die Analysen von UAW-Berichten in UAW-Datenbanken etabliert [1, 2, 3, 4]. Zur Einordnung der Ergebnisse aus solchen UAW-Datenbankanalysen sollen diese nun im Kontext mit anderen, komplementären Daten betrachtet werden (siehe auch Ziele), wie beispielsweise demographischen Daten zur Bevölkerung, Daten zur Arzneimittelanwendung, Daten zu spezifischen Erkrankungen und Daten aus anderen UAW-Datenbanken.

Neben der Analyse aggregierter Daten werden darüber hinaus Einzelfallbewertungen von UAW-Berichten durchgeführt, um die Aussagekraft von UAW-Datenbankanalysen zu erhöhen. Bei diesen Einzelfallbewertungen wird der kausale Zusammenhang zwischen der aufgetretenen UAW und der Anwendung des als verdächtig gemeldeten Arzneimittels beurteilt. Zudem wird die Dokumentationsqualität der Berichte, also die Vollständigkeit in Bezug auf relevante Informationen bewertet (z.B. der zeitliche Zusammenhang zwischen der Anwendung des Arzneimittels und dem Auftreten der UAW). Solche Einzelfallanalysen erfolgten auch in dem o.g. Vorläuferprojekt und werden auch fortlaufend in den regulatorischen Abteilungen des BfArM bei relevanten Pharmakovigilanz-Fragestellungen durchgeführt. Diese Einzelfallanalysen wurden in dem vorherigen Projekt als sehr zeitintensiver Prozess identifiziert.

Ziele

Ein Ziel dieses Projektes ist es, die Aussagekraft von Analysen in UAW-Datenbanken durch Analysen in anderen, komplementären Datenbanken zu erhöhen. Dazu zählen beispielsweise Datenbanken, die Daten zur Arzneimittelanwendung enthalten. Weiterhin sollen auch Analysen in UAW-Datenbanken anderer Länder und Regionen durchgeführt werden, um eventuelle Unterschiede zu detektieren.

Methodisch sollen dabei u.a. Methoden des maschinellen Lernens (ML) zum Einsatz kommen. Zusätzlich sollen Voraussetzungen geschaffen werden, welche eine Optimierung der Einzelfallbewertung durch Anwendung von ML ermöglichen, um den Zeitaufwand einer manuellen Einzelfallanalyse zum Beispiel durch eine Art Vorselektion zu reduzieren.

Das Forschungsprojekt ist zum 01.12.2020 gestartet; weitere Informationen folgen.

Referenzen

  1. Dubrall D, Schmid M, Alešik E, Paeschke N, Stingl J, Sachs B. Frequent Adverse Drug Reactions, and Medication Groups under Suspicion. Dtsch Arztebl Int. 2018 Jun 8; 115(23): 393-400.
  2. Sachs B, Dubrall D, Fischer-Barth W, Schmid M, Stingl J. Drug-induced anaphylactic reactions in children: A retrospective analysis of 159 validated spontaneous reports. Pharmacoepidemiol Drug Saf. 2019;28(3):377-388.
  3. Dubrall D, Just KS., Schmid M, Stingl JC, Sachs B. Adverse drug reactions in older adults: a retrospective comparative analysis of spontaneous reports to the German Federal Institute for Drugs and Medical Devices. BMC Pharmacol Toxicol 21, 25 (2020).
  4. Dubrall D, Schmid M, Stingl JC, Sachs B. Angioedemas associated with renin-angiotensin system blocking drugs: Comparative analysis of spontaneous adverse drug reaction reports. PLoS One. 2020 Mar 26;15(3):e0230632.

Laufzeit

01.12.2020 bis 31.12.2023

Förderung

Eigenmittel des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte sowie des Instituts für Medizinische Biometrie, Informatik und Epidemiologie am Universitätsklinikum Bonn

vARIANCE - Charakterisierung molekularer und äußerer Einflussfaktoren bei Bradykinin-vermittelten Angioödemen am Beispiel durch ACE-Hemmer oder AT-Rezeptor-Antagonisten induzierter Angioödeme

Projektleitung Teil BfArM: Prof. Dr. Bernhardt Sachs; wissenschaftliches Projektmanagement Dr. Anna Maria Weber; wissenschaftliche Mitarbeitende: Nora Szabo; Dr. Diana Dubrall, Dr. Michael Steffens

Projektleitung Teil Humangenetik: Prof. Dr. med. Markus Nöthen, Jun.-Prof. Dr. med. Andreas Forstner; wissenschaftliche Mitarbeitende: Carina Mathey, Institut für Humangenetik, Universitätsklinikum Bonn

Hintergrund

Das Auftreten eines Angioödems unter Anwendung von Arzneimitteln, die den Abbau von Bradykinin beeinflussen, wie z.B. ACE-Hemmer oder Angiotensin-Rezeptor-Blocker (ARB), ist ein bekanntes Risiko. Die Inzidenz von Angioödemen unter ACE-Hemmern liegt Literaturangaben zufolge bei Europäern bei 0,1 bis 0,7 Prozent. Aufgrund der hohen Anwendungsprävalenz von ACE-Hemmern wird die Inzidenz von ACE-Hemmer-induzierten Angioödemen in Deutschland in der Literatur auf 20.000 bis 35.000 Fälle pro Jahr geschätzt.

Da erste Ergebnisse wissenschaftlicher Studien darauf hindeuten, dass ACE-Hemmer- und ARB-induzierte Angioödeme in einem Zusammenhang mit genetischen Faktoren, dem persönlichen Lebensstil sowie weiterer Umgebungsfaktoren stehen, setzt das gemeinsame Forschungsprojekt des BfArM mit dem Institut für Humangenetik der Universität Bonn nicht bei den Risiken des Arzneimittels, sondern bei den persönlichen Risikofaktoren der Patientinnen und Patienten an.

Projektziel

Primäres Studienziel ist die Charakterisierung pharmakogenetischer Einflussfaktoren bei Bradykinin-vermittelten Angioödemen bei Patientinnen und Patienten mit ACE-Hemmer- oder ARB-induzierten Angioödemen. Die sekundären Studienziele umfassen die Untersuchung anamnestisch erhobener Daten, u.a. zu Grunderkrankungen, Begleitmedikation und Lebensstilfaktoren (z.B. Rauchen). Das übergeordnete Ziel besteht darin, das Zusammenwirken beider Faktoren zu erforschen und dabei zu prüfen, ob Patientenpopulationen mit einem eindeutig höheren und regulatorisch adressierbaren Risiko identifiziert werden können, um geeignete Maßnahmen zur Risikominimierung einleiten zu können.

Zusätzlich sollen die erhobenen Daten in einer Datenbank (Angioödemregister) ohne Bezug zu Personendaten, zunächst begrenzt für 20 Jahre, aufgenommen werden.

Methoden

Die vARIANCE-Studie setzt sich aus einer genetischen und einer phänotypischen Analyse zusammen.

Für die genetische Analyse werden Blut- oder Speichelproben von betroffenen Patienten sequenziert. Die als pharmakogenetisch relevant identifizierten Gene werden molekulargenetisch untersucht, um die zugrundeliegenden biologischen Mechanismen aufklären zu können.

Die phänotypische Analyse erfolgt über einen Fragebogen, über den mögliche Risikofaktoren wie familiäre Vorgeschichte in Bezug auf Angioödeme, Ko-Medikationen, Grund- und Begleiterkrankungen, Raucherstatus oder auch Assoziationsfaktoren wie Operationen erfasst werden. Des Weiteren werden Angaben zum mutmaßlich auslösenden Arzneimittel und zur Art des aufgetretenen Angioödems gesammelt und ausgewertet.

Referenzen

  1. Bulletin zur Arzneimittelsicherheit. Ausgabe 2. Juni 2017. „Arzneimittelinduzierte Angioödeme“ (Seite 13-23) und „Forschungsprojekt zu Arzneimittel-assoziierten Bradykinin-vermittelten Angioödemen“ (Seite 32-35).
  2. Drug-induced angioedema: Focus on bradykinin. Sachs B, Meier T, Nöthen MM, Stieber C, Stingl J. Hautarzt. 2018 Apr;69(4):298-305.
  3. Molecular Genetic Screening in Patients With ACE Inhibitor/Angiotensin Receptor Blocker-Induced Angioedema to Explore the Role of Hereditary Angioedema Genes. Mathey C, Maj C, Scheer AB, (…), Sachs B, Nöthen MM, Forstner AJ. Front Genet 2022 Jul 18;13:914376. doi:10.3389/fgene.2022.914376. eCollection 2022.

Studienwebsite

https://variance-studie.info/

Förderung

Eigenmittel des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte sowie des Instituts für Humangenetik, Universitätsklinikum Bonn. Förderzeitraum: 2017-2024.

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