BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

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Pharmakogenomik

Aufgaben

Das Forschungsgebiet Pharmakogenomik und individualisierte Pharmakotherapie beschäftigt sich mit der Variabilität von Arzneimittelwirkungen bei Patientinnen und Patienten, die durch angeborene genetische Unterschiede verursacht wird. Die Forschungsarbeiten konzentrieren sich auf die Erweiterung des Wissens der molekularen, präklinischen und klinischen Grundlagen für eine patientenindividualisierte Pharmakotherapie. Zielsetzung ist es, die genauen Ursachen individueller Unterschiede und der Variabilität gewünschter Arzneimittelwirkungen sowie unerwünschter Arzneimittelnebenwirkungen und Arzneimittelwechselwirkungen herauszufinden. Die gewonnenen Erkenntnisse ermöglichen moderne patientenindividuelle Behandlungen und führen zur Verbesserung der Patientensicherheit bei neuen Arzneimitteln und Therapiekonzepten.

Leitung der Forschungsgruppe:
N.N.

Kontakt:
Dr. Catharina Scholl

Telefon: +49-(0)228-99-307-4309
E-Mail: Catharina.Scholl@bfarm.de

Projekte der Forschungsgruppe Pharmakogenomik und individualisierte Pharmakotherapie

Künstliche Intelligenz für die personalisierte Medizin bei Depressionen – Analyse und Harmonisierung von klinischen Forschungsdaten für eine robuste multimodale Erstellung von Patientenprofilen zur Vorhersage des Therapieerfolgs

Veronica Atemnkeng Ntam, Michael Steffens, Catharina Scholl

Konsortialpartner: Institut für klinische Pharmakologie, RWTH Universitätsklinikum Aachen (Konsortialführung); IRCCS Istituto delle Scienze Neurologiche di Bologna; Institut für Psychologie, Universität Innsbruck; Faculty of Medicine, Tel Aviv University; Center for Psychopharmacology, Diakonhjemmet Hospital Oslo; School of Medicine, University of Zagreb and Zagreb University Hospital Center

Hintergrund:
Die personalisierte Medizin zielt darauf ab, das Ansprechen eines Patienten auf eine Therapie anhand von Biomarker-Signaturen vorherzusagen. Gerade in der Behandlung von depressiven Erkrankungen ist dieser Ansatz von Bedeutung. Geringe Ansprechraten oder das Auftreten von Nebenwirkungen ist ein häufiges Problem bei der Pharmakotherapie von depressiven Störungen. Zahlreiche Studien wurden auf dem Gebiet der Behandlung von Depressionen durchgeführt, um personalisierte Behandlungsoptionen zu finden. Allerdings ist man noch weit davon entfernt, optimale Parientengruppen für eine bestimmte Behandlung diagnostisch festzulegen oder den Verlauf sowie den individuellen Therapieerfolg der depressiven Erkrankung vorhersagen zu können.

Projektziel:
Ziel dieses Verbundprojektes ist die Einrichtung einer Daten- und Analyseplattform, in der Daten aus bestehenden klinischen Forschungsprojekten zu individuellem Therapieansprechen bei Depression zusammengeführt werden. Dies soll dazu dienen Biomarkerprofile für das Ansprechen auf medikamentöse Therapien gegen Depressionen mit Methoden der künstlichen Intelligenz zu identifizieren. Hierzu stellen die Partner des Verbundprojektes Daten zu Therapieverlauf und Therapieansprechen aus bestehenden klinischen Forschungsprojekten zur Verfügung. Diese Datensätze werden kombiniert und für Auswertungen in eine komplexe Datenplattform integriert.

Bei der Verwendung von KI gestützter Systemen und multimodaler Biomarkerprofilen zur Vorhersage der Therapie müssen auch ethische, rechtliche und regulatorische Anforderungen bedacht werden. Aufgabe der beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BfArM ist in diesem Zusammenhang zum Beispiel zu untersuchen, welche regulatorischen Anforderungen derzeit bestehen. Regulatorische Maßnahmen, die für die Nutzung von KI bei der Vorhersage des Ansprechens auf medikamentöse Therapien gegen Depressionen existieren werden identifiziert. Des Weiteren wird untersucht inwieweit diese bereits in der Forschung und Entwicklung solcher Algorithmen Beachtung finden.

Förderung:
Im Rahmen von ERA PerMed durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) Förderkennzeichen: ZMI5-2522FSB900

Risikobeurteilung und Charakterisierung neuartiger N-Nitrosamine im Rahmen der Arzneimittelsicherheit und -qualität

Roland Frötschl, Bodo Haas, Matthias Vogel

Kooperierende Partner: K. P. Cross1, A. Bassan2, I. Brandsma3, S. Chang4, M. Djuari5, M. Christmann6, U. Deppenmeier7, L. Elenschneider5, J. Fahrer8, G. Johnson9, T. Hansen5, A. Londenberg5, T. Osterlund3, M. Schulz4, C. Ziemann5, S. E. Escher5

1Instem, Columbus, Ohio, United States of America; 2Innovatune, Padova, Italy; 3Toxys, Oegstgeest, Netherlands; 4ICCR, Rossdorf, Germany; 5Fraunhofer ITEM, Hannover, Germany; 6University of Mainz, Mainz, Germany; 7University of Bonn, Bonn, Germany; 8Technical University of Kaiserslautern, Kaiserslautern, Germany; 9Swansea University Medical School, Wales, United Kingdom

Hintergrund:
N-Nitrosamine (NA) sind ubiquitäre chemische Verbindungen, denen der Mensch durch Umweltfaktoren wie Verzehr bestimmter Lebensmittel ausgesetzt sein kann. Hohe Konzentrationen an NA lassen sich auch beim Einatmen von Tabakrauch wiederfinden. NA sind laut IARC als wahrscheinlich krebserregend eingestuft und gehören nach ICH M7-Leitlinie zu der Gruppe hochpotenter mutagener Kanzerogene; der sogenannten »cohort of concern«. Seit der Detektion von N-Nitrosodimethylamin (NDMA) im Jahre 2018 im Wirkstoff Valsartan wurde für Arzneistoffe ein europäisches Risikobewertungsverfahren durchgeführt und Arzneimittelhersteller verpflichtet, für Ihre Produkte das Risiko für die Entstehung von NA bei der Herstellung zu bewerten und gegebenenfalls s Kontrollen auf Verunreinigungen durch NA durchzuführen. Es wurde beobachtet, dass dabei nicht nur niedermolekulare NA als Verunreinigungen von Relevanz sind, sondern auch Arzneimittelwirkstoffe selbst, aufgrund von eventuell möglichen ungünstigen Produktions- oder Lagerungsprozessen, chemisch zu NA-Verunreinigungen verändert werden können.

Projektziel:
In drei von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) geförderten Forschungsprojekten soll die erbgutverändernde Wirkung verschiedener Klassen von NA analysiert werden, um eine mögliche Kanzerogenität einzelner NA in Zukunft besser beurteilen zu können und daraus die Entwicklung von computergestützten Vorhersagemodelle zu verbessern. Neben niedermolekular, klassischen NA werden auch wirkstoffähnliche Substanzen untersucht. Ein besonderer Fokus wird auf der Frage liegen, durch welche Prozesse die Substanzen metabolisch aktivierbar sind, ob relevante DNA-Addukte gebildet werden können und welche DNA-Reparaturmechanismen in der Lage sind, diese Addukte rückgängig zu machen. Darüber hinaus sollen In vitro Prüfmethoden zur Erfassung von Erbgutveränderungen für NA optimiert werden. Durch die Entwicklung neuartiger In-silico- und In-vitro-Prüfsysteme will das Konsortium die Risikobewertung verbessern und die Ableitung von Grenzwerten wie z. B. eine tolerierbare Aufnahmemenge erleichtern. Auch die mögliche Bildung von arzneistoffabgeleiteten NA unter physiologischen Bedingungen nach oraler Aufnahme wird untersucht.

Methodik:
Zu Beginn der Projekte wird der Schwerpunkt auf Untersuchungen zur Bildung von Stoffwechselprodukten aus NA liegen, sowie auf deren Fähigkeit, die DNA zu schädigen, falls keine ausreichende physiologische Reparatur erfolgt. Anhand der gewonnenen Daten sollen Korrelationen zwischen der Struktur der NA und ihren potenziell toxischen/mutagenen Wirkungen ermittelt werden. Mithilfe eines Ansatzes auf der Basis von quantitativen Struktur-Wirkungs-Beziehungen (QSAR) können so tolerierbare Aufnahmemengen für Verbindungen abgeleitet werden, für die keine geeigneten In-vivo-Kanzerogenitätsstudien vorliegen, d. h. es wird eine Vorhersage basierend auf dem »read-across«-Ansatz verfolgt.

Im weiteren Verlauf sollen die Auswirkungen der physiologischen Umgebung des Verdauungstrakts (einschließlich des Mikrobioms) auf die Bildung von NA aus Arzneimitteln oder ihren Abbauprodukten untersucht werden. Da über die Nitrosaminbildung im Körper nur wenig bekannt ist, kommt der Aufklärung möglicher Mechanismen größte Bedeutung zu, um ein Risiko der NA Bildung unter physiologischen Bedingungen bei Patientinnen und Patienten zu beurteilen. Die praktischen Forschungsergebnisse aus diesen Laborstudien werden zusammengeführt und evaluiert, um daraus prädiktive QSAR-Modelle zu entwickeln, mit denen sich die Tendenz zur Nitrosaminbildung für Arzneimittel vorhersagen lässt.

Abschließend sollen in dem Projekt die aktuellen bakteriellen Systeme zur Mutagenitätsprüfung (AMES Test) sowie weitere In-vitro-Gentoxizitätstests wie der Comet-Assay in Leberzellmodellen (primäre Leberzellen von Mensch und Ratte, menschliche Leberzelllinien)  für NA optimiert und validiert werden. Metabolische Kompetenz wird dabei ein Schlüsselthema sein, um das Hauptziel zu erreichen, nämlich die Mutagenität und damit mögliche Kanzerogenität unterschiedlicher NA zu erkennen und Grenzwerte ableiten zu können. 

Das BfArM trägt dabei als Teil eines internationalen Konsortiums mit der Durchführung hochmoderner Analysen (LC-MS/MS) und toxikologischen Bioassays (Comet Assay) wesentlich zu den Projekten bei.

Förderung:
Diese Projekte werden durch die Europäische Arzneimittelagentur durch den Rahmenvertrag EMA/2020/46/L1.02 gefördert.

PSY-KOMO – Verbesserung der Behandlungsqualität bei schwer psychisch kranken Menschen zur Reduktion somatischer Komorbidität und Verhinderung erhöhter Mortalität

Rebecca Weber, Catharina Scholl, Michael Steffens, Miriam Böhme (alle BfArM)

Konsortial- und Kooperationspartner: Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Universitätsklinikum Frankfurt/M., Universitätsklinikum Greifswald, Klinik Christophsbad Göppingen, Alexius/Josef Krankenhaus Neuss (St. Augustinus-Gruppe), Institut für Versorgungsforschung und Gesundheitsökonomie (IVG) (UKD), Institut für Allgemeinmedizin (ifam) (UKD), Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie LVR-Klinikum Düsseldorf (UKD), Koordinierungszentrum für Klinische Studien (KKS) (UKD), AOK Rheinland/Hamburg, Psychologische Hochschule Berlin, Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung, KV Nordrhein, KV Hessen, KV Baden-Württemberg, IGES Institut GmbH

Hintergrund:
Die Versorgung der körperlichen Erkrankungen von Menschen mit schwerer psychischer Erkrankung (Severe Mental Illness, SMI) stellt eine besondere Herausforderung für das Gesundheitssystem dar. Gründe dafür sind einerseits Barrieren auf Seite der Behandler und Behandlerinnen, die z.B. durch Fokussierung auf die psychische Erkrankung körperliche Probleme übersehen können (sog. Overshadowing), andererseits aber auch spezifische Schwierigkeiten der Patientengruppe, die bestehenden Versorgungsstrukturen in Anspruch zu nehmen. Jedoch ist die Lebenserwartung der SMI-Patienten und Patientinnen durch die körperlichen Begleiterkrankungen von Herz, Lunge, Leber und anderen Organen im Mittel um sechs bis zwölf Jahre reduziert und somit die adäquate Behandlung dieser somatischen Komorbiditäten enorm wichtig. Eine besondere Herausforderung stellt dabei auch die medikamentöse Therapie der SMI-Patientinnen und –Patienten dar. Diese ist mit möglichen unerwünschten Arzneimittelreaktionen (UAW) verbunden, insbesondere da einige der bei schweren psychischen Erkrankungen eingesetzten Medikamente aufgrund ihres Wirkmechanismus ein hohes Potential haben, UAW auszulösen. Das Risiko für Medikamenteninteraktionen (Drug Drug Interactions, DDI) ist bei einer zusätzlichen medikamentösen Therapie der körperlichen Begleiterkrankungen besonders hoch. Dies führt zu einer Belastung für die Patienten und Patientinnen und sehr häufig zum Therapieabbruch. Diesen Herausforderungen soll im PSY-KOMO-Projekt durch Schaffung einer neuen Versorgungsform begegnet werden, die die Behandlungsqualität der genannten Patientengruppe verbessert.

Aufgabe der beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BfArM ist die Analyse der im Projektzeitraum verordneten Medikation und der möglicherweise nach Aufnahme ins Projekt erfolgten Medikamentenumstellungen. Dabei wird besonders auf die Interaktion der psychotropen und körperlichen Medikation geachtet, wobei auch die individuellen Unterschiede in der Verstoffwechslung durch genetische Varianten der zuständigen Enzyme eine wichtige Rolle spielen. Die MitarbeiterInnen des BfArM beteiligen sich an der pharmakologischen Schulung aller Beteiligten und stehen dabei in engem Kontakt zu den MitarbeiterInnen der Klinik und Poliklinik des LVR-Klinikums Düsseldorf, welche ein Telefonkonsil für die behandelnden Psychiaterinnen und Psychiater anbieten.

Projektziel:
Ziel des Projekts ist die Verbesserung der Versorgungsqualität von schwer psychisch erkrankten Patienten. Dabei stehen die Qualität von Behandlung und Prozessen bei der Versorgung körperlicher Begleiterkrankungen sowie die optimale Abstimmung der Medikation von psychischer und körperlicher Erkrankung im Vordergrund. Zur Erreichung dieses Ziels wird ein sektorenübergreifendes und medizinisch interdisziplinäres Netzwerk geschaffen. Dabei sollen durch gezielte Beratung und Aufklärung der Behandler und Behandlerinnen Barrieren auf der Versorgerseite überwunden werden. Durch eigens geschulte Gesundheitsbegleiter und –Begleiterinnen werden die PatientInnen gezielt dabei unterstützt, das bestehende und das neu etablierte Versorgungsangebot in Anspruch zu nehmen.

Die spezifischen telemedizinischen Konsilangebote für Behandlerinnen und Behandler sollen eine individuelle, optimal mit der somatischen Medikation abgestimmte Psychopharmakotherapie gewährleisten und unerwünschte Arzneimittelwechselwirkungen vermindern. Die Behandler sollen im Projektzeitraum dabei unterstützt werden, Interaktionen zu erkennen und ggf. die Medikation anzupassen. Dadurch soll die leitliniengerechte Therapie der Patienten und Patientinnen verbessert und die Arzneimitteltherapiesicherheit erhöht werden.

Methodik:
In mehreren miteinander kooperierenden Zentren werden über einen Zeitraum von sechs Quartalen voraussichtlich mehrere tausend Menschen mit schwerer psychischer Erkrankung in die neue Versorgungsform integriert und im Rahmen der Studie begleitet. Rückblickend werden dann auf Basis von Routinedaten der Krankenkassen passende Kontrollgruppen ausgewählt, um statistisch belegte Aussagen zu einer möglichen Verbesserung von Erkennung und Behandlung von Begleiterkrankungen zu ermöglichen und eine möglicherweise verbesserte Orientierung an medizinischen Leitlinien sowie die Inanspruchnahme telefonischer oder telemedizinischer Konsile zu bewerten. Die Medikationsanalyse soll zur Entwicklung der neuen Versorgungsform beitragen, indem der Nutzen, den eine solche Analyse für die Versorgung psychiatrisch Erkrankter und die Behandlung ihrer Komorbiditäten bringt (z.B. durch Senkung des UAW-Risikos), im Projektverlauf untersucht wird.

Förderung:
Diese Studie wird im Rahmen eines Innovationsfond-Projekts durchgeführt und wird durch den Gemeinsamen Bundesausschuss gefördert (Förderkennzeichen 01NVF19019).

ADRED - Unerwünschte Arzneimittelwirkungen, die zu Krankenhausnotfallbehandlungen führen:
Ursachenanalyse und Anteil vermeidbarer Medikationsfehler

Sarah Bliersbach, Miriam Böhme, Catharina Scholl, Michael Steffens (alle BfArM), Prof. Julia Stingl (RWTH Aachen, Kooperationspartner)

Kooperierende Notaufnahmen: Klinikum Fürth (Prof. H. Dormann), Universitätsklinikum Ulm (Prof. T. Seufferlein), Interdisziplinäre Notfallaufnahme des Universitätsklinikums Bonn (Dr. I. Gräff, Prof. G. Baumgarten), Notaufnahme des Robert-Bosch-Krankenhauses Stuttgart, IKP Stuttgart (Prof. Dr. Matthias Schwab), Zentrale Notaufnahme des Klinikums Ingolstadt (Dr. Florian Demetz), Zentrale Notaufnahme Universitätsklinikum Augsburg (PD Dr. Markus Wehler)

Hintergrund:
Studien aus Europa und USA besagen, dass 5 bis 10 Prozent der Notfallversorgungen durch unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAWs) bedingt sind. Diese UAWs lassen sich in vermeidbare und nichtvermeidbare Wirkungen einteilen. Die Angaben in der Literatur über das Verteilungsverhältnis der vermeidbaren zu den nichtvermeidbaren UAWs variieren sehr stark. Deshalb werden in diese Studie realitätsbezogene, belastbare Daten zum Auftreten von UAWs in Deutschland erhoben. Ziel der Studie ist es, mithilfe der Ergebnisse zu einer Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit beizutragen. Durch die gezielte Untersuchung der möglichen Ursachen von UAWs soll die Entwicklung und Implementierung von Maßnahmen zur ihrer zukünftigen UAW-Vermeidung ermöglicht werden.

Projektziel:
Die Erfassung des Anteils der (vermeidbaren) Medikationsfehler bezogen auf die Gesamtzahl der UAW-Fälle ist ein Ziel der ADRED-Studie. Zusätzlich wird das Auftreten einer UAW zur Gesamtmenge der behandelten Notfallambulanz-Patientinnen und -Patienten ins Verhältnis gesetzt. Es werden Patientenrisikofaktoren wie Komorbidität, Polypharmazie und demographische Daten sowie Informationen zu Fehlerursachen und Krankheitsfolgen dokumentiert. Für die pharmakogenetische Forschung wird in einem weiteren Teilprojekt Biomaterial des UAW-Falles gesammelt. Zur Betrachtung der ökonomischen Folgen der UAWs werden u. a. Diagnosen, Prozeduren, Krankenhausliegedauer und die Anzahl der Todesfälle erfasst, die im Zusammenhang mit einer UAW auftreten.

Methodik:
Die ADRED-Studie ist eine multizentrische, prospektive Beobachtungsstudie. Es werden nur eingetretene UAW-Verdachtsfälle erfasst, die einen behandlungsbedürftigen Zustand aufweisen. Beinahe-Medikationsfehler oder nicht schwerwiegende UAW-Fälle werden ausgeschlossen. Die Notwendigkeit einer Behandlung in einem Notfallzentrum ist im Fall der Studie Indikator für eine schwerwiegende Arzneimittelnebenwirkung. Deshalb wurden als Studienzentren repräsentative Notaufnahmen von Kliniken der Schwerpunkt- und Maximalversorgung unterschiedlicher Einzugsgebiete in Deutschlands gewonnen. Der Beobachtungs-Rekrutierungszeitraum pro Zentrum erstreckt sich mindestens über ein Jahr.

Schwerpunkte der Untersuchung liegen in der Detektion der UAW und anschließenden Differenzierung in vermeidbare (Medikationsfehler) und nichtvermeidbare unerwünschte Arzneimittelwirkungen. Dafür wird jeder Behandlungsfall in den Notfallambulanzen auf das Vorliegen eines UAWs evaluiert. Dabei wird durch die behandelnden Ärzte eine UAW Kausalitätsprüfung nach WHO-UMC eingesetzt. Für die Differenzierung in vermeidbare/unvermeidbare UAWs werden die Kriterien nach Schumock et al. (1992) verwendet. Im Falle eines vermeidbaren Medikationsfehlers wird untersucht, auf welcher Ebene der Prozesskette (z. B. Verschreibung, Abgabe, Anwendung/Verabreichung, Monitoring) der Fehler aufgetreten ist und welche möglichen Ursachen beteiligt waren. Auf dieser Ebene werden die Medikationsfehler in unterschiedliche Fehlerarten differenziert.

Die Studienfälle werden in einem eCRF (electronic Case Report Form) gesammelt. Mögliche Ursachen und Risiken der UAWs werden in der Studien-Datenbank erfasst. Ursachen der nichtvermeidbaren UAWs können in Faktoren liegen, die das individuelle Patientenrisiko beeinflussen, wie z.B. pharmakogenetische Polymorphismen im Arzneistoffmetabolismus. Für eine weiterführende Forschung im Bereich der Pharmakogenetik werden Bioproben der Studien-Patienten gesammelt. Um besser abschätzen zu können, wie die Folgekosten von UAWs sind, werden die Kosten der Aufenthalte und Folgeuntersuchungen für pharmakoökonomische Analysen miteinbezogen.

Pro Zentrum erwarten wir eine Anzahl von ca. 3000 Fällen basierend auf der Annahme, dass bei jährlich 30.000 Notfallbehandlungen ein Anteil von ca. 10% arzneimittelinduziert sein kann. Jeder Fall wird retrospektiv als UAW erfasst und prospektiv bis zum Behandlungsende dokumentiert. So werden der klinische Verlauf und der Schweregrad der Folgen der vermeidbaren und nichtvermeidbaren UAWs sowie die Anzahl der Todesfälle recherchiert.

Erste Ergebnisse:
Derzeit sind drei Studienzentren initiiert und weitere Zentren werden 2016 die Rekrutierung der UAW-Fälle aufnehmen. Eine Evaluierung der Medikation in den Notaufnahmen findet standardmäßig bei jedem Patienten statt und wird im ärztlichen Dokumentationssystem elektronisch dokumentiert. Eine Auswertung der Daten wird nach Einschluss und abgeschlossener Dokumentation der Fälle erfolgen.

Förderung:
Bundesministerium für Gesundheit (BMG) – Förderkennzeichen ZMVI5-2514ATA004, ZMVI1-2514ATS004

GHPP

Hintergrund:
Das Bundesministerium für Gesundheit hat 2016 als Folge der Beschlüsse des G7-Gipfels das Global Health Protection Programme (GHPP) ins Leben gerufen. An dem Programm sind in Deutschland das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, das Deutsche Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose, das Forschungszentrum Borstel, das Friedrich-Loeffler-Institut, das Paul-Ehrlich-Institut und das Robert-Koch-Institut an der Umsetzung beteiligt.

Das BfArM beteiligt sich seit 2016 an dem Programm im Rahmen verschiedener Projekte mit dem Ziel Gesundheitssysteme vor Ort in Afrika zu unterstützen und zu stärken.

Das Bundesministerium für Gesundheit hat 2016 als Folge der Beschlüsse des G7-Gipfels das Global Health Protection Programme (GHPP) ins Leben gerufen. An dem Programm sind in Deutschland das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, das Deutsche Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose, das Forschungszentrum Borstel, das Friedrich-Loeffler-Institut, das Paul-Ehrlich-Institut und das Robert-Koch-Institut an der Umsetzung beteiligt.

Das BfArM beteiligt sich seit 2016 an dem Programm im Rahmen verschiedener Projekte mit dem Ziel Gesundheitssysteme vor Ort in Afrika zu unterstützen und zu stärken.

GHPP LabTrain

Partnerländer: Gambia, Ghana, Liberia, Sierra Leone

Partnerorganisationen: Institut für pharmazeutische und angewandte Analytik (InphA), Weltgesundheitsorganisation (WHO), Universität Würzburg (JMU), Institut für Pharmazie und Lebensmittelchemie

Projektziel: Das Projekt LabTrain zielt darauf ab, die Kompetenz afrikanischer nationaler Arzneimittelbehörden und ihrer Qualitätskontrolllaboratorien (QCLs) durch verschiedene Maßnahmen zu erhöhen.

 Auf der Grundlage einer Bedarfsanalyse der nationalen Arzneimittelbehörden in Ghana, Liberia, Sierra Leone und Gambia, werden das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und das Institut für pharmazeutische und angewandte Analytik (InphA) fachliche Beratungen und Unterstützung bei Aufbau und Weiterentwicklung der QCLs anbieten. Darüber hinaus werden Basisschulungen und ein Austausch durchgeführt, um alle Empfehlungen der WHO-Leitlinien für gute Praxis pharmazeutischer QCLs abzudecken. Außerdem werden für die Partnerlabore und weitere GHPP DQA-Alumni-Länder individuelle Fortbildungen entwickelt, die durch strukturbildende Maßnahmen zur Verbesserung des Laborqualitätsmanagementsystems ergänzt werden.

 Darüber hinaus unterstützt das Projekt nationale QCLs durch den Beitrag zum Internationalen Arzneibuches der WHO (Ph. Int.). Das BfArM wird die WHO bei der Erstellung von Monographien für Arzneimittel zur Behandlung von Leishmaniose und Amöbiasis, die insbesondere in Teilen Afrikas weit verbreitet sind, unterstützen. Angesichts der weltweit zunehmenden Bedeutung von mRNA-Impfstoffen muss auch die Qualität der Lipid-Hilfsstoffe sichergestellt werden, die für die Herstellung von Lipid-Nanopartikeln zur Umhüllung der mRNA Verwendung finden. In gemeinsamen Forschungsaktivitäten des BfArM, der WHO und der Universität Würzburg werden dabei Qualitätsprüfverfahren und Spezifikationen für die als Hilfsstoffe in mRNA-Impfstoffen verwendeten Lipidderivaten entwickelt.

Projektmitarbeiter:
Abteilung 5: Prof. Dr. Britta Hänisch (Projektleitung), Andrea Stanglmair (Projektkoordination, stellvertr. Projektleitung), Claudia Stärk (Doktorandin)

Abteilung 4, FG 45: Dr. Yvonne Urbach (Projektleitung), Dr. The Hung Vu (Wissenschaftler, stellvertr. Projektleitung), Benjamin Winnerling (Wissenschaftler)

Förderung:
Das Projekt wird durch das Bundesministerium für Gesundheit gefördert. Förderzeitraum: 2023-2025.

Abgeschlossene Projekte:

GHPP CPA und PLUS - Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen - Wissenschaftliches Training zum rationalen Antiinfektivagebrauch (2017-2022)

Beteiligte Länder: Simbabwe, Sambia, Malawi

Partner in Simbabwe: Prof. Collen Masimirembwa, African Institute of Biomedical Science and Technology (AiBST), Harare, Simbabwe

Partner in Sambia: Dr Derick Munkombwe, Department of Pharmacy, School of Health Sciences, University of Zambia

GHPP DQA und PLUS - Qualitätssicherungs- und Qualitätsmanagementschulung afrikanischer Qualitätskontrolllabore im Rahmen des Globalen Aktionsplans zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen (2017-2022)

Beteiligte Länder: Ägypten, Armenien, Äthiopien, Botsuana, Burkina Faso, Burundi, Ghana, Kamerun, Kenia, Malawi, Namibia, Nigeria, Ruanda, Sambia, Senegal, Sierra Leone, Simbabwe, Tansania, Uganda

Projektpartner: Weltgesundheitsorganisation (WHO); Institut für pharmazeutische und angewandte Analytik, Bremen (InphA)

GHPP LEARN (2020-2022)

Projektübergreifende Erhebung von E-LEARNing Konzepten zur Unterstützung eines nachhaltigen Kapazitätsaufbaus im Rahmen von GHPP

Projektpartner: GHPP-Geschäftsstelle am Robert Koch-Institut

Weitere Informationen

BfArM Website: GHPP Projekte am BfArM

GHPP Website: Global Health Protection Programme

EMPAR – Einfluss metabolischer Profile auf die Arzneimitteltherapiesicherheit in der Routineversorgung

Michael Steffens (Konsortialführung), Tatjana Hübner (Studienkoordination), Jochen Fracowiak (alle BfArM), Julia Stingl (RWTH Aachen, Kooperationspartner)

Konsortialmitglieder: Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), Wissenschaftliches Institut der Techniker Krankenkasse [WINEG] (TK)

Projektziel:
Ziel des Projektes ist es, pharmakogenetische, für die Arzneimitteltherapie bedeutsame Risikofaktoren auf versorgungsrelevante Endpunkte anhand von Routinedaten der gesetzlichen Krankenversicherung zu analysieren. Insbesondere wird untersucht, inwieweit individuelle genetische Unterschiede einen Einfluss auf den Gebrauch von Versorgungsleistungen, wie z.B. Krankenhauseinweisungen, Eintritt einer Pflegestufe oder Medikamentenverschreibungen und -wechsel, haben. Langfristiges Ziel ist die Implementierung des Einsatzes von präemptiven Tests metabolischer Profile im Versorgungsalltag. Die Erhebung patientenrelevanter metabolischer Risikoprofile für Nebenwirkungen oder Therapieresistenz dient der Verbesserung der Versorgung sowohl hinsichtlich Qualität als auch Wirtschaftlichkeit.

Methoden:
Die Studienpopulation umfasst 10.000 TK-Versicherte (Alter >= 60 Jahre), die mindestens ein Arzneimittel mit pharmakogenetischer Relevanz einnehmen. Für ein solches Arzneimittel besteht klinische Evidenz, dass genetische Polymorphismen zu einer hohen Variabilität in der Arzneimittelexposition bei normaler Dosierung führen können, was sich häufig im Auftreten von unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAWs) oder Therapieresistenzen äußert. Anhand von Wangenabstrichen wird ein standardisiertes Set von den wichtigsten pharmakogenetisch bedeutsamen Markern bestimmt. Diese pharmakogenetischen Daten zu Arzneimittelstoffwechsel und Ausscheidung werden individualspezifisch erhoben und mit den sektorenübergreifenden Routinedaten der Techniker Krankenkasse verknüpft und ausgewertet. Die Auswertungen umfassen sowohl pharmakogenetische, pharmakoepidemiologische als auch pharmakoökonomische Analysen.

Förderung:
Das Projekt wird durch den vom G-BA (Gemeinsamer Bundesausschuss) eingerichteten Innovationsfond zur Förderung von Projekten zur Versorgungsforschung unter der Fördernummer 01VSF16047 gefördert.

RegCDx - Regulatorische Forschung zur Therapiebegleitdiagnostik

Projektbeteiligte Projektstrang II (BfArM, Abt. 5): Tatjana Hübner, Catharina Scholl, Michael Steffens

Kooperationspartner Projektstrang I (BfArM, Abt. 9): Camilla Lambertz, Kathrin Lange, Wolfgang Lauer

Hintergrund:
Die Entwicklung pharmakogenomischer und genetischer Diagnostikverfahren zur personalisierten Arzneimitteltherapie hat in den letzten zehn Jahren enorme Fortschritte gemacht. Gleichzeitig steigt die Zahl von Arzneimittelzulassungen, die eine Untersuchung genetischer Marker voraussetzen, welche die individuelle Sicherheit und Wirksamkeit des jeweiligen Arzneimittels beeinflussen. Entsprechend wurden die Regularien zur Markteinführung von In-vitro-Diagnostika zuletzt weiterentwickelt. Die Europäische Verordnung für In-vitro-Diagnostika (IVDR) trat am 25. Mai 2017 in Kraft und wird nach einer Übergangszeit von 5 Jahren die bestehende Richtlinie für In-Vitro-Diagnostika ablösen. Das RegCDx-Projekt unterstützt diesen Übergang, um die im Zusammenhang mit der neuen IVDR verbundenen wissenschaftlichen und regulatorischen Herausforderungen, die mit der Bewertung der therapiebegleitenden Diagnostik verbunden sind, zu bewältigen.

Projektziele:
Projektstrang I: Implementierung eines Standards zum Austausch risikobezogener Informationen bezüglich Therapiebegleitdiagnostik (CDx)
Projektstrang I unterstützt die Einrichtung eines kontinuierlichen Informationsaustausches zur Sicherheit und Leistungsfähigkeit von In-vitro-Diagnostika zwischen BfArM, PEI und den beteiligten IVDR-Umsetzungspartnern. Dabei werden die regulatorische Rahmenbedingungen und Standards für dieses Verfahren entwickelt und geprüft. Das Projekt fördert die Abstimmung der beteiligten Experten untereinander und dient der Beschleunigung der Entscheidungsprozesse.

Projektstrang II: UAW-Genomik: „Gewinnung und Sicherstellung methodischer Kompetenz durch eigene Untersuchungen zu Hochdurchsatzsequenzierung bei UAW-Fällen
Projektstrang II beinhaltet einen Methodenvergleich genetischer Hochdurchsatzverfahren (z. B. verschiedener Next-Generation Sequenzierungstechniken) und die Untersuchung Pharmakotherapie-relevanter Gene bei Fällen unerwünschter Arzneimittelwirkungen. Ziel ist die Weiterentwicklung methodischer Kompetenz im Bereich neuster genetischer Diagnostikverfahren und das Erzielen eines Erfahrungsgewinns in Hinblick auf eine fundierte, wissenschaftliche Einschätzung und die Bewertung dieser Verfahren in regulatorischen Prozessen.

Methoden:
Im Rahmen des Projektstrangs II werden, ausgehend von der in den letzten Jahren am BfArM aufgebauten Sammlung von Fällen unerwünschter Arzneimittelwirkungen (UAW), geeignete Bioproben mit den am häufigsten in der Praxis verwendeten und genetischen Diagnostikmethoden analysiert. Im Fokus steht dabei der Vergleich wichtiger, klinisch relevanter pharmakogenetischer Marker. Es werden verschiedene auf der Analyse von Einzelmarkern beruhende pharmakogenetische Techniken (z. B. Mikroarrays) sowohl untereinander als auch mit modernen Genomsequenzierungsmethoden verglichen. Zudem soll eine semi-automatische Analysepipeline für die Auswertung pharmakogenetischer Profile am BfArM aufgebaut werden.

Förderung:
Gefördert durch das Bundesministerium für Gesundheit, Förder-Nr.: ZMVI1-2519FSB404.

Pharmgen_Angioödem - Charakterisierung molekularer und äußerer Einflussfaktoren bei Bradykinin-
vermittelten Angioödemen am Beispiel durch ACE-Hemmer oder AT-Rezeptor-Antagonisten induzierter Angioödeme

Studienkoordination Teil BfArM: Prof. Dr. Bernhardt Sachs; Mitarbeitende: Carina Mathey, Dr. Michael Steffens und weitere, BfArM

Studienleitung Teil Humangenetik: Prof. Dr. med. Markus Nöthen, Studienkoordination: Dr. Christiane Stieber, Institut für Humangenetik, Universitätsklinikum Bonn

Hintergrund:
Das Auftreten eines Angioödems unter Anwendung von Arzneimitteln, die den Abbau von Bradykinin beeinflussen, wie z.B. ACE-Hemmer oder Angiotensin-Rezeptor-Blocker (ARB), ist ein bekanntes Risiko. Die Inzidenz von Angioödemen unter ACE-Hemmern liegt Literaturangaben zufolge bei Europäern bei 0,1 bis 0,7 Prozent. Aufgrund der hohen Anwendungsprävalenz von ACE-Hemmern wird die Inzidenz von ACE-Hemmer-induzierten Angioödemen in Deutschland in der Literatur auf 20.000 bis 35.000 Fälle pro Jahr geschätzt. Da das Auftreten dieser Angioödeme von individuellen Eigenschaften des Patienten abhängt und nicht vorhersehbar ist, setzt das gemeinsame Forschungsprojekt des BfArM mit dem Institut für Humangenetik der Universität Bonn nicht bei den Risiken des Arzneimittels, sondern bei den persönlichen Risikofaktoren der Patienten an.

Projektziel:
Primäres Studienziel ist die Charakterisierung pharmakogenetischer Einflussfaktoren bei Bradykinin-vermittelten Angioödemen bei Patienten mit durch ACE-Hemmer oder ARB induzierten Angioödemen. Die sekundären Studienziele umfassen die Untersuchung anamnestisch erhobener Daten, u.a. zu Grunderkrankungen, Begleitmedikation und Lebensstilfaktoren (z. B. Rauchen). Das übergeordnete Ziel ist dabei zu prüfen, ob Patientenpopulationen mit einem eindeutig höheren und regulatorisch adressierbaren Risiko identifiziert werden können, um geeignete Maßnahmen zur Risikominimierung einleiten zu können.
Zusätzlich sollen die erhobenen Daten in einer Datenbank (Angioödemregister) ohne Bezug zu Personendaten, zunächst begrenzt für 20 Jahre, aufgenommen werden.

Methoden:
Auf der genomischen Ebene sollen sowohl explorative als auch fokussierte Untersuchungen durchgeführt werden. Bei den explorativen Untersuchungen werden zunächst Array-basierte Charakterisierungen der häufigen DNA-Sequenzvarianten (sog. SNP-Arrays) und deren Auswertung in genomweiten Assoziationsstudien (GWAS) von durch ACE-Hemmer oder ARB induzierten Angioödemen im Vordergrund stehen. In späteren Untersuchungen sollen auch die selteneren DNA-Sequenzvarianten gezielt untersucht werden. Dazu ist die Durchführung von Exom- (Gesamtheit der kodierenden Sequenzen) oder Genom-Sequenzierungen geplant. Für die fokussierten Untersuchungen sind hochauflösende Analysen von pharmakogenetischen Kandidatengenen vorgesehen.
Für die Charakterisierung epigenetischer Faktoren sind zunächst Untersuchungen des DNA-Methylierungsstatus und im Weiteren auch Untersuchungen anderer epigenetischer DNA-Modifikationen geplant.
Die sekundären Zielgrößen werden deskriptiv in den Fällen ausgewertet. Dazu werden in einem Fragebogen unter anderem folgende Aspekte erfasst: familiäre Belastung in Bezug auf Angioödeme, Ko-Medikationen, Grund- und Begleiterkrankungen, basisepidemiologische Parameter, Raucherstatus, Assoziationsfaktoren (Operationen, Stress) sowie Angaben zu dem mutmaßlich auslösenden Arzneimittel.

Referenzen:
Bulletin zur Arzneimittelsicherheit. Ausgabe 2. Juni 2017. „Arzneimittelinduzierte Angioödeme“ (Seite 13-23) und „Forschungsprojekt zu Arzneimittel-assoziierten Bradykinin-vermittelten Angioödemen“ (Seite 32-35)

Förderung:
Eigenmittel des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte sowie des Instituts für Humangenetik, Universitätsklinikum Bonn. Förderzeitraum: 2017-2021.

Zellbasierte Forschung zum patientenindividuellen Arzneimitteltransport und -metabolismus

Catharina Scholl, Matthias Vogel (alle BfArM)

Hintergrund:
Die individualisierte Pharmakotherapie gewinnt im Rahmen der personalisierten Medizin eine immer wichtiger werdende Rolle. Die Auswahl eines geeigneten Wirkstoffes beziehungsweise einer geeigneten Wirkstoffdosierung für den jeweiligen Patienten sind dabei die entscheidenden Parameter.

Das Maß der Verstoffwechslung von Arzneimitteln ist zwischen Individuen sehr unterschiedlich und hängt von der jeweiligen Enzymausstattung ab. Dies kann zur Folge haben, dass ein Medikament besonders schnell oder langsam ausgeschieden wird, dass es besonders wenig oder gut wirkt oder dass Nebenwirkungen auftreten bzw. nicht auftreten. Zum überwiegenden Teil werden Wirkstoffe in der Leber verstoffwechselt. Aktuelle Forschungen zeigen aber, dass auch eine lokale Umwandlung von Wirkstoffen in verschiedenen Organen (z. B. dem Gehirn) stattfindet. Dadurch können sich sowohl Arzneistoffkonzentrationen verändern wie auch toxische Abbauprodukte lokal entstehen. Aussagekräftige Vorhersagen, ob ein lokaler Metabolismus stattfindet und wie sich dieser zwischen Individuen unterscheidet, ist dabei Gegenstand aktueller Forschung. Jüngste Fortschritte auf dem Gebiet der Zellreprogrammierung eröffnen die Möglichkeit, Wirkstoffuntersuchungen direkt an von Patienten gewonnenen menschlichen Zellen durchzuführen. Die Erforschung des Arzneimittelmetabolismus und -transports in Zellmodelle leistet so einen Beitrag zu einer individualisierten Pharmakotherapie.

Ein weiterer Teil des Forschungsprojektes besteht darin, die pharmakologischen Einflüsse von endogenen und körperfremden Substanzen auf die Neurogenese zu untersuchen. Ziel ist es, dabei u.a. Rückschlüsse auf die Exposition bei Gabe von Arzneistoffen in der Schwangerschaft, in Abhängigkeit vom Reifestadium neuronaler Zellen, zu ziehen. Dies soll eine Korrelation der an Stammzellkulturen gewonnenen in-vitro-Daten mit dem fetalen Arzneistoffmetabolismus ermöglichen.

Methodik:
Innerhalb dieses Projekts soll die Ausstattung und die Funktionalität von arneistoffmetabolisierenden Enzymen und Arzneistofftransportern in Zellmodellen untersucht werden. Dabei soll die individuelle Enzymausstattung in diesen Systemen charakterisiert werden. Neben molekularbiologischen Methoden wird der Arzneistoffmetabolismus auch analytisch untersucht. Dabei wird der Umsatz verschiedener enzymspezifischer Testsubstanzen in diesen Zellmodellen mittels LC-MS-Methoden untersucht.

Pharmakogenomische Bildgebung

Michael Steffens, Martina Wiertz (alle BfArM), Roberto Viviani (Universität Ulm, Kooperationspartner), Julia Stingl (RWTH Aachen, Kooperationspartner)

Projektziele:
Die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) bietet die Möglichkeit, genetische Ursachen von strukturellen und funktionellen Unterschieden in neuronalen Netzwerken, die in Kognitionsprozesse und Emotionsempfinden involviert sind, beim Menschen nichtinvasiv zu untersuchen. Das Studienziel ist, interindividuelle Unterschiede der Ruhehirnperfusion zu verstehen und zu untersuchen, ob sie zukünftig als Biomarker für Therapieansprechen von Psychopharmaka dienen könnten. Als Grundlage dafür werden hier zunächst genetische Einflüsse in Strukturen, die von Psychopharmaka moduliert werden, in der Ruhehirnperfusion charakterisiert (genomische Bildgebung). Anschließend werden die genetischen Daten, Perfusionsdaten und Daten zum Therapieansprechen gemeinsam ausgewertet und auf Assoziation getestet.

Methoden:
Es werden verschiedene Fragestellungen zu unterschiedlichen Therapien bearbeitet. Eine befasst sich mit der Untersuchung von der Ruhehirnperfusion bei Depressionspatienten. Im fMRT werden sowohl Änderungen über die Zeit unter bestehender Therapie mit Antidepressiva in Bezug auf Ruheperfusion untersucht, z.B. Perfusionsänderung durch die Blockade des Serotonintransporters, als auch auf die Perfusionsänderung unter Aktivierung bestimmter Areale bei der Bearbeitung von kognitiven Aufgaben. Anschließend wird eine Assoziation zwischen genetischen Daten, Perfusionsdaten und Daten zum Therapieansprechen hergestellt.

Referenz:
Stingl JC, Brockmöller J, Viviani R (2013) Genetic variability of drug-metabolizing enzymes: the dual impact on psychiatric therapy and regulation of brain function. Mol Psychiatry 18(3):273–287

Arzneimittelinduzierte Hauttoxizität

Catharina Scholl, Michael Steffens (alle BfArM), Sarah Bliersbach (Universitätsklinikum Bonn), Julia Stingl (RWTH Aachen, Kooperationspartner)

Hintergrund:
Bei der Therapie mit Arzneimitteln kann es zur Entstehung unerwünschter Arzneimittelreaktionen kommen. Hautreaktionen bilden dabei eine äußerst häufige Form der unerwünschten Arzneimittelwirkungen. Fast alle Arzneimittel können Hautreaktionen hervorrufen. Die meisten dieser Reaktionen verlaufen aber mild, während schwere Reaktionen nur selten vorkommen. Bei Auftreten arzneimittelinduzierter Hautreaktionen spielt das Immunsystem eine zum Teil erhebliche Rolle. Allerdings sind viele Einflussfaktoren, die für die Ausprägung einer schweren arzneimittelinduzierten Hautreaktion von Bedeutung sind, noch nicht aufgedeckt. Um patientenspezifische, genetische und epigenetische Einflussfaktoren für das Auftreten arzneimittelinduzierter Hauttoxizität zu erforschen, arbeiten wir derzeit an zwei Forschungsprojekten.

Projekt 1: Untersuchung zu molekulargenetischen Grundlagen der Hauttoxizität bei EGF-Rezeptorinhibitoren
Bei der Therapie verschiedener Karzinome kommen häufig Arzneimittel zum Einsatz, die gegen den EGF-Rezeptor (Epidermal-Growth-Factor-Rezeptor) gerichtet sind, da dieser in vielen Tumoren überexprimiert wird. Bei dieser Therapie (Targeted Cancer Therapy) sind häufige Nebenwirkungen akneähnliche Hautreaktionen, die auch in Zusammenhang mit besserer Prognose stehen. In diesem Projekt wird Patientenmaterial nach Therapie mit EGF-Rezeptor-Hemmstoffen phänotypisch und genotypisch untersucht, um die molekularen Grundlagen der Hauttoxizität aufzuklären und mögliche Biomarker zu identifizieren. Hierzu werden aus Blutproben der Patienten verschiedene Parameter, z.B. die Arzneimittelplasmakonzentration, bestimmt und mit klinischen Daten korreliert. Genetische Untersuchungen beinhalten das Sequenzieren bestimmter Gene, die eine wichtige Rolle in EGF-Rezeptoraktivierten Signalkaskaden und Immunreaktionen spielen, wie z.B. verschiedene Kinasen und Zytokine. Auch die Expression verschiedener microRNAs wird untersucht.

Projekt 2: Pharmakogenetische und epigenetische Signaturen von arzneimittelinduzierten Hautreaktionen
In diesem Projekt werden Fälle von arzneimittelinduzierten Hautreaktionen in der Klinik für Dermatologie und Allergologie des Universitätsklinikums Bonn gesammelt und untersucht. Nach klinisch bestätigter Diagnostik einer arzneimittelbedingten Hautreaktion mittels Histologie werden von den Patienten medikationsbezogene klinische Daten erhoben und ausgewertet. Zusätzlich werden Hautproben aus den betroffenen Hautarealen entnommen. Diese Proben werden auf genetische und epigenetische Besonderheiten, die in Assoziationen zu arzneimittelbedingten Hautreaktionen stehen, untersucht. Ziel ist es individuelle Faktoren zwischen Patienten zu entschlüsseln, die die Entstehung einer arzneimittelbedingten Hautreaktion begünstigen können.

Referenzen:
1) Hichert V et al. (2017), Predictive blood plasma biomarkers for EGFR inhibitor-induced skin rash, Oncotarget, May 23;8(21):35193-35204
2) Steffens M et al (2016), Dosing to rash? - The role of erlotinib metabolic ratio from patient serum in the search of predictive biomarkers for EGFR inhibitor-mediated skin rash. Eur J Cancer, Mar; 55:131-9

Genetische Bioinformatik in der Pharmakogenomik

Michael Steffens

Hintergrund:
In der Pharmakogenomik und -genetik nimmt die genetische Bioinformatik eine Schlüsselrolle ein. Mit dem Fortschreiten der personalisierten Medizin rücken neben Umweltfaktoren die individuellen genetischen Profile der Patienten und deren Einfluss auf das Ansprechen und die Sicherheit von Arzneitherapien in den Fokus der Medizin. Mittels bioinformatischer Methoden können Genom-und Transkriptomdaten mit komplexen Datensätzen zu Endpunkten pharmakologischer Wirkung, wie z.B. Dosis-Wirkungs-Kurven, funktioneller Bildgebung oder Perfusionsmessungen im Gehirn, korreliert und ausgewertet werden. Die Herausforderungen liegen dabei sowohl in der informationstechnischen Verarbeitung der generierten Hochdurchsatzdaten als auch in der statistisch-genetischen Analyse der für die pharmakologischen Phänotypen verwendeten Surrogatparameter und zugehörigen Genomdaten.

Forschungsziele und -projekte:
Neben dem Aufbau geeigneter bioinformatischer Strukturen für die Analyse von genomweiten Daten aus international verfügbaren Datenbanken, wie z.B. HapMap oder dem 1000-Genomprojekt und am BfArM generierter Sequenzierungsdaten, werden noch weitere Projekte mit den folgenden Zielsetzungen verfolgt: i) Modellierung von pharmakogenetischen Mechanismen und Signaltransduktionswegen in speziellen Zellsystemen, ii) Entdeckung neuer Biomarker, z.B. für die Definition neuer Krankheitssubtypen, und iii) Untersuchung der Rolle von posttranslationalen Modifikationen im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Aktivierung von Proteinen als Zielstrukturen der Arzneitherapie.

Referenzen:
1. Roukos DH, Ziogas DE, Baltogiannis GG et al (2013) Novel next-generation sequencing and networks-based therapeutic targets: realistic more effective drug design and discovery. Curr Pharm Des
2. Cordero P, Ashley EA (2012) Whole-genome sequencing in personalized therapeutics. Clin Pharmacol Ther 91(6):1001–1009
3. Altman RB (2012) Translational bioinformatics: linking the molecular world to the clinical world. Clin Pharmacol Ther 91(6):994–1000

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