Leistungsstudien, die nach Artikel 58 Absatz 1 Buchstabe b oder c der Verordnung (EU) 2017/746 (IVDR) durchgeführt werden, bedürfen nach Artikel 58 Absatz 5 Buchstabe a IVDR in der ab dem 26. Mai 2022 geltenden Fassung in Verbindung mit dem § 31a Absatz 2 MPDG der Genehmigung der zuständigen Bundesoberbehörde. Zu diesen Leistungsstudien gehören Leistungsstudien, bei denen
- es sich um eine interventionelle klinische Leistungsstudie gemäß Artikel 2 Nummer 46 handelt
- die Durchführung der Studie zusätzliche invasive Verfahren oder andere Risiken für die Prüfungsteilnehmer beinhaltet
- Stichproben mittels chirurgisch-invasiver Verfahren ausschließlich zum Zweck der Leistungsstudie entnommen werden und bei denen die Probennahme ein erhebliches klinisches Risiko für den Prüfungsteilnehmer darstellt.
Zur Einleitung des Genehmigungsverfahrens für Leistungsstudien ist ein Antrag bei der zuständigen Bundesoberbehörde einzureichen. In dieser Veröffentlichung werden weiterführende Angaben zu den einzureichenden Unterlagen gemacht. Sie basieren auf den ab dem 26. Mai 2022 gültigen gesetzlichen Regelungen, den normativen Vorgaben und den europäischen Richtlinien sowie auf der nationalen Gesetzgebung (Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz, MPDG). Ziel der Veröffentlichung ist es, eine korrekte Antragstellung und damit ein effektives Genehmigungsverfahren zu ermöglichen.
Die nachfolgenden Informationen lassen die Verpflichtung eines Antragstellers unberührt, im Rahmen eines Antrags auf zustimmende Bewertung bei der Ethik-Kommission weitere, hier nicht aufgeführte Unterlagen einzureichen. Details zu den Dokumenten, die für die Ethik-Kommission einzureichen sind, finden Sie auf der Internetseite des Arbeitskreises der medizinischen Ethik-Kommissionen (AKEK).
Die Anforderungen an den Sponsor sowie der Prüfauftrag für die Bundesoberbehörden im Genehmigungsverfahren werden in Artikel 58 und 66 f. IVDR sowie in deren Anhang XIV beschrieben.
Die nach Artikel 66 Absatz 7 Buchstabe b IVDR in Verbindung mit § 31a Absatz 2 MPDG erforderliche Genehmigung ist vom Sponsor bei der zuständigen Bundesoberbehörde (Paul-Ehrlich-Institut oder Bundesministerium für Arzneimittel und Medizinprodukte) zu beantragen. Der Antrag wird über das elektronische System gemäß Artikel 69 IVDR (EUDAMED) eingereicht.
Solange die zentrale europäische Datenbank EUDAMED die entsprechende Funktionalität nicht zur Verfügung stellt, erfolgt die Antragstellung über das Deutsche Medizinprodukte-Informations- und Datenbanksystem (DMIDS) des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Im Antragsformular des DMIDS werden die Daten abgefragt, die für eine Bearbeitung des Antrages erforderlich sind.
Dem Antrag sind neben den in der Erfassungsmaske des DMIDS genannten Angaben folgende Unterlagen, soweit im Einzelfall zutreffend, in deutscher oder, sofern nichts anders bestimmt ist, in englischer Sprache beizufügen (vgl. Anhang XIII Abschnitte 2 und 3 und in Anhang XIV IVDR):
- Antragsformular
(Inhalte siehe Anhang XIV, werden entsprechend im elektronischen Antragsformular (EUDAMED bzw. DMIDS) abgefragt.) - Handbuch des Prüfers
- Leistungsstudienplan gemäß Anhang XIII Abschnitte 2 und 3
- Weitere Informationen
Hinweis zum Handbuch des Prüfers und dem Leistungsstudienplan
In den Anhängen XIII und XIV der IVDR sind weitere Angaben zum Inhalt der Dokumente beschrieben. Darüber hinaus wird eine Orientierung an der Norm DIN (EN) ISO 20916 in der aktuellen Fassung empfohlen.
Angaben zu Punkten, die bisher in eigenen Dokumenten enthalten waren (z. B. technische Dokumentation, Risikoanalyse, etc.) sind im Leistungsstudienplan, bzw. im Handbuch des Prüfers nun sorgfältiger darzustellen. Der Verweis auf mitgeltende Dokumente ist möglich. Diese müssen eindeutig referenziert und mit eingereicht werden.
Weitere Informationen (Anhang XIV Abschnitt 4 der IVDR):
- unterzeichnete Erklärung des Herstellers, dass das betreffende Produkt mit Ausnahme der Punkte, die Gegenstand der klinischen Leistungsstudie sind, den grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen entspricht und dass hinsichtlich dieser Punkte alle Vorsichtsmaßnahmen zum Schutz der Gesundheit und der Sicherheit des Prüfungsteilnehmers getroffen wurden
- Stellungnahme der Ethik-Kommission in Kopie
- Nachweis über die Probanden- / Patientenversicherung
- Dokumente zur Einholung der Einwilligung nach Aufklärung
- Angaben zum Schutz und zur Vertraulichkeit personenbezogener Daten
- auf Anfrage der zuständigen Behörde vollständige Angaben zur Dokumentation, z. B. Risikoanalyse / -management oder spezifische Testberichte
Bitte beachten Sie, dass mit dem Geltungsbeginn der IVDR ein sequentielles Antragsverfahren auch für Leistungsstudien in Deutschland eingeführt wurde. Dies bedeutet, dass der Antrag zunächst bei der zuständigen Ethik-Kommission zu stellen ist und erst anschließend vom Sponsor an die zuständigen Bundesoberbehörden weitergeleitet werden kann. Dem Antrag bei der Bundesoberbehörde ist gemäß § 38 MPDG die Stellungnahme der zuständigen Ethik-Kommission beizufügen.
Es wird darauf hingewiesen, dass zusätzliche Genehmigungsanträge nach den einschlägigen Regelungen des Arzneimittelgesetzes, der Röntgen- oder Strahlenschutzverordnung notwendig sein können. Eine ausführliche Erörterung der statistischen Auslegung und Aussagekraft, die Gegenstand des Prüfungsdesigns sind, ist notwendig.
Die Bewertung und Rechtfertigung der Risiken, die mit der Leistungsstudie für die Person verbunden sind, die an dieser beteiligt sind, gemessen an der voraussichtlichen Bedeutung des Produktes für die Heilkunde, sollte begründet dargestellt werden. Die alternativen Möglichkeiten des Erkenntnisgewinns, risikoärmere Alternativen und der zum Vergleich herangezogene aktuelle Stand der Heilkunde sollten ausführlich beschrieben werden.
Sollte eine Nachsorge erforderlich sein, so muss auch in den Fällen des Ruhens oder der vorzeitigen Beendigung der Leistungsstudie eine angemessene medizinische Versorgung und Betreuung der Prüfungsteilnehmer gewährleistet sein. Das Verfahren der Nachsorge von Prüfungsteilnehmern kann die Notwendigkeit einer umgehenden Entbindung und Dekodierung von Teilen der Kohorte erfordern. Dabei ist die Möglichkeit der Fortführung der Prüfung für die von einer korrektiven Maßnahme betroffenen oder nicht betroffenen Prüfungsteile zu bedenken.
Das Verfahren der Meldung und eigenverantwortlichen Untersuchung von schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen (SAEs) und Produktmängeln (DDs) muss die Umsetzung der regulatorischen Vorgaben auf europäischer und nationaler Ebene (siehe Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz) beschreiben und sicherstellen. Die Verwendung des vom BfArM veröffentlichten Meldeformulars für SAEs und DDs durch den Sponsor ist bis zur Verfügbarkeit der entsprechenden Funktionalität in EUDAMED zu gewährleisten. Das System der Meldung muss eine eindeutige Zuordnung der SAE- und Produktmangel-Meldung zur Prüfung und zum Prüfzentrum sicherstellen.
Die Risikoanalyse und -bewertung sollten die Verfahren der einschlägigen harmonisierten Norm berücksichtigen und ist im Verlauf der Leistungsstudie auf dem aktuellen Stand zu halten. Dies ist insbesondere bei den Bewertungen von SAEs / DDs und der Umsetzung korrektiver Maßnahmen zu beachten.
Verfahrensablauf bei der Bundesoberbehörde
Die Behörde muss zunächst den Antrag innerhalb von 10 Tagen validieren, indem sie prüft, dass die beantragte Leistungsstudie in den Geltungsbereich der IVDR fällt und dass die Antragsunterlagen vollständig sind. Stellt sie fest, dass dies nicht der Fall ist, teilt sie dies dem Antragsteller mit und fordert ihn auf, den Antrag innerhalb von 10 Tagen nachzubessern. Die Bundesoberbehörde kann diese Frist gegebenenfalls um höchstens 20 Tage verlängern. Eine entsprechende Verlängerung kann formlos per E-Mail beantragt werden. Gibt der Sponsor innerhalb der genannten Frist keine Stellungnahme ab bzw. vervollständigt er den Antrag nicht innerhalb dieser Frist, gilt der Antrag als hinfällig (abgelehnt).
Die Behörde teilt dem Sponsor innerhalb von fünf Tagen nach Eingang der Stellungnahme bzw. der angeforderten fehlenden Unterlagen mit, ob die Leistungsstudie als in den Geltungsbereich dieser Verordnung fallend gilt und der Antrag vollständig ist. Die Behörde kann die für sie geltenden Fristen um jeweils fünf weitere Tage verlängern. Es wird darauf hingewiesen, dass die in Artikel 66 Absatz 7 Buchstabe b IVDR genannte Frist von 45 Tagen erst mit Vorliegen eines ordnungsgemäßen Antrags (Datum der Validierung) beginnt.
Während des Zeitraums der inhaltlichen Prüfung des Antrags kann die Bundesoberbehörde zusätzliche Informationen von Seiten des Sponsors anfordern (Artikel 66 Absatz 6 IVDR). Der Ablauf der Frist gemäß Artikel 70 Absatz 7 Buchstabe b wird vom Tag der ersten Anforderung bis zum Eingang der zusätzlichen Informationen ausgesetzt (Clock Stop).
Im Vorfeld der Antragstellung besteht die Möglichkeit einer Kontaktaufnahme mit dem BfArM unter der E-Mail-Adresse
medizinprodukte@bfarm.de
und der wissenschaftlichen Beratung durch das BfArM. Bitte beachten Sie zur wissenschaftlichen Beratung die Hinweise auf der Homepage des BfArM.