BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

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Klinische Prüfungen und Leistungsstudien

Aufgaben

Das BfArM ist gemäß der Verordnung (EU) 2017/745 („Medical Device Regulation“, MDR) zuständig für die Genehmigung klinischer Prüfungen von Medizinprodukten sowie gemäß der Verordnung (EU) 2017/746 („In Vitro Diagnostic Regulation“, IVDR) zuständig für die Genehmigung von Leistungsstudien von In-vitro Diagnostika.

Empfehlungen für Klinische Prüfungen mit Medizinprodukten in Deutschland während der COVID-19 Pandemie

Vom Arbeitskreis der medizinischen Ethik-Kommissionen und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

Das BfArM hat am 26.03.2020 „Ergänzende Empfehlungen zur Europäischen "Guidance on the Management of Clinical Trials during the COVID-19 (Coronavirus) pandemic“ für Klinische Prüfungen mit Arzneimitteln auf seiner Homepage veröffentlicht.

In den folgenden Empfehlungen für Klinische Prüfungen mit Medizinprodukten sind diese Ergänzungen soweit übertragbar übernommen bzw. an klinische Prüfungen mit Medizinprodukten angepasst.

Alle Empfehlungen zielen darauf ab:

  • die Sicherheit und das Wohlergehen der Prüfungsteilnehmer weiterhin zu gewährleisten,
  • die Eignung der klinischen Prüfung, den Nachweis der Unbedenklichkeit, Leistung oder Wirkung des Medizinprodukts zu erbringen, weiterhin sicherzustellen sowie
  • eine unnötig hohe Belastung für Prüfer und Prüfzentrum zu verhindern.

Forschung mit Medizinprodukten, die der Behandlung oder Diagnose der COVID-19 dient, ist von hohem gesellschaftlichem Wert. Die hierbei gewonnenen Erkenntnisse sollten der Gemeinschaft daher zeitnah zugänglich gemacht werden. Daten und Proben sollten anderen forschenden Einrichtungen bereitgestellt werden, soweit hierzu eine Befugnis besteht (z. B. durch Einwilligung der betroffenen Person).

1. Anpassungen der klinischen Prüfung im Hinblick auf die COVID-19 Pandemie

Der Sponsor einer klinischen Prüfung ist verantwortlich für die erforderlichen Anpassungen der klinischen Prüfung. Er hat ggf. unter Beteiligung des Leiters der Klinischen Prüfung, der Hauptprüfer und der Prüfer erforderliche und geeignete Maßnahmen zu prüfen und dann verbindlich festzulegen.

Diese Änderungen der klinischen Prüfung wie z.B.

  • der Rekrutierung (Aussetzung, Verlängerung)
  • von Zeiten, Umfang und Durchführung von Follow-up
  • der Anwender der Prüfprodukte (Profianwendung zu Eigenanwendung)

bedürfen einer Änderung des Prüfplans.

Der angepasste Prüfplan ist der zuständigen Bundesoberbehörde und der zuständigen Ethik-Kommission als Änderung über das DIMDI vorzulegen.

Bis zur Erteilung einer entsprechenden Genehmigung sind alle Maßnahmen, die eine Abweichung vom ursprünglichen Prüfplan bedeuten, ausführlich zu begründen und zu dokumentieren.

Die Prüfungsteilnehmer sind über die Änderungen aufzuklären und müssen ihr Einverständnis erklären.

Weiter hat der Sponsor alle qualitätssichernden Maßnahmen wie Monitoring und Auditierungen zu prüfen und bei Bedarf neu zu regeln. Alle Änderungen der Qualitätssicherung sind zu begründen, zu dokumentieren und im Trial Master File abzulegen.

2. Änderungsanzeigen laufender klinischer Prüfungen aufgrund von COVID-19

Alle Maßnahmen, die eine Abweichung vom Prüfplan bedeuten, müssen ausführlich dokumentiert und begründet werden. Des Weiteren sind sie mittels einer wesentlichen Änderung der Bundesoberbehörde und der/den zuständigen Ethik-Kommission(en) anzuzeigen. In der Anzeige sollte der Bezug zur COVID-19 Pandemie deutlich gemacht und die Auswirkungen auf den Ablauf der klinischen Prüfung (z.B. der Erfassung und Meldung von SAEs) dargelegt werden. Bei Änderungsanzeigen, die das Safety Reporting betreffen, wird gebeten, dass der Sponsor eine Risikoanalyse der Auswirkungen dieser Änderungen auf die Sicherheit der Studienteilnehmer und die Validität der erhobenen Daten beifügt.

Diese Empfehlung umfasst auch eigenverantwortliche Korrektive Maßnahmen des Sponsors und der durchführenden Personen nach § 14a MPSV.

3. Empfehlungen zur Durchführung von Remote Monitoring

Es ist zunächst durch eine Nutzen-Risikoanalyse festzulegen, zu welchem Zweck, zu welchen Zeitpunkten und in welchem Umfang das Monitoring in der betreffenden klinischen Prüfung trotz der Einschränkungen durch die COVID-19-Pandemie erforderlich bleibt. Soweit dies gegeben ist, wird dringend empfohlen, ein Remote Monitoring in Form von Telefon- und/oder Video-Visiten auf wesentliche Kerndaten und -prozesse zu beschränken.

Hierzu gehören üblicherweise die für die kontinuierliche Nutzen-Risiko-Bewertung erforderlichen Daten wie die Verifizierung

  • der Einhaltung von Ein- und Ausschlusskriterien
  • der korrekten Anwendung des Prüfproduktes sowie
  • der vollständigen Erfassung von (schwerwiegenden) unerwünschten Ereignissen und
  • der wesentlichen Zielparameter.

Die Möglichkeit eines Fernzugriffs auf Quelldaten kann als vorübergehende Lösung im Rahmen der COVID-19-Pandemie ausnahmsweise erwogen werden. Als konkrete Möglichkeit bietet sich hierfür die Einsicht in vorbereitete Studienunterlagen und -aufzeichnungen per Kamera an. Dabei müssen jedoch die essentiellen, datenschutzrechtlichen Anforderungen gewährleistet bleiben. Unterlagen oder Aufzeichnungen mit personenbezogenen Daten der Prüfungsteilnehmer dürfen das Prüfzentrum nicht verlassen, auch nicht als Kopie und es darf somit keine dauerhafte Speicherung außerhalb des Prüfzentrums erfolgen. Übermittlung von Daten und/oder Dokumenten jeder Art, die über die reine Übertragung eines Kamerabildinhaltes hinausgehen sowie die Verwendung von Cloud-Lösungen bleiben auch in dieser Situation grundsätzlich unzulässig. Gleiches gilt für die Übermittlung solcher Kamerabildinhalte in Drittländer. Die Informations- und Kommunikationstechnologie muss so ausgestaltet sein, dass eine DSGVO-konforme Übertragung gewährleistet ist. Im Regelfall sind die bekannten Messenger-Dienste zu diesem Zweck ungeeignet. Wir verweisen in diesem Zusammenhang auf das „Whitepaper Technische Datenschutzanforderungen an Messenger-Dienste im Krankenhausbereich“ der Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder vom 07.11.2019 (Download).

Es ist zudem sicherzustellen, dass Video-Monitoring in Übereinstimmung mit der schriftlichen Einverständniserklärung der Prüfungsteilnehmer ausschließlich von dem autorisierten Personenkreis des Sponsors (d.h. dem/der klinischen Monitor/-in) durchgeführt wird.
Das konkrete Vorgehen muss in das datenschutzrechtlich verankerte Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten als definierter Ausnahmefall mit Start- und Enddatum aufgenommen werden.

Vor der Implementierung von Video-Monitoring-Besuchen ist es erforderlich, den Monitoring-Plan und/oder das Monitoring-Manual entsprechend zu erweitern und/oder anzupassen. Die dort vorgegebenen Instruktionen sollten ein strukturiertes Vorgehen und eine ordnungsgemäße Dokumentation gewährleisten. Der geänderte Monitoring-Plan und/oder das geänderte Monitoring-Manual sind ebenso wie die Dokumentation zur Durchführung des Videomonitorings oder sonstiger angepasster Monitoringmaßnahmen im Trial Master File abzulegen. Die Notwendigkeit, Eignung und Einhaltung der festgelegten Änderungen sind in periodischen Abständen zu überprüfen.

Das aufgrund der COVID-19-Pandemie angepasste Monitoring ist nach Abschluss der klinischen Prüfung im Studienbericht zusammenzufassen.

Die vorübergehende Anpassung des Monitoringplans und/oder des Monitoringmanuals macht in Deutschland keine Einreichung einer Änderungsanzeige bei der zuständigen Bundesoberbehörde und Ethikkommission gemäß § 8 MPKPV notwendig, da diese Dokumente in der Regel nicht Gegenstand der Bewertung/Genehmigung sind.

4. Umgang mit dem Prüfprodukt

Medizinprodukte sind so vielfältig, dass sich hier keine allgemeine Empfehlung geben lässt. Letztendlich trägt der Sponsor die Verantwortung für die gesamte klinische Prüfung und er sollte in Abstimmung mit den Prüfern entscheiden, welche Maßnahmen für jede einzelne klinische Prüfung während der Pandemie notwendig sind.

  1. Bei Prüfungsteilnehmern, die die Einverständniserklärung schon unterschrieben haben, sollte geprüft werden:

    1. ob die Anwendung des Prüfproduktes verschoben werden sollte (bis nach der Pandemie). Wenn das der Fall ist, müssen zu einem späteren Zeitpunkt die Ein- und Ausschlusskriterien neu geprüft sowie die Aufklärung des Prüfungsteilnehmers wiederholt werden mit Unterschrift und neuem Datum auf der Einverständniserklärung.
    2. ob bei einer dringend erforderlichen Behandlung, eine Behandlung im Rahmen der klinischen Routine möglich ist (außerhalb der klinischen Prüfung, z. B. mit einem CE-gekennzeichneten Medizinprodukt).

  2. Bei bereits erfolgter Prozedur ist zu prüfen, ob Follow-up-Untersuchungen im Prüfzentrum für die Sicherheit der betroffenen Person erforderlich sind oder ob ein telefonischer Follow-up erfolgen kann.

5. Follow-up zu Hause mit Prüfprodukt, CE-gekennzeichnetem Medizinprodukt oder ohne Produkt (im Folgenden nur Medizinprodukt genannt)

Aufgrund der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie kann in einzelnen klinischen Prüfungen und/oder für einzelne Prüfungsteilnehmer die Versendung von einem Medizinprodukt zum Prüfungsteilnehmer erforderlich werden, um entweder die Sicherheit und das Wohlergehen von Prüfungsteilnehmern zu gewährleisten und/oder die Weiterführung der klinischen Prüfungen gemäß Prüfplan und somit die Auswertbarkeit der klinischen Prüfungsdaten aufrecht zu erhalten.

Eine Versendung von Medizinprodukten an Prüfungsteilnehmer setzt grundsätzlich voraus, dass deren medizinische Überwachung gemäß Prüfplan im erforderlichen Umfang sichergestellt bleibt.

Die nachfolgend gegebenen Empfehlungen beziehen sich ausschließlich auf Medizinprodukte, die vom Prüfungsteilnehmer oder mit Hilfe von Angehörigen oder anderen bereits in dessen Versorgung regulär eingebundene Personenangewendet werden können.

Soweit sich ein Versand von Medizinprodukten an die Prüfungsteilnehmer als erforderlich erweist, wird im Rahmen dieser Pandemie-Ausnahmeregelung eine Versendung durch das Prüfzentrum selbst favorisiert. Der Versand sollte dabei so erfolgen, dass sowohl Transport, Aushändigung und ggf. Installation oder sonstige Anpassungen nachverfolgt werden können.

Falls eine ordnungsgemäße Versendung durch das Prüfzentrum beispielsweise aus Kapazitätsgründen, aus logistischen Gründen oder aufgrund spezieller Transportbedingungen für das Medizinprodukt nicht möglich ist, kann in begründeten Ausnahmefällen ein vom Sponsor beauftragter, direkter Transport akzeptiert werden, sofern der Sponsor einen entsprechend qualifizierten Dienstleister hiermit beauftragt. Dieser muss vom Sponsor vertraglich verpflichtet werden, ggf. eine Schulung zu durchlaufen, die Pseudonymisierung und gegebenenfalls Verblindung der Prüfungsteilnehmer gegenüber dem Sponsor durch geeignete Maßnahmen aufrechtzuerhalten.

Sowohl die Transport-, die Übergabebedingungen bzw. Installations- und Anpassungsmaßnahmen für das Medizinprodukt müssen Teil der vertraglichen Regelungen sein, so dass einerseits der Medizinproduktesicherheit und andererseits dem Schutz der Privatsphäre und persönlichen Daten der Prüfungsteilnehmer ausreichend Rechnung getragen wird. Medizinprodukte müssen dem Prüfungsteilnehmer oder einer von ihm bevollmächtigten Person ausgehändigt werden.

Vor dem Versand des Medizinprodukts ist zudem vom Sponsor eine schriftliche Bedienungsanleitung in einer für den Prüfungsteilnehmer verständlichen Sprache zu erstellen.

6. Sonstiges

Beim Einsatz von Telemedizin sind die erforderlichen Standards einschließlich der Anforderungen an den Datenschutz einzuhalten.

Sollten externe Dienstleister, z.B. Study Nurses, studienbezogene Aufgaben übernehmen, ist darauf zu achten, dass die von diesen erhobenen Quelldaten dem Prüfer übermittelt werden und die eingesetzten Personen dem Prüfer weisungsuntergeben und berichtspflichtig sind. Die Prüfzentrumsbeschreibungen müssen entsprechend angepasst werden.

Die Prüfungsteilnehmer sind über die geänderten Abläufe (z. B. mit einem geänderten Follow-up-Plan für zu Hause) mit einer Ergänzung zur Teilnehmerinformation zu informieren und sollten hierzu ihre Einwilligung erklären.

Kontaktstelle für Prüfungsteilnehmer

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bietet gemäß Artikel 62 Absatz 4 Buchstabe g der Verordnung 2017/745 (MDR), bzw. Artikel 58 Absatz 5 Buchstabe g der Verordnung 2017/746 (IVDR) in Verbindung mit § 70 Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetzes (MPDG) eine Kontaktstelle für Teilnehmerinnen / Teilnehmer einer klinischen Prüfung eines Medizinproduktes / Leistungsstudie eines In-vitro-Diagnostikums oder deren gesetzliche Vertreter an.

Kontakt
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte
Fachgebiet Klinische Prüfung mit Medizinprodukten
Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3
53175 Bonn

Telefon: +49-(0)228-207-3975
E-Mail: MPKP-Kontaktstelle@bfarm.de

Bitte geben Sie als Betreff im Brief oder in der E-Mail "MPKP-Kontaktstelle" an.

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