BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

Navigation und Service

five4research

Zum Projekt: Regulatorische Forschung zur Therapiebegleitdiagnostik (RegCDx)

Dr. Tatjana Hübner über personalisierte Medizin, die Zusammenarbeit in einer Behörde und den Vorsatz, immer neugierig zu bleiben.

Im BfArM sind Forschungsaktivitäten eng verzahnt mit der regulatorischen Arbeit. Sie schaffen wichtige Grundlagen dafür, Wirkmechanismen besser zu verstehen, Nebenwirkungen zu minimieren oder Therapiekonzepte zu bewerten. Gerade für Laien sind diese komplexen Themen und Zusammenhänge nicht immer leicht zu verstehen. Um einen ersten Einblick in die hochspannenden Tätigkeitsfelder und Forschungsrichtungen zu ermöglichen, stellen sich unsere Forschenden fünf Fragen zu ihrer Arbeit im BfArM.
Den Anfang macht Tatjana Hübner, die in der Forschungsgruppe Pharmakogenomik am Projekt RegCDx (Regulatorische Forschung zur Therapiebegleitdiagnostik) beteiligt ist. Das Projekt widmet sich pharmakogenomischen und genetischen Diagnostikverfahren zur personalisierten Arzneimitteltherapie.

1. Kurz und knapp für alle, die nicht vom Fach sind: Wie macht sich Ihre Forschung in unserem Alltag bemerkbar?

Wie ein Mensch auf ein Arzneimittel reagiert, hängt auch von der individuellen Zusammensetzung seiner Gene ab und dem Stoffwechsel, der dadurch beeinflusst wird. Das Wissenschaftsfeld, das sich damit beschäftigt, heißt Pharmakogenomik. Unsere Forschung setzt genau hier an: Mit pharmakogenomischen und genetischen Diagnostikverfahren lässt sich bereits im Vorfeld einer Therapie feststellen, ob bei der zu behandelnden Person ein Risiko besteht, dass Nebenwirkungen auftreten können. Die Methoden hierfür – häufig Hochdurchsatzverfahren – sind sehr komplex. Das Ziel unseres Forschungsprojektes ist, Kompetenzen bei uns im Haus aufzubauen und zu prüfen, welche bestehenden und neuen genetischen Testmethoden sich für die Begleitung von Therapien eignen.

Im Alltag ist das aktuell noch nicht so sichtbar, weil derartige Verfahren noch nicht zur Routineversorgung gehören. Allerdings kommen pharmakogenetische Tests schon jetzt in der Krebstherapie oder bei HIV zum Einsatz. Zudem kommen immer mehr Arzneimittel auf den Markt, für die solche Tests vor Verschreibung empfohlen werden. Es gibt hier aber noch keinen Automatismus bezüglich der Anwendung in der Routineversorgung.

2. Was sollte wirklich jeder Mensch über Ihr Forschungsthema behalten – selbst, wenn sonst nichts angekommen ist?

Unsere Gene haben Einfluss darauf, wie Medikamente bei uns wirken. Wir bewegen uns hier im Bereich der personalisierten Medizin, bei der die Pharmakogenomik nur ein Zweig ist. In Zukunft werden wir durch die voranschreitenden Entwicklungen bei den Hochdurchsatzverfahren mehr individuelle Anpassung haben. Aus meiner Sicht wird das vor allem die Situation älterer Menschen verbessern, die oftmals mehrere Medikamente einnehmen, die alle miteinander interagieren können. Unsere Gene spielen dabei für viele Arzneimittel eine Rolle.

3. Bei der Fülle an Forschungsrichtungen und -themen: Wie sind Sie zu Ihrem Forschungsgebiet gekommen bzw. wann wussten Sie, DAS ist es?

Mein Interesse an Genetik war schon immer da. Zur regulatorischen Forschung bin ich dagegen schrittweise gekommen. Ich habe Molekularbiologie studiert. Meine Doktorarbeit am Bonner LIMES-Institut widmete sich der Expression von Genen. Ich untersuchte die Wirkung von Stoffen auf verschiedene Signalwege. Schon da habe ich festgestellt, dass starke individuelle Aspekte bestehen – sowohl im Hinblick auf die Regulation des Stoffwechsels als auch auf die Expression von Zielgenen. Nach der Promotion habe ich eine Fortbildung in der klinischen Forschung gemacht – bereits mit dem Gedanken, in die regulatorische Forschung zu gehen. Als es am BfArM 2017 in der Forschungsgruppe Pharmakogenomik die Möglichkeit gab, im Projekt EMPAR an den individualisierten Herangehensweisen mitzuwirken, habe ich mich direkt beworben.

4. Arbeiten in der Forschung im BfArM: Was hätten Sie so nicht erwartet?

Ich habe ehrlich gesagt nicht erwartet, wie gut die Zusammenarbeit abteilungsübergreifend hier im Haus funktioniert – vor allem, wie schnell. Für die Koordination der EMPAR-Studie hatte ich mit verschiedenen Abteilungen zu tun. Alle haben einander gut zugearbeitet. Die notwendige Unterstützung war immer da. Das hatte ich mir in einer Behörde komplizierter vorgestellt.

5. Ihr/e Lieblingsforscher/in in der Weltgeschichte und warum?

Alexander Fleming. Er ist ein gutes Beispiel dafür, dass man immer neugierig bleiben sollte. Er hat eine verunreinigte Petrischale nicht – wie es wahrscheinlich die meisten von uns getan hätten – entsorgt, sondern sich von dem Schimmelpilz darin faszinieren lassen. Das finde ich insbesondere als Biologin natürlich sehr sympathisch. Auf diesem Weg entdeckte er das für uns so wichtige Penicillin. Seine Neugier an dieser Verunreinigung hat ihm letztendlich auch den Nobelpreis eingebracht.

Hintergrund zum Projekt RegCDx

Die Entwicklung von pharmakogenomischen und genetischen Diagnostikverfahren zur personalisierten Arzneimitteltherapie hat in den letzten zehn Jahren enorme Fortschritte gemacht. Gleichzeitig werden immer mehr Arzneimittel zugelassen, die eine Untersuchung genetischer Marker voraussetzen, denn: Diese Marker haben Einfluss auf die individuelle Sicherheit und Wirksamkeit des jeweiligen Arzneimittels. Entsprechend wurden die Regularien zur Markteinführung von In-vitro-Diagnostika, also Tests außerhalb des Körpers, weiterentwickelt. Die Europäische Verordnung für In-vitro-Diagnostika (IVDR) trat am 25. Mai 2017 in Kraft und löste nach einer Übergangszeit von fünf Jahren die bestehende Richtlinie ab. Das RegCDx-Projekt unterstützte diesen Übergang, um die im Zusammenhang mit der neuen IVDR verbundenen wissenschaftlichen und regulatorischen Herausforderungen zu bewältigen, die mit der Bewertung der therapiebegleitenden Diagnostik verbunden sind.

Der erste Teil des Projekts lag bei Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus der Abteilung Medizinprodukte. Sie setzten sich mit der Frage auseinander, wie der kontinuierliche Informationsaustausch zur Sicherheit und Leistungsfähigkeit von In-vitro-Diagnostika zwischen BfArM, Paul-Ehrlich-Institut (PEI) und den beteiligten IVDR-Umsetzungspartnern aussehen sollte und schufen die Voraussetzungen dafür.

Den zweiten Projektstrang bearbeitet die Forschungsabteilung mit dem Team um Tatjana Hübner. Dieser Projektteil konzentriert sich darauf, methodische Kompetenz zu gewinnen, welche begleitenden Tests sich für welche Anwendung eignen. Hierzu stellt die Forschungsgruppe eigene Untersuchungen zu Hochdurchsatzsequenzierung bei Fällen unerwünschter Arzneimittelwirkungen an. Das Projekt wird voraussichtlich bis Ende März 2024 laufen.

Weitere Informationen zur Forschungsgruppe Pharmakogenomik:
https://www.bfarm.de/DE/Das-BfArM/Aufgaben/Forschung/Pharmakogenomik/_node.html

Weitere Informationen zum Projekt EMPAR (Einfluss metabolischer Profile auf die Arzneimitteltherapiesicherheit in der Routineversorgung):
https://www.bfarm.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2017/pm2-2017.html

Dr. Tatjana Hübner

Dr. Tatjana Hübner

Nach ihrem Studium der Biologie promovierte Tatjana Hübner in der molekularen Biomedizin am Life and Medical Sciences (LIMES)-Institut in Bonn. Dort forschte sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der regulatorischen Wirkung von Aminosäuren auf Metabolismus und Neurotransmitter-produktion. Es folgten Stationen als Medical Writer und im Projektmanagement für eine auf Gesundheitskommunikation spezialisierte Agentur. 2017 wechselte die Wissenschaftlerin ins BfArM (Forschungsgruppe Pharmakogenomik), wo sie die Studienkoordination im Projekt EMPAR antrat. Seit 2020 liegt ihr Schwerpunkt auf dem Projekt Regulatorische Forschung zur Therapiebegleitdiagnostik.

Hinweis zur Verwendung von Cookies

Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. Weitere Informationen zum Datenschutz erhalten Sie über den folgenden Link: Datenschutz