BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

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Ergebnisprotokoll 17. Sitzung des Beirats nach § 52b Absatz 3b AMG zur Bewertung der Versorgungslage mit Arzneimitteln, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind,
vom 04. September 2025

Ort Präsenzkonferenz von 10:00 - 15:00 Uhr

Die Sitzung fand am 04. September 2025 als Präsenzsitzung unter dem Vorsitz des BfArM statt.
Die Beschlussfähigkeit des Beirats wurde seitens des BfArM zu Beginn der Sitzung festgestellt.

Dem Beirat gehören als stimmberechtigte Mitglieder folgende Verbände, Organisationen, Institutionen und Behörden an (in alphabethischer Reihenfolge):

  • Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF)
  • Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK)
  • Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ)
  • Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)
  • Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel (Paul-Ehrlich-Institut (PEI))
  • Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI)
  • Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels e.V. (PHAGRO)
  • Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker e.V. (ADKA)
  • Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA)
  • Deutsche Krankenhausgesellschaft e.V. (DKG)
  • Die Arzneimittel-Importeure e.V
  • Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV)
  • Kommission Antiinfektiva, Resistenz und Therapie (Kommission ART)
  • Pharma Deutschland e.V.
  • Pro Generika e.V.
  • Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband)
  • Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V. (vfa)
  • Vertreter der Interessen der Patientinnen und Patienten (BAG SELBSTHILFE e.V.)
  • Vertretung der Bundesländer

An der Sitzung am 04. September 2025 haben die folgenden stimmberechtigten Mitglieder nicht teilgenommen:

  • Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF)
  • Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA)
  • Kommission Antiinfektiva, Resistenz und Therapie (Kommission ART)

Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) war mit vier Mitgliedern vertreten.

Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat als Gast an der Sitzung teilgenommen.

Das Bundesministerium für Verteidigung (BMVg) hat als Gast an der Sitzung teilgenommen.

Der Verband „Die Arzneimittel Importeure e.V“ wurde als neues Mitglied im Beirat begrüßt.

  1. Begrüßung

    • Der Vorsitzende des Beirats (Dr. Michael Horn, BfArM) begrüßt alle Teilnehmenden und eröffnet die Sitzung.
  2. Annahme der Tagesordung

    • Die Tagesordnung wird ohne Ergänzungen angenommen. Zu Beginn der Sitzung wird darauf hingewiesen, dass der Tagesordnungspunkt 7.2 aufgrund von Krankheit des zuständigen Vortragenden entfällt.
  3. Kurzberichte

    1. BMG

      • Auf europäischer Ebene werden derzeit einige Verfahren verhandelt, die Bezug zur Sicherstellung der Arzneimittelversorgung haben.
      • Die Überarbeitung des europäischen Arzneimittelrechts wird derzeit im Trilog voraussichtlich bis Ende 2025 verhandelt.
      • Auch der Entwurf zum Critical Medicines Act wird derzeit in den Ratsarbeitsgruppen verhandelt. Der Schwerpunkt liegt hier auf Beihilfen und Förderungen.
      • Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD sieht vor, dass die nationale Pharmastrategie und der Pharmadialog fortgesetzt werden. In dem Gesamtprozess werden die Rahmenbedingungen für die pharmazeutische Industrie in Deutschland und der Europäischen Union in den Blick genommen und u. a. geprüft, wie die Versorgungssicherheit gerade für kritische Arzneimittel gestärkt werden kann.
    2. BfArM

      • Die Unterarbeitsgruppen des Beirates, die sich besonderen Fragestellung widmen, um Empfehlungen die den Beirat auszuarbeiten, haben in den letzten Monaten getagt. Die bisherigen Ergebnisse und Themen werden im Tagesordnungspunkt 7 behandelt.
      • Der SharePoint des Beirats ist auf neue Domain umgezogen. Die neuen Einwahldaten werden den Mitgliedern im Anschluss zur Sitzung zur Verfügung gestellt.
    3. PEI

      • Im Rahmen der Influenza-Impfstoffversorgung in der Saison 2025/26 wird der hochgerechnete Bedarf an Influenza-Impfstoffen durch Vorbestellungen der Standarddosis-Impfstoffe und Impfstoffe für Personen ab 60 Jahren nicht vollständig gedeckt. Durch die geplanten Produktionsmengen der Hersteller für Standarddosis-Impfstoffe und Impfstoffe für Personen ab 60 Jahren voraussichtlich vollständig abgedeckt. Für die Saison 2025/26 stehen acht trivalente Influenza-Impfstoffprodukte zur Verfügung.
      • Das PEI informiert zur Versorgung mit Nirsevimab-haltigen Arzneimitteln in Deutschland in der Saison 2025/26. Auf Grundlage der Planungen des Zulassungsinhabers stehen bereits zu Beginn der Saison 2025/26 ausreichend Arzneimittel zur Verfügung.
      • Das PEI informiert zur Versorgung mit Anti-Human-T-Lymphozyten-Immunglobulin vom Pferd (Produktname: Atgam). Eine Meldung auf der Homepage des Paul-Ehrlich-Instituts zum Lieferengpass und zur Verfügbarkeit des Arzneimittel Atgam ist in Vorbereitung.
      • Das PEI informiert zusätzlich über die Aktualisierung der Listen versorgungsrelevanten versorgungskritischen Wirkstoffe inklusive Impfstoffe gemäß § 52b Abs. 3 c AMG hinsichtlich der Wirkstoffe in PEI Zuständigkeit.
    4. Weitere Mitglieder

      • Es wurden keine weiteren Punkte genannt.
  4. Sachstandsbericht und Diskussion zu Liefer- und ggf. Versorgungsengpässen mit Handlungsbedarf und Informationsgehalt seitens des Beirats

    1. BfArM

      1.  Hyluronidase

        • Aktuell ist ein Lieferabriss von Hyaluronidase in den Stärken 150 I.E. und 300 I.E. aufgrund der Produktionseinstellung eines Herstellers eingetreten. Gemäß den dem BfArM verfügbaren Angaben wurden die vorhandenen Lagerbestände des Zulassungsinhabers bis Ende August 2025 vollständig zur Distribution abgegeben. Aufgrund der Einstufung des Arzneimittels als klinisch notwendig in der regulär zugelassenen Indikation, werden verschiedene Prüfungen zur Abmilderung und zur Kompensation durchgeführt, unter anderem die Einbeziehung des europäischen Netzwerkes zur Ergreifung von weiteren Abmilderungsmaßnahmen.
      2. Acetylsalicylsäure i.v.

        • Aufgrund der hohen Kritikalität in der Notfallindikation bei akutem Koronarsyndrom und der Abwesenheit alternativer Anbieter auf dem Markt, ist am 25. Juli 2025 der Versorgungsmangel gemäß § 79 Absatz 5 AMG im Bundesanzeiger bekanntgegeben worden.

          Mit der Bekanntmachung des Versorgungsmangels sollte sichergestellt werden, dass bereits verfügbare Ware nach Deutschland importiert werden kann, um den Bedarf zu decken. Die diesbezüglichen aktuellen Angaben werden auf der BfArM Internetseite unter dem Link Acetylsalicylsäure veröffentlicht.

      3. Benzylpenicillin-Benzathin

        • Anhand von Hinweisen des Marktführers ist mit einem Einbruch der Verfügbarkeit benzylpenicillin-benzathinhaltiger Arzneimittel im Winter 2025/2026 zu rechnen. Basierend auf der zugelassenen Indikation und der abweichenden Wirksamkeit, der Adhärenz oder der Resistenzprofile der bestehenden therapeutischen Alternativen ist der Ausfall des oben genannten Arzneimittels als kritisch eingestuft. Nach aktuellem Kenntnisstand des BfArM prognostiziert der Zulassungsinhaber eine Reichweite des aktuellen Bestandes bis Anfang 2026. Weitere Abmilderungsmaßnahmen werden aktuell abgestimmt.

          Nachbereitungshinweis: gem. aktuelleren Informationen ist von einer Verfügbarkeit bis März 2026 auszugehen.

      4. Salbutamol

        • Bei Salbutamol in pulmonaler Darreichungsform besteht weiterhin der Versorgungsmangel gemäß 79 Absatz 5 AMG. Die stattfindenden kontinuierlichen Importe stellen aktuell die bedarfsgerechte Verfügbarkeit mindestens bis Februar 2026 sicher. Parallel wird intensiv an der Wiederherstellung der Regelversorgung gearbeitet.
      5. Antibiotikasäfte

        • Die Versorgungssituation mit Antibiotikasäften hat sich weiter stabilisiert. Gemäß den vorliegenden Informationen sind alle Antibiotikasäfte bedarfsgerecht verfügbar. Dennoch besteht für einzelne Wirkstoffe (bspw. Erythromycin, Cotrimoxazol und Cefuroxim in oral flüssiger Darreichungsform) nach wie vor die Möglichkeit des Imports auf Basis des §79 Absatz 5 AMG. So können etwaige zukünftige Versorgunglücken durch Importware geschlossen werden.
    2. PEI

      • Die Mitglieder des Beirats werden zur Einschätzung des Eintrags „Immunglobulin G vom Menschen“ auf der Liste der versorgungskritischen Wirkstoffe befragt. Dabei wird auf die aktuelle Arbeit der Unterarbeitsgruppe 1 zur Aktualisierung der nationalen Listen versorgungskritischer Wirkstoffe verwiesen (TOP 7.1).
      • Das PEI bittet die Mitglieder des Beirats um Einschätzung der Kritikalität der Nichtverfügbarkeit von Beriglobin bezogen auf die Indikation Hepatitis A Postexpositionsprophylaxe. Das Produkt steht nach der Marktrücknahme durch den Zulassungsinhaber nicht mehr zur Verfügung.
    3. Alle Teilnehmenden

      • Die Teilnehmer haben Einschränkungen in der Verfügbarkeit der folgenden bereits bekannten Wirkstoffe bestätigt: Alprazolam, Nitrendipin, Tizanidin, Olanzapin, Atorvastatin, Metoprolol, Pregabalin, Metformin und Quetiapin. Die allgemeine Versorgung ist hierdurch jedoch nicht beeinträchtigt.
  5. Aktueller Sachstandbericht und Diskussion der Versorgungssituation der Humaninsuline und GLP-1 Analoga

    • Dem Beirat wurde die aktuelle Entwicklung des Marktes und die historische Verfügbarkeit der Humaninsuline und GLP-1 Analoga vorgestellt. Die dem BfArM vorliegenden Marktdaten der letzten drei Jahre zeigen einen Rückgang der Nachfrage als auch des Angebots an Humaninsulinen. Darüber hinaus zeigen die vorliegenden Daten, dass vermehrt Analoginsuline eingesetzt werden. Beide Faktoren spiegeln sich in den Entwicklungen bzw. Portfoliobereinigungen einiger Unternehmen wider.

      Die Marktdaten zeigen darüber hinaus Veränderungen in der Verfügbarkeit der GLP-1-Analoga, die sich seit ca. 2023 in einem konstanten Wachstum befinden.

  6. Aktueller Stand des zu entwickelnden Frühwarnsystems gemäß § 52b Absatz 3g AMG

    • Der Beirat wurde über den aktuellen Stand der Entwicklung des Frühwarnsystems im Rahmen einer Präsentation informiert. Dieses befindet sich in der kontinuierlichen Weiterentwicklung. Die erste Ausbaustufe wird bereits operativ genutzt. Im Rahmen der Weiterentwicklung des Systems werden weitere Informationsquellen eingebunden, um die Validität der Signale weiter zu verbessern und zu qualifizieren.
  7. Aktueller Sachstand der Arbeit der Unterarbeitsgruppen

    1. UAG_1: Anpassung der nationalen Liste der versorgungskritischen Wirkstoffe gem. § 52b Absatz 3c AMG

      • Die erforderlichen Anpassungen der Liste der versorgungskritischen Wirkstoffe an die mittlerweile etablierten EU-Kriterien und die EU-Liste werden fachlich in den folgenden Schritten umgesetzt:

        • Schritt_1 -> Überhänge der Unionsliste identifizieren und beurteilen
        • Schritt_2 -> Überhänge der nationalen Listen identifizieren und beurteilen
        • Schritt_3 -> Gemeinsame Wirkstoffe zwischen beiden Listen identifizieren und beurteilen
      • Der erste Schritt ist in den letzten beiden Sitzungen der in Rede stehenden Unterarbeitsgruppe erfolgt. In der Ende September anberaumten Sitzung soll die Finalisierung des zweiten Schritts durchgeführt werden und die Planung des letzten Schrittes abgestimmt werden.
    2. UAG_2: Kommunikation

      Diese Unterarbeitsgruppe fokussiert sich auf die Evaluation bestehender Kommunikationsmechanismen und der Identifizierung von operativ umsetzbarem Verbesserungspotenzial, das in eine adressatenorientiertere Kommunikation überführt werden wird.  

      Im Fokus der UAG stehen erforderliche Schnittstellenfunktionen und eine Optimierung des Informationsflusses sowie dessen empfängerorientierte Gestaltung. Ergänzt wird dies durch eine künftige gemeinsame Internetseite von PEI und BfArM, um einen zentralen Zugriff auf die relevanten Lieferengpassinformationen beider Bundesoberbehörden zu gewährleisten.

      Diese Punkte werden in der kommenden Sitzung vertieft und erste Ansätze weiterentwickelt.

    3. UAG_3: Regelungen bei Versorgungsmangel gem. § 79 Absatz 5 AMG

      Die Aufgabe der Unterarbeitsgruppe besteht in der Etablierung von abgestimmten Regelungen die bei einem Versorgungsmangel gemäß § 79 Absatz 5 AMG greifen sollen, um einen möglichst reibungslosen Mechanismus im Umgang mit, auf Basis des § 79 Absatz 5 AMG importierten Arzneimitteln zu haben.

      Der aktuelle Entwurf der o. g. Empfehlung ist weit fortgeschritten. Abstimmungsbedürftige Punkte sind derzeit in Bearbeitung und werden rechtlich geprüft. Danach wird eine Finalisierung des Dokumentes angestrebt, das dem Beirat im nächsten Schritt zur finalen Abstimmung übermittelt werden wird.

    4. UAG_4: Meldeverpflichtung gem. §52b Abs.3e für krankenhausversorgende - und Krankenhausapotheken

      Es wurde in der UAG das Meldeformular abgestimmt und im nächsten Schritt vom BfArM umgesetzt.

      Der Projektfortschritt soll in der kommenden Sitzung vorgestellt werden.

  8. EU-Aktivitäten

    1. European Shortages Monitoring Platform (ESMP)

      Die European Shortages Monitoring Platform (ESMP) hat das Ziel die Prävention, Überwachung und Meldung von Arzneimittelengpässen auf EU-Ebene zu erleichtern (für weitere Informationen sehen Sie auf der Seite des ESMP unter folgendem Link ESMP nach).

      Die Überwachung von Angebot, Nachfrage und der Verfügbarkeit von (kritischen) Arzneimitteln geschieht in drei verschiedene Szenarien:

      Normal circumstancesMSSG-led preparednessCrisis

      Szenario

      Unter normalen UmständenWenn die Executive Steering Group on Shortages and Safety of Medicinal Products (MSSG) der EMA diese Art der Berichterstattung anfordertBei der Vorbereitung und der Reaktion auf eine Krisensituation; dies können sowohl Notfälle im Bereich der öffentlichen Gesundheit (public health emergencies), als auch Großereignisse (major events) sein.

      Szenario-Beschreibung

      Routinemäßige Meldung von Lieferengpässen

      Überwachung bestimmter Arzneimittel auf Anforderung der Executive Steering Group on Shortages and Safety of Medicinal Products (MSSG) der EMA.

      Die Gruppe erstellt für jede Aktivität eine spezifische Liste von Arzneimitteln, die unter die Meldepflicht fallen

      Berichterstattung über das Angebot, die Nachfrage und die Verfügbarkeit von Arzneimitteln während eines Notfalls im Bereich der öffentlichen Gesundheit oder eines Großereignisses.

      Die EMA veröffentlicht eine Liste der kritischen Arzneimittel, die sie für jede einzelne Krise überwacht.

      Wer ist meldepflichtig?

      ZulassungsinhaberZulassungsinhaber & Nationale BehördenZulassungsinhaber & Nationale Behörden

      Für welche Produkttypen besteht die Meldepflicht?

      Zentral zugelassene Produkte (CAPs)Zentral zugelassene Produkte (CAPs) & National zugelassene Produkte (NAPs)Zentral zugelassene Produkte (CAPs) & National zugelassene Produkte (NAPs)

      Bei der ESMP handelt es sich nicht um eine zentrale Lieferengpassdatenbank, weshalb nationale Lieferengpassmeldungen unverändert mitzuteilen sind.

  9. Verschiedenes

    • Es wurden keine Punkte unter diesem Tagesordnungspunkt besprochen.
  10. Nächster Termin

Die nächste Sitzung ist für Dezember 2025 geplant.

gez.

Dr. Michael Horn

Bonn, den 16.10.2025