91. Sitzung (15. Juli 2025 per Videokonferenz) – Ergebnisprotokoll
19.08.2025
Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht nach § 53 Absatz 2 AMG
Ort:
per Videokonferenz
Teilnehmende:
Der Vorsitzende
Sachverständige des Ausschusses für Verschreibungspflicht
Vertreterinnen/Vertreter des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG)
Vertreterinnen/Vertreter des BfArM
Hinweis:
Der Ausschuss unabhängiger Sachverständiger nach § 53 Absatz 2 AMG berät das BMG im Hinblick auf Fragen zur Verschreibungspflicht von Arzneimitteln und gibt hierzu fachliche Empfehlungen ab. Änderungen der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) erfolgen durch Rechtsverordnungen des BMG; diese Verordnungen bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.
Tagesordnung:
TOP 1 Eröffnung der Sitzung
Der Vorsitzende begrüßt die Anwesenden und stellt fest, dass bei keinem Ausschussmitglied ein Interessenkonflikt besteht. Ferner wird die Beschlussfähigkeit des Gremiums festgestellt.
TOP 2 Annahme der Tagesordnung
TOP 4 wird vertagt. Es wird angeregt, das Thema bereits vor der nächsten regulären Sitzung im Januar 2026 zu beraten.
TOP 3 Letzte Änderungen in der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV)
Das BfArM stellt die letzten Änderungen der AMVV vor.
TOP 5 Aciclovir 50 mg
Antrag auf Entlassung aus der Verschreibungspflicht zur Anwendung als Buccaltablette
Das BfArM eröffnet den TOP mit einer Präsentation.
Ein Mitglied fragt bezüglich des Wirkmechanismus bei dieser Darreichungsform und merkt kritisch die Immunkompetenz als Voraussetzung für den OTC-Status an. Beide Punkte werden von mehreren Ausschussmitgliedern und vom BfArM adressiert.
Da es keine weiteren Fragen oder Anmerkungen gibt, bittet der Vorsitzende um Abstimmung.
Abstimmung:
Der Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht empfiehlt einstimmig, den Antrag auf Entlassung aus der Verschreibungspflicht für Aciclovir 50 mg zur Anwendung als Buccaltablette anzunehmen.
Für den o. g. Antrag | 10 |
Gegen den o. g. Antrag | 0 |
TOP 6 Melatonin 3 mg
Antrag auf Entlassung aus der Verschreibungspflicht zur oralen Anwendung
Zunächst trägt der Antragsteller vor. Anschließend beantwortet er die von den Ausschussmitgliedern an ihn gerichteten Fragen:
Ein Ausschussmitglied hinterfragt die Dosierung auch vor dem Hintergrund der Verfügbarkeit deutlich höher dosierter Nahrungsergänzungsmittel (NEM) mit Melatonin. Der Antragsteller antwortet, dass im Vergleich zu NEM für Arzneimittel adäquate Daten z.B. zur Pharmakovigilanz vorlägen. In Europa seien insbesondere Arzneimittel mit 3 und 5 mg Melatonin üblich.
Da keine weiteren Fragen bestehen, verlässt der Antragsteller den virtuellen Sitzungsraum.
Das BfArM eröffnet die weitere Diskussion zu dem TOP mit einer Präsentation.
Mehrere Ausschussmitglieder greifen den Aspekt der Verfügbarkeit von melatoninhaltigen NEM in Deutschland auf und unterstützen die beantragte, partielle Freistellung der Substanz als Arzneimittel. Dies auch vor dem Hintergrund, dass entsprechende Arzneimittel einer strengen Qualitätssicherung unterlägen und das Angebot einer rezeptfreien Alternative zu den NEM daher zu begrüßen sei.
Da es keine weiteren Fragen oder Anmerkungen gibt, bittet der Vorsitzende um Abstimmung.
Abstimmung:
Der Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht empfiehlt einstimmig, den Antrag auf Entlassung aus der Verschreibungspflicht für Melatonin 3 mg zur oralen Anwendung anzunehmen.
Für den o. g. Antrag | 10 |
Gegen den o. g. Antrag | 0 |
TOP 7 Rupatadin 10 mg
Antrag auf Entlassung aus der Verschreibungspflicht zur oralen Anwendung
Zunächst trägt der Antragsteller vor. Anschließend beantwortet er die von den Ausschussmitgliedern an ihn gerichteten Fragen:
Ein Ausschussmitglied fragt bezüglich der Effekte am PAF1-Rezeptor sowie der Interaktion mit Statinen, die nicht für alle Statine gleichermaßen bedeutsam sein dürfte. Der Antragsteller führt aus, dass Effekte am PAF-Rezeptor aufträten und zur Wirksamkeit beitragen würden. Dieser Beitrag sei aber nicht valide quantifizierbar. In Bezug auf Statine deuteten Literaturdaten darauf hin, dass das höchste Interaktionspotential für die älteren Statine Simvastatin und Lovastatin bestehe. Eine Kombination mit Statinen sollte aber generell mit Vorsicht erfolgen.
Ein anderes Ausschussmitglied möchte Auskunft zum Wirkmechanismus und dem Metaboliten Desloratadin. Laut Antragsteller ist Desloratadin einer der Metaboliten von Rupatadin, dem auch eine Rolle bei der Wirksamkeit zugeschrieben wird.
In welchem Umfang anticholinerge Effekte auftreten, wird von einem anderen Ausschussmitglied gefragt. Diese sind nach Angaben des Antragstellers vergleichbar mit denen anderer Antihistaminika der zweiten Generation. Dies gelte auch für zentrale Nebenwirkungen wie Somnolenz und Kopfschmerzen, auf die die Frage eines weiteren Ausschussmitgliedes abzielt.
Ein weiteres Ausschussmitglied möchte Auskunft darüber, ob dem Antragsteller klinisch relevante Nebenwirkungsfälle im Zusammenhang mit Interaktionen vorliegen. Der Antragsteller führt aus, dass die Bedenken bezüglich Interaktionen auf dem Metabolismus von Rupatadin basierten, in Studien hätten sich aber keine klinisch relevanten Effekte gezeigt.
Da keine weiteren Fragen bestehen, verlässt der Antragsteller den virtuellen Sitzungsraum.
Das BfArM eröffnet die weitere Diskussion zu dem TOP mit einer Präsentation.
Ein Ausschussmitglied äußert Bedenken bezüglich der fehlenden Anwendungserfahrungen bei Patienten mit Niereninsuffizienz sowie dem Wechselwirkungspotential, zu dem kaum publizierte Daten existierten. Diese Aspekte sprächen gegen eine Freistellung. Andere Ausschussmitglieder unterstützen die Ausführungen. Die Ausschussmitglieder äußern des Weiteren Bedenken hinsichtlich
- des relativ häufigen Auftretens von Somnolenz (ca. 10%) unter Rupatadin. Allerdings fehlten hierzu direkte Vergleiche mit anderen Antihistaminika der zweiten Generation,
- der in der Fachinformation vorgegebenen „vorsichtigen Anwendung“ zusammen mit Arzneimitteln, mit denen Interaktionen auftreten könnten. Dies erfordere eine strenge ärztliche Indikationsstellung und Überwachung,
- einer Anwendung bei Kindern ab 12 Jahren ohne ärztliche Verordnung.
Da es keine weiteren Fragen oder Anmerkungen gibt, bittet der Vorsitzende um Abstimmung.
Abstimmung:
Der Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht empfiehlt einstimmig, den Antrag auf Entlassung aus der Verschreibungspflicht für Rupatadin 10 mg zur oralen Anwendung abzulehnen.
Für den o. g. Antrag | 0 |
Gegen den o. g. Antrag | 10 |
1 Plättchenaktivierender Faktor
Termin der 92. Sitzung
20. Januar 2026 - 10 Uhr
Anlagen (Hinweis: Einige Präsentationen enthalten vertrauliche Angaben. Diese werden vor Veröffentlichung auf der BfArM-Webseite geschwärzt.):
Präsentation zu TOP 3 BfArM | |
Präsentation zu TOP 5 BfArM | |
Präsentation zu TOP 6 BfArM | |
Präsentation zu TOP 7 BfArM | |
Empfehlung zur Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) (zu TOP 5 und TOP 6) |