Was ist ein Vollantrag?
Bei einem so genannten Vollantrag sind die in den §§ 22 bis 24 AMG und Artikel 8 Absatz 3 der Richtlinie 2001/83/EG genannten Unterlagen zur Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit vorzulegen. Alle Nachweise ergeben sich aus speziell für die Zulassung durchgeführten klinischen und vorklinischen Prüfungen sowie aus Untersuchungen zur Qualität mit dem neuen Arzneimittel. In einigen Fällen können auch im Rahmen eines bibliographischen Antrages diese Nachweise aus veröffentlichten Studiendaten erfolgen.
Was ist ein Zulassungsantrag mit Bezugnahme auf allgemeine medizinische Verwendung auch bibliographischer Zulassungsantrag genannt?
Bei einem solchen Zulassungsantrag gemäß § 22 Absatz 3 Nummer 1 AMG und Artikel 10a der Richtlinie 2001/83/EG ist der Antragsteller nicht verpflichtet, Ergebnisse von vorklinischen und klinischen Versuchen vorzulegen, wenn er nachweisen kann,
- dass die Wirkstoffe des Arzneimittels für mindestens 10 Jahre innerhalb der europäischen Gemeinschaft allgemein medizinisch verwendet wurden und
- eine anerkannte Wirksamkeit sowie
- einen annehmbaren Grad an Sicherheit aufweisen.
In diesem Fall werden die Ergebnisse zu vorklinischen und klinischen Versuchen durch anderes Erkenntnismaterial, häufig einschlägige wissenschaftliche Dokumentation (Literatur) ersetzt. Daher werden solche Anträge auch als bibliographisch bezeichnet. Aus den hierbei eingereichten Unterlagen muss die therapeutische Wirksamkeit und Unbedenklichkeit hervorgehen. Der Nachweis der Qualität erfolgt durch eigene Ergebnisse.
Was ist ein generischer Antrag?
Als Generikum bezeichnet man ein Arzneimittel, dessen Zulassung unter Bezugnahme auf die Unterlagen der Ergebnisse der klinischen und vorklinischen Versuche eines zugelassenen wirkstoffgleichen Arzneimittels (so genanntes Referenzarzneimittel) erteilt wurde. Ein Generikum hat die gleiche qualitative und quantitative Zusammensetzung der arzneilich wirksamen Bestandteile und die gleiche Darreichungsform wie das Referenzarzneimittel. Vom Antragsteller ist anhand geeigneter Bioäquivalenzstudien der Beleg zu erbringen, dass das Generikum mit dem Referenzarzneimittel bioäquivalent ist. Bioäquivalenz liegt vor, wenn der Wirkstoff in vergleichbarer Geschwindigkeit und vergleichbarem Ausmaß in Bezug auf das Referenzarzneimittel im Körper verfügbar ist und somit eine vergleichbare Wirksamkeit und Unbedenklichkeit hat. Mit dem Antrag auf Zulassung sind vom Antragsteller, neben den Unterlagen zur Bioäquivalenz auch Unterlagen zur pharmazeutischen Qualität vorzulegen.
Ein Generikum beansprucht im Allgemeinen die gleichen Indikationen bzw. Anwendungsgebiete wie das Referenzarzneimittel.
Wann darf ein Generikum zugelassen werden?
Ein Zulassungsantrag für ein Generikum nimmt immer Bezug auf die Zulassung eines Referenzarzneimittels (siehe Frage: Was ist ein Vollantrag?). Ein generischer Zulassungsantrag kann frühestens 8 Jahre nach Erstzulassung des Referenzarzneimittels gestellt werden, da erst ab diesem Zeitpunkt die Unterlagen für generische Anträge verwendet werden dürfen. Das Arzneimittel darf aber erst nach 10 Jahren oder bei entsprechenden Voraussetzungen nach 11 Jahren vermarktet werden:
Auf die Unterlagen zu Ergebnissen der vorklinischen und klinischen Versuche eines Referenzarzneimittels kann ohne Zustimmung des Vorantragstellers Bezug genommen werden, wenn das Referenzarzneimittel seit mindestens 8 Jahren in einem Mitgliedstaat der europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen ist oder vor mindestens 8 Jahren zugelassen wurde (§ 24 b AMG und Artikel 10 Absatz1 der Richtlinie 2001/83/EG). Somit besteht ein Unterlagenverwertungsschutz von 8 Jahren. Mit dieser Regelung kann ein Zulassungsantrag für ein Generikum schon vor Ablauf des Vermarktungsschutzes bei der Zulassungsbehörde gestellt werden. Der Vermarktungsschutz beträgt im Allgemeinen 10 Jahre; er kann aber auch auf 11 Jahre verlängert werden, wenn der Inhaber des Referenzarzneimittels innerhalb von 8 Jahren die Zulassung mindestens eines neuen Anwendungsgebietes mit bedeutendem klinischen Nutzen erwirkt hat.
Daher kann nach positiv durchlaufenem Zulassungsverfahren das Generikum künftig schneller auf den Markt gebracht werden, als es noch nach den Übergangsvorschriften des § 141 AMG derzeit der Fall ist.
Gemäß der Übergangsvorschriften nach § 141 Absatz 5 AMG gilt noch ein Unterlagenverwertungsschutz von 10 Jahren für Referenzarzneimittel, deren Zulassung vor dem 30. Oktober 2005 beantragt wurde nach § 24 a in der bis zum Ablauf des 5. Septembers 2005 geltenden Fassung des AMG.
Werden im Rahmen der Zulassung von Generika Patente geprüft?
Im Rahmen der Zulassung von Generika wird lediglich die Einhaltung des Unterlagenverwertungsschutzes des Referenzarzneimittels überprüft und nicht der Patentschutz. Patente sind im Rahmen eines Zulassungsverfahrens dem BfArM nicht vorzulegen und werden auch nicht geprüft.
Für patentrechtliche Fragen zu Arzneimitteln ist das Deutsche Patent- und Markenamt in München zuständig bzw. für Europäische Patente das Europäische Patentamt (EPA).
Was ist ein Hybrid-Antrag?
Ein so genannter Hybrid-Antrag (§ 24b Absatz 2 Satz 6 AMG und Artikel 10 Absatz 3 der Richtlinie 2001/83/EG) ist möglich in Fällen, in denen ein Arzneimittel nicht unter die Definition eines Generikums fällt oder in denen die Bioäquivalenz zum Referenzarzneimittel nicht durch Bioäquivalenzstudien nachgewiesen werden kann oder bei Abweichungen vom Referenzarzneimittel in Bezug auf Wirkstoff, Stärke, Darreichungsform und Verabreichungsweg. Hierbei sind die Wirksamkeit und die Unbedenklichkeit durch eine Kombination von eigenen Studien und einer Bezugnahme auf die Unterlagen des Referenzarzneimittels zu belegen. Darüber hinaus sind Unterlagen mit eigenen Ergebnissen zur pharmazeutischen Qualität und gegebenenfalls Daten aus Bioäquivalenzstudien einzureichen.
Was ist bei der Zulassung von Biosimilars (Similar Biological Medicinal Products) zu beachten?
Bei den so genannten Biosimilars handelt es sich um biologische Arzneimittel, die im Wesentlichen einem bereits zugelassenen Arzneimittel gleichen, das bedeutet, dass sie einem zugelassenen biologischen Referenzarzneimittel sehr ähnlich sind, aber nicht identisch mit diesem. Biologische Arzneimittel, die Referenzarzneimitteln ähneln, erfüllen nicht alle Bedingungen, um als Generika gelten zu können, vor allem aufgrund der Besonderheit des Herstellungsprozesses und der molekularen Eigenschaften. Für ihre Zulassung (§ 24 b Absatz 5 AMG und der Artikel 10 Absatz 4 der Richtlinie 2001/83/EG) sind umfangreiche Unterlagen mit eigenen Studien zur pharmazeutischen Qualität des Biosimilars und zur Vergleichbarkeit mit dem zugelassenen Referenzarzneimittel einzureichen. Vorklinische und klinische Studien zur Vergleichbarkeit der Wirksamkeit und Unbedenklichkeit sind ebenfalls durchzuführen und die Ergebnisse durch umfassende Unterlagen zu belegen.