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Experimentelle Neuropsychopharmakologie

Das Forschungsgebiet „Experimentelle Neuropsychopharmakologie“ untersucht die Auswirkungen von Antipsychotika, Antidepressiva, Antidementiva und Antiepileptika auf die komplexe zentrale Rhythmizität unseres Zentralnervensystems. Die Verknüpfung klinisch-neurophysiologischer Forschung und tierexperimenteller Untersuchungen ermöglicht ein Verständnis der Kommunikation unterschiedlicher Hirnareale bei der zentralen Informationsverarbeitung und zeigt auf, welche „Verständigungsprobleme“ zwischen Hirnarealen im Rahmen neuropsychiatrischer Erkrankungen auftreten können. Ein besonderer Fokus liegt hierbei auch auf den neurodegenerativen Erkrankungen wie der Alzheimer-Demenz. Sowohl erwünschte wie unerwünschte Wirkungen von Neuropsychopharmaka lassen sich auf diese Weise erforschen und in neue Therapiekonzepte einbetten.

Leiter der Forschungsgruppe

Prof. Dr. med. Dr. nat. med. Marco Weiergräber

Telefon: +49-(0)228-99-307-4358
E-Mail: marco.weiergraeber@bfarm.de

Lebenslauf

Publikationen

Projekte der Forschungsgruppe "Experimentelle Neuropsychopharmakologie"

Elektrophysiologische Biomarker in der Früherkennung und Verlaufskontrolle der Alzheimer Demenz - Charakterisierung und Validierung von EEG - Biomarkern (EEG fingerprints) im Tiermodell und Menschen

Muhammad Imran Arshaad, Johanna Daubner, Christina Henseler, Jenni Teipelke, Anna Papazoglou, Marco Weiergräber

Projektziel:
Dementielle Erkrankungen werden unter medizinischen und wirtschaftlich-sozioökonomischen Gesichtspunkten die zentrale Herausforderung der Zukunft darstellen. Während zukunftsforschende Arbeiten in anderen medizinischen Feldern, wie den kardiovaskulären Erkrankungen sowie der Onkologie in Aussicht stellen, dass die dort beheimateten relevantesten Krankheitsentitäten zunehmend besser handhabbar werden, ist die Prognose gerade bei dementiellen Erkrankungen eher bedrückend. Während die Gesellschaften auch in Zukunft immer weiter altern werden, fehlt es an potenten antidementiven Präparaten. Die gegenwärtigen Therapien erfolgen hauptsächlich symptomatisch mit der Zielsetzung einer Verbesserung der kognitiven Eigenschaften. Trotz massiver monetärer Anstrengungen in Drug Research and Developement sind die Resultate vieler Phase III Studien in den letzten 10-15 Jahren eher ernüchternd. Es besteht daher ein dringender Bedarf an innovativen potenten Arzneimitteln, die nicht nur symptomatisch den Krankheitsverlauf abschwächen, sondern bestenfalls die Krankheitsprogression stoppen (1). Eine Grundvoraussetzung für eine optimierte pharmakotherapeutische Intervention ist die frühzeitige Diagnose der Demenz und eine valide Verlaufskontrolle. Derzeit spielen v.a. Kognitions- und Verhaltenstests, biochemische Methoden sowie bildgebende Verfahren eine entscheidende Rolle in diesem Bereich. Morphologische und kognitionsphysiologische Alterationen weisen aber bereits auf ein weit fortgeschrittenes Krankheitsgeschehen der AD hin. Heute wissen wir, dass strukturellen Läsionen keine Frühzeichen der AD sind. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit, mittels entsprechender neuer oder zusätzlicher diagnostischer Verfahren, wie der Elektrophysiologie, die Früherkennung der AD zu bessern (1). Durch eine möglichst frühe Erkennung der AD ergeben sich zudem verbesserte Möglichkeiten einer objektiven Bewertung der Wirksamkeit potentiell neuer Antidementiva mit unmittelbaren regulatorischen Konsequenzen (1).

Methodik:
Komplexe mathematische Verfahren und Modellentwicklungen im Rahmen des computational neuroscience werden herangezogen, um potentielle EEG-fingerprints in extrazellulären Feldpotentialableitungen und im EEG zu detektieren und zu validieren. Neben elektrophysiologischen Verfahren kommen verhaltensbiologische Methoden und Kognitionstest sowie morphologische Studien in AD-Mausmodellen zum Einsatz.

Ergebnisse:
In vivo elektrophysiologische Untersuchungen der zentralen Rhythmik zeigen, dass in AD-Mausmodellen signifikante Alterationen insbesondere im Theta- und Gamma-Band des EEG bereits zu einem Zeitpunkt nachweisbar sind , in welchem biochemische und bildgebende Verfahren sowie Kognitionstests unauffällig sind. Die elektrophysiologischen Charakteristika weisen hierbei eine deutliche Alters- und Geschlechtsspezifität auf. Weiterhin spielt das verwendete AD-Mausmodell eine entscheidende Rolle, was auf die besondere Bedeutung der spezifischen ätiopathogenetischen Besonderheiten hindeutet.

Schlussfolgerung:
Präklinische Versuche in AD-Modellen zeigen, dass charakteristische EEG-Veränderungen einen prädiktiven Charakter haben und den Krankheitsverlauf adäquat abbilden können. Sie könnten in der Zukunft auch regulatorische Bedeutung erlangen.

Referenz:

  1. Babiloni C , Blinowska K, Bonanni L, Cichocki A, De Haan W, Del Percio C, Dubois B, Escudero J, Fernández A, Frisoni G, Guntekin B, Hajos M, Hampel H, Ifeachor E, Kilborn K, Kumar S, Johnsen K, Johannsson M, Jeong J, LeBeau F, Lizio R, Lopes da Silva F, Maestú F, McGeown WJ, McKeith I, Moretti DV, Nobili F, Olichney J, Onofrj M, Palop JJ, Rowan M, Stocchi F, Struzik ZM, Tanila H, Teipel S, Taylor JP, Weiergräber M, Yener G, Young-Pearse T, Drinkenburg WH, Randall F. (2020) What electrophysiology tells us about Alzheimer's disease: a window into the synchronization and connectivity of brain neurons. Neurobiol Aging 85:58-73.

Alters- und geschlechtsspezifische Auswirkungen der akuten und chronischen Gabe von Protonenpumpeninhibitoren auf die zentrale Rhythmizität in Alzheimer Mausmodellen

Muhammad Imran Arshaad, Johanna Daubner, Christina Henseler, Jenni Teipelke, Britta Hänisch, Anna Papazoglou, Marco Weiergräber

Projektziel:
Pharmakoepidemiologische Studien haben nahegelegt, dass die Einnahme von Protonenpumpeninhibitoren (PPI) Einfluss auf die Inzidenz und den Verlauf dementieller Erkrankungen, allen voran der AD haben kann. Jedoch sind die Befunde durchaus uneinheitlich (1-3). Da mögliche Mechanismen der pharmakodynamischen Beeinflussung der AD durch PPI weitgehend unbekannt sind, sollen im Rahmen dieses Ansatzes die Auswirkungen der akuten und chronischen PPI-Gabe auf die zentrale Rhythmizität untersucht werden, welche in Zusammenhang mit kognitiven Prozessen und Fähigkeiten stehen.

Methodik:
Komplexe mathematische Verfahren und Modellentwicklungen werden im Rahmen des computational neuroscience herangezogen. Neben elektrophysiologischen Verfahren kommen verhaltensbiologische Methoden und Kognitionstest sowie morphologische Studien in AD-Mausmodellen zum Einsatz. Die elektrophysiologischen Methoden werden mit pharmakokinetischen Studien zu den verwendeten PPI kombiniert.

Ergebnisse:
Erste Ergebnisse deuten auf eine komplexe alters- und geschlechtsabhängige Beeinflussung der zentralen Rhythmizität durch PPI hin.

Schlussfolgerung:
Detaillierte Analysen zur dosisabhängigen Beeinflussung der AD durch PPI sind notwendig, um zugrundeliegende Kausalitäten bestimmen zu können.

Referenzen:

  1. Gomm W, von Holt K, Thomé F, Broich K, Maier W, Fink A, Doblhammer G, Haenisch B. (2016) Association of Proton Pump Inhibitors With Risk of Dementia: A Pharmacoepidemiological Claims Data Analysis. JAMA Neurology 73: 410-416
  2. Goldstein FC, Steenland K, Zhao L, Wharton W, Levey AI, Hajjar I.Goldstein FC. (2017) Proton Pump Inhibitors and Risk of Mild Cognitive Impairment and Dementia. J Am Geriatr Soc. 65(9):1969-1974.
  3. Li M, Luo Z, Yu S, Tang Z. (2019) Proton pump inhibitor use and risk of dementia - Systematic review and meta-analysis. Medicine 98(7): e14422.

Effekte der dopaminergen und noradrenergen Neurotransmission auf die Informationsprozessierung bei der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und ihre Beeinflussung durch Methylphenidat und Guanfacin

Johanna Daubner, Muhammad Imran Arshaad, Christina Henseler, Jenni Teipelke, Anna Papazoglou, Marco Weiergräber

Projektziel:
Zahlreiche Befunde und Studien untermauern die Annahme, dass mit der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) Defizite von Aufmerksamkeitsprozessen, Arbeitsgedächtnisprozessen und Impulskontrolle sowie motorische Unruhe einhergehen. (1) In die Steuerung der assoziierten neuronalen Prozesse scheinen mehrere Hirnareale und zerebrale Subsysteme involviert und abhängig vom Typus der ADHS-Erkrankung unterschiedlich stark gestört zu sein. Dazu zählen u.a. der präfrontale Kortex, das Striatum und der Hippokampus. Neurochemisch wird vor allem den Störungen der dopaminergen und der noradrenergen Neurotransmission eine zentrale Rolle zugeschrieben. Die Pathophysiologie der ADHS ist jedoch trotz intensiver Forschungsbemühungen noch unzureichend aufgeklärt (1). Infolgedessen sind die bisherigen Therapieoptionen ebenfalls noch auf wenige Ansatzpunkte beschränkt. Die zur Verfügung stehenden Substanzen müssen wegen des frühen Ausbruchs der Erkrankung bereits im Kindesalter und konsekutiv über einen längeren Zeitraum genommen werden. Die langjährige Dauer der Applikation sowie die Exposition in der Entwicklung befindlicher Gehirne stellen besondere Ansprüche an eine gute Verträglichkeit und Sicherheit der eingesetzten Pharmaka (1). Durch Untersuchungen im Tiermodell und bei ADHS-Patienten sollen die zugrundeliegenden Störungen der Informationsprozessierung sowie der diesbezüglichen Effekte einer pharmakologischen Intervention mit Methylphenidat und Guanfacin aufgeklärt werden.

Methodik:
Es wird ein Mehrebenenansatz aus elektroenzephalographischen und multi-electrode arrays (MEAs) sowie neurokognitiven und verhaltensbezogenen Methoden herangezogen. Die mit Hilfe der in vivo und in vitro Elektrophysiologie beobachteten neuronalen Aktivitätsmuster werden mittels mathematischer Algorithmen genutzt, um in einem späteren Schritt analoge Veränderungen in extrazellulären Feldpotentialen / EEGs bei ADHS-Patienten zu identifizieren. Die Einflussnahme verschiedener Pharmaka zur ADHS-Therapie wird ebenfalls untersucht.

Referenz:

  1. Sharma A, Couture J.Sharma A. (2014) A review of the pathophysiology, etiology, and treatment of attention-deficit hyperactivity disorder (ADHD). Ann Pharmacother. 48(2):209-25.

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