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Neues zu onkologischen Arzneimitteln (NOA)

Juni 2025

Hinweis: Zum Zeitpunkt der Zulassungsempfehlung liegen die therapeutischen Indikationen nur in englischer Sprache vor. Die deutsche Übersetzung der Indikationen in diesem Text wurde mithilfe von maschinellen Übersetzungsprogrammen erstellt. Erst wenn die Zulassungsempfehlung des CHMP von der Europäischen Kommission bestätigt wird, wird die offizielle deutsche Übersetzung veröffentlicht. Es ist möglich, dass die offizielle deutsche Indikation im Wortlaut leicht von der im vorliegenden Text genannten Indikation abweichen wird.

Neue zur Zulassung empfohlene Arzneimittel

Aucatzyl (Obecaptagene autoleucel)

Aucatzyl (Obecaptagene autoleucel) hat eine Zulassungsempfehlung für eine bedingte Marktzulassung (conditional marketing authorisation, CMA) zur Behandlung erwachsener Patientinnen und Patienten ab 26 Jahren mit rezidivierter oder refraktärer (r/r) akuter lymphatischer Leukämie mit B-Zell-Vorläuferzellen (B-ALL) erhalten.

Offizielle englischsprachige Indikation:
Aucatzyl is indicated for the treatment of adult patients 26 years of age and above with relapsed or refractory (r/r) B cell precursor acute lymphoblastic leukaemia (B ALL).

Die akute lymphoblastische Leukämie (ALL) gehört zu den häufigsten Krebserkrankungen im Kindesalter, wird aber auch bei Erwachsenen diagnostiziert. Die ALL ist gekennzeichnet durch die Produktion von großen Mengen unreifer Lymphozyten durch das Knochenmark. Je nach Art der Vorläuferzellen (B-Zellen oder T-Zellen) unterscheidet man zwischen B-ALL und T-ALL. Erwachsene ALL-Patientinnen und -Patienten haben eine deutlich schlechtere Prognose als Kinder. Weitere Informationen zu dieser Erkrankung finden Sie bei der Deutschen Krebsgesellschaft.

Obecaptagene autoleucel ist ein Zellprodukt, welches aus gentechnisch veränderten autologen T-Zellen besteht, die einen chimären T-Zellrezeptor exprimieren („CAR-T Zellen“). Dieser Rezeptor richtet sich gegen das Oberflächenmolekül CD19, welches auf B-ALL-Krebszellen überexprimiert wird. Mithilfe des gentechnisch veränderten Rezeptors können die T-Zellen an die Krebszellen binden und diese abtöten.

Andere in der EU zugelassene CAR-T-Produkte, die sich gegen CD19 richten, sind Yescarta (axicabtagene ciloleucel), Kymriah (tisagenlecleucel), Tecartus (brexucabtagene autoleucel), und Breyanzi (lisocabtagene maraleucel). Diese Arzneimittel sind für die Behandlung unterschiedlicher Subtypen von B-Zell-Lymphomen zugelassen, zum Teil auch für die Behandlung der ALL.

Die EMA hat anlässlich der Zulassungsempfehlung für Aucatzyl eine Pressemitteilung veröffentlicht.

Blenrep (Belantamab-Mafodotin)

Blenrep (Belantamab-Mafodotin) hat eine Zulassungsempfehlung für die folgende Indikation erhalten:

Blenrep ist bei Erwachsenen für die Behandlung des rezidivierten oder refraktären multiplen Myeloms angezeigt:

  • in Kombination mit Bortezomib und Dexamethason bei Patientinnen und Patienten, die mindestens eine vorherige Therapie erhalten haben; und
  • in Kombination mit Pomalidomid und Dexamethason bei Patientinnen und Patienten, die mindestens eine vorherige Therapie einschließlich Lenalidomid erhalten haben.

Offizielle englischsprachige Indikation:
Blenrep is indicated in adults for the treatment of relapsed or refractory multiple myeloma:

  • in combination with bortezomib and dexamethasone in patients who have received at least one prior therapy; and
  • in combination with pomalidomide and dexamethasone in patients who have received at least one prior therapy including lenalidomide.

Das multiple Myelom ist eine Form von Blutkrebs, bei der eine maligne Transformation von Plasmazellen stattfindet, welche einen spezialisierten Subtyp von B-Zellen darstellen. Ähnlich wie die Ursprungszellen sezernieren diese entarteten Zellen große Mengen Antikörper, die zur Pathologie und Symptomatik des Multiplen Myeloms beitragen. Die Krebszellen zeigen eine Überexpression des Oberflächenantigens B-cell maturation antigen (BCMA), welches sich deswegen als molekulares Ziel für eine pharmakologischen Behandlung anbietet. Weitere Informationen zu dieser Erkrankung finden Sie bei der Deutschen Krebsgesellschaft.

Belantamab-Mafodotin ist ein Antikörper-Wirkstoff-Konjugat. Der Antikörperanteil (Belantamab) richtet sich gegen BCMA und bindet somit an die Krebszellen. Über einen proteaseresistenten Linker ist daran ein Zytostatikum gebunden, das nach der Internalisierung die Bildung von Mikrotubuli und somit die Proliferation der Krebszellen hemmt.

Blenrep war in der Vergangenheit bereits für die Behandlung des Multiplen Myeloms zugelassen, hatte aber 2024 seine Zulassung verloren. Im Jahr 2020 wurde eine bedingte Marktzulassung (CMA, siehe auch aktuelles Sonderthema) für Blenrep ausgesprochen. Grundlage dieser Entscheidung waren die Zahl der durch die Behandlung mit Blenrep erzielten Remissionen (objective response rate, ORR) und deren Dauer (duration of response, DOR). Da die Studie ohne randomisierte Kontrollgruppe durchgeführt wurde, waren keine belastbaren Aussagen über eine Wirkung auf das progressionsfreie Überleben (progression-free survival, PFS) der Patientinnen und Patienten möglich. Zu diesem Zeitpunkt lagen somit noch keine ausreichend umfänglichen Daten vor, um eine volle Marktzulassung genehmigen zu können. Dass dieser PFS-Vorteil noch gezeigt werden sollte, war eine Bedingung bei der initialen Zulassung. Im Jahr 2023 wurde festgestellt, dass ein erhöhtes PFS von Blenrep-behandelten Patientinnen und Patienten im Vergleich zu einer randomisierten Kontrollgruppe nicht nachgewiesen werden konnte, und Blenrep verlor seinen Zulassungsstatus. Die Entscheidung wurde vom Zulassungsinhaber angefochten, wurde aber 2024 in einem erneuten Bewertungsprozess von der EMA bestätigt (siehe auch Pressemitteilung der EMA).

Dass Blenrep nun erneut eine Zulassungsempfehlung bekommen hat, liegt an neu verfügbaren Studienergebnissen und der speziellen Patientenpopulation, die in der aktuellen therapeutischen Indikation abgedeckt ist. Die initiale Zulassung von 2020 bezog sich auf „erwachsene Patientinnen und Patienten, die bereits mindestens vier Therapien erhalten haben und deren Erkrankung refraktär gegenüber mindestens einem Proteasom-Inhibitor, einem Immunmodulator und einem monoklonalen Anti-CD38-Antikörper ist, und die während der letzten Therapie eine Krankheitsprogression zeigten.“ (Zitat aus der initialen Fachinformation von Blenrep). Der aktuelle, positiv bewertete Antrag auf Marktzulassung deckt Patientinnen und Patienten einer früheren Behandlungslinie ab, mit nur mindestens einer vorherigen Therapie. Somit wurde im aktuellen Verfahren eine andere Patientenpopulation bewertet, die in einer separaten Studie untersucht wurde.

Andere in der EU zugelassene Produkte zur Behandlung des multiplen Myeloms, die sich gegen BCMA richten, sind Abecma (Idecabtagene vicleucel), Carvykti (Ciltacabtagene autoleucel), Tecvayli (Teclistamab), Elrexfio (Elranatamab), und Lynozyfic (Linvoseltamab).

Ezmekly (Mirdametinib)

Ezmekly (Mirdametinib) als Monotherapie hat eine Zulassungsempfehlung erhalten für eine bedingte Marktzulassung (CMA) für die Behandlung symptomatischer, inoperabler plexiformer Neurofibrome (PN) bei pädiatrischen und erwachsenen Patientinnen und Patienten mit Neurofibromatose Typ 1 (NF1) im Alter von 2 Jahren und darüber.

Offizielle englischsprachige Indikation:
Ezmekly as monotherapy is indicated for the treatment of symptomatic, inoperable plexiform neurofibromas (PN) in paediatric and adult patients with neurofibromatosis type 1 (NF1) aged 2 years and above.

Die Neurofibromatose Typ 1 ist eine autosomal-dominant vererbte Erkrankung, die durch eine Mutation im NF1-Gen verursacht wird. Das von dieser pathogenen Genvariante kodierte Protein, Neurofibromin, hat im Vergleich zum Wildtyp eine verminderte Funktionalität, was zur Dysregulation wichtiger intrazelluläre Signalwege führt. Die Symptome sind vielfältig und können neben Veränderungen der Hautpigmentierung, Hörverlust und Veränderungen der Aderhaut und Netzhaut am Auge auch die Entwicklung von gutartigen sowie bösartigen Tumoren beinhalten. Der häufigste gutartige Tumor bei Patientinnen und Patienten mit Neurofibromatose Typ 1 ist das Neurofibrom. Das plexiforme Neurofibrom stellt einen Subtyp dar, der durch die entstehende Raumforderung besonders zu Morbidität und Mortalität beiträgt. Weitere Informationen zur Neurofibromatose finden Sie bei Orphanet.

Mirdametinib ist oral verfügbarer Inhibitor der Proteinkinasen MEK1 und MEK2 (MAPK/ERK Kinase), die im MAPK-Signalweg eine wichtige Rolle spielen Der MAPK-Signalweg steuert u.a. die Proliferation, Migration und Apoptose von Krebszellen und wird somit als Target für die Behandlung von onkologischen Erkrankungen genutzt.

Andere in der EU zugelassene Produkte, die sich gegen MEK richten, sind Mekinist (Trametinib), Cotellic (Cobimetinib), Mektovi (Binimetinib), Koselugo (Selumetinib) und Spexotras (Trametinib). Von diesen ist nur Koselugo für die Behandlung von Neurofibromen zugelassen, während die anderen Produkte auf andere Krebsarten abzielen.

Itovebi (Inavolisib)

Itovebi (Inavolisib) hat eine Zulassungsempfehlung für die folgende Indikation erhalten:

Itovebi ist in Kombination mit Palbociclib und Fulvestrant für die Behandlung erwachsener Patientinnen und Patienten mit PIK3CA-mutiertem, Östrogenrezeptor (ER)-positivem, HER2-negativem, lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Brustkrebs nach einem Rezidiv bei oder innerhalb von 12 Monaten nach Abschluss einer adjuvanten endokrinen Behandlung angezeigt.

Bei Patientinnen und Patienten, die zuvor mit einem CDK 4/6-Inhibitor in der (neo)adjuvanten Phase behandelt wurden, sollte zwischen dem Ende der CDK 4/6-Inhibitor-Behandlung und der Feststellung eines Rezidivs ein Zeitraum von mindestens 12 Monaten liegen.

Bei prä-/perimenopausalen Frauen und Männern sollte die endokrine Therapie mit einem LHRH-Agonisten (Luteinisierendes Hormon-Releasing-Hormon) kombiniert werden.

Offizielle englischsprachige Indikation:
Itovebi, in combination with palbociclib and fulvestrant, is indicated for the treatment of adult patients with PIK3CA-mutated, oestrogen receptor (ER)-positive, HER2-negative, locally advanced or metastatic breast cancer, following recurrence on or within 12 months of completing adjuvant endocrine treatment.

Patients previously treated with a CDK 4/6 inhibitor in the (neo)adjuvant setting should have had an interval of at least 12 months between termination of CDK 4/6 inhibitor treatment and the detection of recurrence.

In pre/perimenopausal women and in men, endocrine therapy should be combined with a luteinising hormone-releasing hormone (LHRH) agonist.

Brustkrebs ist weltweit die häufigste Ursache für Krebs und Krebstodesfälle bei Frauen. Östrogenrezeptor (ER)- und Progesteronrezeptor (PR)-positive Tumoren werden als Hormonrezeptor (HR)-positiver Brustkrebs bezeichnet. Etwa 70 % aller diagnostizierten Brustkrebs-Erkrankungen sind HR-positiv und HER2-negativ. Mutationen im PIK3CA-Gen (katalytische Untereinheit p110a der Phosphoinositid-3-Kinase) kommen in ca. 35 – 40% der HR-positiven, HER2-negativen Erkrankungen vor und sind ein negativer prognostischer Faktor. Weitere Informationen zu dieser Erkrankung finden Sie bei der Deutschen Krebsgesellschaft.

Inavolisib ist ein Inhibitor von PIK3CA und führt zum schnelleren Abbau des mutierten Proteins, wodurch der intrazelluläre PI3K Signalweg inhibiert wird. Dies führt zu einer Proliferationshemmung und einer Apoptoseinduktion in den Krebszellen.

Andere in der EU zugelassene Produkte, die sich gegen die PI3K richten, sind Zydelig (Idelalisib), Piqray (Alpelisib) und Copiktra (Duvelisib). Von diesen ist nur Piqray zur Behandlung von Brustkrebs zugelassen, während Zydelig und Copiktra für bestimmte Formen von Lymphomen und Leukämien zugelassen sind.

Empfehlungen zur Erweiterung der therapeutischen Indikation

Imfinzi (Durvalumab)

Imfinzi (Durvalumab): Erweiterung der Indikation auf die neoadjuvante Behandlung von Erwachsenen mit chirurgisch entfernbaren muskelinvasivem Blasenkrebs (MIBC), in Kombination mit Gemcitabin und Cisplatin, gefolgt von Imfinzi als Monotherapie zur adjuvanten Behandlung nach radikaler Zystektomie.

Offizielle englischsprachige Indikation:
Imfinzi in combination with gemcitabine and cisplatin as neoadjuvant treatment, followed by Imfinzi as monotherapy adjuvant treatment after radical cystectomy, is indicated for the treatment of adults with resectable muscle invasive bladder cancer (MIBC).

Imfinzi ist bereits zugelassen für die Behandlung des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms, des kleinzelligen Lungenkarzinoms, des Gallengangskarzinoms, des hepatozellulären Karzinoms, sowie des Endometriumkarzinoms.

Blasenkrebs ist die fünfthäufigste Krebsart, die neu diagnostiziert wird. Die Unterscheidung von muskelinvasivem bzw. nicht-muskelinvasivem Blasenkrebs, basierend darauf, ob der Tumor in die Muscularis propria eingewachsen ist, ist prognostisch wichtig. Die Rezidivrate nach einer Zystektomie ist noch immer hoch, trotz zugelassener neoadjuvanter und adjuvanter Therapien. Weitere Informationen zu dieser Erkrankung finden Sie bei der Deutschen Krebsgesellschaft.

Durvalumab ist ein Checkpoint-Inhibitor, der an PD-L1 (programmed death-ligand 1) bindet und die Interaktion zwischen PD-L1 und seinem Rezeptor PD-1 hemmt. Die Interaktion zwischen dem von Krebszellen gebildeten PD-L1 und seinem Rezeptor PD-1 auf Immunzellen (T-Zellen) führt zur Unterdrückung des Immunsystems („immune evasion“). Da viele Krebszellen PD-L1 exprimieren, verstärkt die Hemmung seiner Bindung an PD-1 die T-Zell-Reaktionen gegen Krebszellen.

Tevimbra (Tislelizumab)

Tevimbra (Tislelizumab): Erweiterung der Indikation auf die Erstlinienbehandlung erwachsener Patientinnen und Patienten mit HER-2-negativem, lokal fortgeschrittenem, inoperablem oder metastasiertem Adenokarzinom des Magens oder des gastroösophagealen Übergangs (G/GEJ), deren Tumoren PD-L1 exprimieren und einen TAP-Score (Tumor Area Positivity) von ≥ 5% aufweisen, in Kombination mit einer platin- und fluoropyrimidinbasierten Chemotherapie.

Offizielle englischsprachige Indikation:
Tevimbra, in combination with platinum and fluoropyrimidine-based chemotherapy, is indicated for the first-line treatment of adult patients with HER-2-negative locally advanced unresectable or metastatic gastric or gastroesophageal junction (G/GEJ) adenocarcinoma whose tumours express PD-L1 with a tumour area positivity (TAP) score ≥ 5%.

Tevimbra ist bereits zugelassen für die Behandlung des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms sowie des Ösophaguskarzinoms.

Magenkrebs, aber auch Krebs an der Verbindung zwischen Magen und Speiseröhre (gastroösophagealer Übergang/GEJ), ist eine häufige Krebsart und nach wie vor eine der häufigsten Todesursachen. Er wird in der Regel in einem fortgeschrittenen oder metastasierten Stadium entdeckt, wenn erste Symptome wie Gewichtsverlust und Bauchschmerzen auftreten. Eine Früherkennung durch regelmäßige Gastroskopie, wodurch eine frühere Behandlung ermöglicht wird, wird nur in wenigen außereuropäischen Ländern mit hoher Inzidenz durchgeführt. Weitere Informationen zu dieser Erkrankung finden Sie bei der Deutschen Krebsgesellschaft.

Genau wie Durvalumab (siehe oben, Abschnitt über Imfinzi) handelt es sich auch bei Tislelizumab um einen Checkpoint-Inhibitor. Tislelizumab richtet sich aber nicht gegen PD-L1, sondern gegen PD-1. Der Wirkmechanismus ist der gleiche: die Bindung zwischen PD-1 und PD-L1 wird gehemmt, und somit werden die Krebszellen einem Angriff durch T-Zellen zugänglich gemacht und können dadurch abgetötet werden.