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Fluorchinolone: Schwere und langanhaltende Nebenwirkungen im Bereich Muskeln, Gelenke und Nervensystem

Wirkstoffe: Fluorchinolone | Chinolone

Einschränkungen in der Anwendung aufgrund von möglicherweise dauerhaften und die Lebensqualität beeinträchtigenden Nebenwirkungen
Zugelassene Wirkstoffe in Deutschland: Ciprofloxacin, Levofloxacin, Moxifloxacin, Norfloxacin, Ofloxacin

02.05.2019 - Erläuterungen zum Bescheid

Aufgrund von Nachfragen verweist das BfArM an dieser Stelle auf den Annex II der Kommissionsentscheidung, mit dem in der Kategorie 1 Anwendungsgebiete beschrieben werden, für die sich durch die Merkmale der neu identifizierten Sicherheitsbedenken das bestehende Nutzen-Risiko-Verhältnis nicht wesentlich ändert und somit keine Änderung beim Anwendungsgebiet erforderlich ist. Hierzu zählen sowohl solche, die schon zuvor nur als „last line“-Option zugelassen waren, wie „Ambulant erworbene Pneumonie“ als auch solche, deren Wortlaut im Rahmen des Referrals angepasst wurden, z.B. Prostatitis zu bakterielle Prostatitis:
http://ec.europa.eu/health/documents/community-register/2019/20190311143277/anx_143277_de.pdf

Tabelle 1 – Anwendungsgebiete der Kategorie 1: keine Änderung der Anwendungsgebiete

  • Komplizierte Harnwegsinfektion/Pyelonephritis
  • Prostatitis, Epididymo-Orchitis
  • Urethritis und Zervizitis
  • Infektionen des Genitaltraktes/gynäkologische Infektionen
  • Chronische pulmonale Infektion aufgrund von Pseudomonas aeruginosa bei erwachsenen Patienten mit zystischer Fibrose
  • Bronchopulmonale Infektionen bei zystischer Fibrose oder bei Bronchiektase
  • Ambulant erworbene Pneumonie
  • Pneumonie aufgrund von gramnegativen Bakterien
  • Tuberkulose
  • Chronische Sinusitis
  • Maligne Otitis externa
  • Chronische eitrige Otitis media
  • Komplizierte Haut- und Hautstrukturinfektionen/komplizierte Haut- und Weichteilinfektionen
  • Gastrointestinale Infektionen
  • Knochen- und Gelenkinfektionen
  • Intra-abdominale Infektionen
  • Prophylaxe invasiver Infektionen aufgrund von Neisseria meningitidis
  • Lungenmilzbrand (Prophylaxe nach Exposition und kurative Behandlung)
  • Infektionen bei immungeschwächten Patienten

Für die zuvor genannten Anwendungsgebiete mit nicht wesentlich verändertem Nutzen-Risiko-Verhältnis sind daher zusätzlich die für einzelne Fluorchinolone präzisierten Wortlaute (Abschnitt 2 des Bescheides) zu berücksichtigen.

08.04.2019 - Bescheid im Stufenplanverfahren

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) setzt mit Bescheid vom 28. März 2019 den entsprechenden Durchführungsbeschluss der Europäischen Kommission C(2018)2050 final vom 11. März 2019 um. Damit wird das europäische Risikobewertungsverfahren nach Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EG zu den Chinolonen und Fluorchinolonen abgeschlossen. Betroffen sind für Deutschland die Wirkstoffe Ciprofloxacin, Levofloxacin, Moxifloxacin, Norfloxacin und Ofloxacin in der systemischen Anwendung.

Die Änderungen in den Produktinformationen des zentral von der Europäischen Arzneimittelagentur EMA zugelassenen Arzneimittels Quinsair (zur Inhalation) erfolgt unmittelbar auf Initiative der EMA.

Der Bescheid des BfArM beinhaltet Anwendungseinschränkungen, Veränderungen im Wortlaut der Indikationen und umfangreiche Hinweise und Warnhinweise zum Risiko für das Auftreten von schweren möglicherweise dauerhaften und die Lebensqualität beeinträchtigenden Nebenwirkungen, die insbesondere den Bewegungsapparat und das Nervensystem betreffen.

Für Arzneimittel, bei denen der Zulassungsinhaber auf die Zulassung verzichtet hatte, wurde ein Feststellungsbescheid versendet.



16.11.2018 - Gutachten des CHMP

Die europäische Arzneimittelagentur EMA hat die schwerwiegenden, die Lebensqualität beeinträchtigenden und potentiell dauerhaften Nebenwirkungen im Zusammenhang mit der Arzneimittelgruppe der Fluorchinolone und Chinolone, welche oral eingenommen, injiziert oder inhaliert werden, wissenschaftlich neu bewertet. In diese Bewertung ist auch die Sichtweise von Patienten, Vertretern der Gesundheitsberufe und der Wissenschaft eingeflossen, die bei der öffentlichen Anhörung der EMA zu den Fluorchinolonen und Chinolonen im Juni 2018 präsentiert wurde.

Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) hat den Empfehlungen des Ausschusses für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) zugestimmt. Folglich sollen Arzneimittelzulassungen mit den Wirkstoffen Cinoxacin, Flumequin, Nalidinsäure und Pipemidinsäure ruhen. In Deutschland waren diese Arzneimittel nie beziehungsweise bereits seit längerer Zeit nicht mehr zugelassen.

Der CHMP bestätigte, dass die Anwendung der verbleibenden fluorchinolonhaltigen Antibiotika eingeschränkt werden sollte. Darüber hinaus werden in den Fachinformationen für Ärzte und in den Gebrauchsinformationen für Patienten die die Lebensqualität beeinträchtigenden und möglicherweise dauerhaften Nebenwirkungen dargestellt. Den Patienten wird geraten, die Behandlung bei ersten Anzeichen von Nebenwirkungen, die die Muskeln, Sehnen oder Gelenke beziehungsweise das Nervensystem betreffen, zu beenden.

Die Einschränkungen für die fluorchinolonhaltigen Antibiotika bedeuten, dass diese nicht angewendet werden sollten

  • zur Behandlung von Infektionen, die auch ohne Behandlung abklingen oder die nicht schwerwiegend sind (z.B. Entzündungen des Halses).
  • zur Behandlung von nicht-bakteriell verursachten Infektionen, wie z.B. nicht-bakterielle (chronische) Prostatitis.
  • zur Vorbeugung der Reisediarrhöe oder wiederkehrender Infektionen der unteren Harnwege (solche, die nicht über die Blase hinausgehen).
  • zur Behandlung leichter bis mittelschwerer Infektionen, es sei denn, andere Antibiotika, die üblicherweise zur Behandlung dieser Infektionen empfohlen werden, können nicht angewendet werden.

Es ist wichtig, dass die Anwendung von Fluorchinolonen generell vermieden werden sollte bei Patienten, bei denen vormals schwere Nebenwirkungen im Zusammenhang mit der Anwendung von Fluorchinolonen oder Chinolonen aufgetreten sind. Sie sollten mit besonderer Vorsicht angewendet werden bei älteren Patienten, bei Patienten mit Nierenfunktionsstörungen und bei Patienten, die eine Organtransplantation hatten, weil bei diesen Patientengruppen ein höheres Risiko für Sehnenschäden besteht. Da die Anwendung eines Kortikosteroids zusammen mit einem Fluorchinolon dieses Risiko ebenfalls erhöht, sollte die kombinierte Anwendung dieser beiden Arzneimittelgruppen vermieden werden.

Das Gutachten des CHMP wird nun an die Europäische Kommission weitergeleitet, die einen für alle Mitgliedsländer rechtlich verbindlichen Beschluss fassen wird. Das BfArM wird diesen Durchführungsbeschluss der EU-Kommission umsetzen und weitere geeignete Maßnahmen ergreifen, um die korrekte Anwendung der Fluorchinolone zu unterstützen.

Informationen für Patienten

  • Fluorchinolonhaltige Arzneimittel, die Ciprofloxacin, Levofloxacin, Lomefloxacin, Moxifloxacin, Norfloxacin, Ofloxacin, Pefloxacin, Prulifloxacin oder Rufloxacin enthalten, können lang anhaltende, die Lebensqualität beeinträchtigende und möglicherweise dauerhafte Nebenwirkungen, insbesondere an den Sehnen, Muskeln, Gelenken und am Nervensystem, verursachen.
  • Diese schweren Nebenwirkungen umfassen Entzündungen oder Risse der Sehnen, Muskelschmerzen oder Muskelschwäche, Gelenkschmerzen oder Gelenkschwellungen, Schwierigkeiten beim Gehen, Gefühle von Nadelstichen oder Kribbeln, brennende Schmerzen, Müdigkeit, Depressionen, Gedächtnisstörungen, Schlafstörungen, Probleme beim Sehen oder Hören, veränderter Geschmacks- oder Geruchssinn.
  • Sehnenschwellungen und Sehnenverletzungen können innerhalb von zwei Tagen nach dem Beginn der Behandlung mit einem Fluorchinolon aber auch erst einige Monate nach dem Behandlungsende auftreten.
  • Beenden Sie die Einnahme des Fluorchinolons und kontaktieren Sie sofort Ihre Ärztin / Ihren Arzt

    • bei ersten Anzeichen einer Sehnenverletzung wie beispielsweise Sehnenschmerzen oder Sehnenschwellungen - stellen Sie die betroffenen Bereiche ruhig.
    • wenn Sie Schmerzen, Nadelstiche, Kribbeln, Kitzeln, Taubheit oder Brennen oder Kraftlosigkeit, insbesondere in den Beinen oder Armen, verspüren.
    • wenn Sie Schwellungen in den Schultern, in den Armen oder Beinen haben, Schwierigkeiten beim Gehen haben, wenn Sie sich müde oder depressiv fühlen, wenn Sie Erinnerungsstörungen oder Schlafstörungen haben oder wenn Sie Veränderungen beim Sehen, Schmecken, Riechen oder Hören feststellen. Sie werden zusammen mit Ihrer Arztin/ Ihrem Arzt entscheiden, ob die Behandlung fortgesetzt wird oder ob Sie eine andere Art von Antibiotikum benötigen.

  • Möglicherweise sind Sie anfälliger für Gelenkschmerzen oder Gelenkschwellungen oder Sehnenrisse, wenn Sie über 60 Jahre alt sind, Ihre Nierenfunktion eingeschränkt ist oder Sie eine Organtransplantation hatten.
  • Sprechen Sie mit Ihrer Ärztin / Ihrem Arzt, wenn Sie ein Kortikosteroid einnehmen (wie Hydrocortison und Prednisolon) oder eine Behandlung mit einem Kortikosteroid benötigen. Sie sind möglicherweise besonders anfällig für Sehnenschäden, wenn Sie ein Kortikosteroid und ein Fluorchinolon im gleichen Zeitraum einnehmen.
  • Sie sollten kein Fluorchinolon einnehmen, wenn Sie schon einmal schwere Nebenwirkungen mit einem Fluorchinolon oder Chinolon hatten und Sie sollten sofort Ihre Ärztin / Ihren Arzt kontaktieren.
  • Wenn Sie Fragen oder Bedenken bezüglich Ihres Arzneimittels haben, sprechen Sie Ihre Ärztin / Ihren Arzt oder Ihre Apothekerin / Ihren Apotheker an.

Informationen für die Gesundheitsberufe

  • Fluorchinolone werden mit lang (über Monate oder Jahre) anhaltenden, schwerwiegenden, die Lebensqualität beeinträchtigenden und potentiell irreversiblen Nebenwirkungen in Verbindung gebracht, die verschiedene, oftmals mehrere Organsysteme, Organklassen und mehrere Sinne betreffen.
  • Die schwerwiegenden Nebenwirkungen schließen Sehnenentzündungen, Sehnenrisse, Arthralgien, Schmerzen in den Extremitäten, Gangstörungen, Neuropathien mit Parästhesien, Depressionen, Fatigue, Gedächtnisstörungen, Schlafstörungen, Beeinträchtigungen des Hörens, Sehens sowie des Geschmacks- und Geruchssinns ein.
  • Sehnenschäden (insbesondere Schäden der Achillessehne, aber auch anderer Sehnen) können innerhalb von 48 Stunden nach Beginn der Therapie mit einem Fluorchinolon auftreten, aber die Schäden können auch erst mit Zeitverzögerung von einigen Monaten nach Beendigung der Behandlung auftreten.
  • Ältere Patienten, Patienten, die Nierenfunktionsstörungen haben, die eine solide Organtransplantation hatten oder die mit einem Kortikosteroid behandelt werden, weisen ein höheres Risiko für das Auftreten von Sehnenschäden auf. Die gleichzeitige Behandlung mit einem Fluorchinolon und einem Kortikosteroid sollte vermieden werden.
  • Die Behandlung mit Fluorchinolonen sollte bei ersten Anzeichen von Sehnenschmerzen oder Sehnenentzündungen beendet werden und die Patienten sollten angewiesen werden, die Behandlung nicht fortzusetzen und mit ihrer Ärztin / ihrem Arzt zu sprechen. Dies gilt auch im Falle von Symptomen einer Neuropathie wie Schmerzen, Brennen, Kribbeln, Taubheit oder Kraftlosigkeit, um der Entwicklung eines potenziell irreversiblen Zustandes vorzubeugen.
  • Fluorchinolone sollten grundsätzlich nicht bei Patienten angewendet werden, die schon einmal schwerwiegende Nebenwirkungen bei der Anwendung von Chinolonen oder Fluorchinolonen hatten.
  • Wenn die Behandlung mit einem Fluorchinolon in Erwägung gezogen wird, sollten zur Information über die zugelassenen Indikationen die jeweils aktuellen Produktinformationen herangezogen werden, denn die Anwendungsgebiete dieser Arzneimittelgruppe wurden eingeschränkt.
  • Die Nutzen und Risiken der Fluorchinolone werden fortlaufend überprüft. Eine Studie zur Anwendung dieser Arzneimittel wird die Effektivität der neuen Maßnahmen zur Reduzierung der ungeeigneten Anwendung durch die Untersuchung des Verschreibungsverhaltens untersuchen.

Mehr über die Arzneimittel

Fluorchinolone und Chinolone sind eine Klasse von Breitbandantibiotika, die sowohl gegen verschiedene grampositive als auch gramnegative Bakterien wirksam sind. Fluorchinolone sind eine wichtige Behandlungsoption gegen verschiedene Infektionserkrankungen, darunter einige lebensbedrohliche, bei denen andere Antibiotika nicht ausreichend wirksam sind.
Die Neubewertung umfasste folgende Wirkstoffe aus der Gruppe Fluorchinolone und Chinolone: Cinoxacin, Ciprofloxacin, Flumequin, Levofloxacin, Lomefloxacin, Moxifloxacin, Nalidinsäure, Norfloxacin, Ofloxacin, Pefloxacin, Pipemidinsäure, Prulifloxacin und Rufloxacin.

Die Neubewertung betraf nur Arzneimittel, die systemisch angewendet werden (oral oder per Injektion) und Arzneimittel zur Inhalation.

Mehr über das Verfahren

Die Neubewertung der Fluorchinolone und Chinolone wurde am 09. Februar 2017 auf Ersuchen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) im Rahmen eines Verfahrens nach Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EG gestartet.

Die Neubewertung wurde zunächst vom Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) durchgeführt, der für die Bewertung von Sicherheitsfragen bei Humanarzneimittel zuständig ist. Die Empfehlungen des PRAC wurden am 04. Oktober 2018 verabschiedet und anschließend dem Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) zugeleitet, der für Fragen im Zusammenhang mit Arzneimittel für den menschlichen Gebrauch zuständig ist und der das Gutachten (Opinion) der EMA abgegeben hat.

Das Gutachten des CHMP wird nun der Europäischen Kommission zugeleitet, die abschließend einen für alle EU-Mitgliedsstaaten rechtsverbindlichen Beschluss veröffentlichen wird.

Die pharmazeutischen Unternehmer, an die der Stufenplanbescheid gerichtet sein wird, werden gebeten, die Änderungen in den Produktinformationen mit der Funktionsstruktur-Nummer (SKNR) 6513 (Stichwort „Fluorchinolone - Lang anhaltende UAW“) anzuzeigen.

05.10.2018 - Empfehlung des PRAC

PRAC empfiehlt Anwendungseinschränkungen aufgrund die Lebensqualität einschränkender und möglicherweise langanhaltender Nebenwirkungen

Zugelassene Wirkstoffe in Deutschland: Ciprofloxacin, Levofloxacin, Moxifloxacin, Norfloxacin, Ofloxacin

Der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) hat empfohlen, den Gebrauch von Antibiotika, die Wirkstoffe aus der Gruppe der Fluorchinolone oder Chinolone enthalten und über den Mund eingenommen, injiziert oder inhaliert werden, einzuschränken, nachdem er die Lebensqualität einschränkende und möglicherweise langanhaltende Nebenwirkungen, die im Zusammenhang mit diesen Arzneimitteln berichtet wurden, neu bewertet hat. In diese Bewertung ist auch die Sichtweise von Patienten, Vertretern der Gesundheitsberufe und der Wissenschaft eingeflossen, die bei der öffentlichen Anhörung der EMA zu den Fluorchinolonen und Chinolonen im Juni 2018 präsentiert wurde.

Sehr selten haben Patienten, die mit Fluorchinolonen oder Chinolonen behandelt wurden, lang anhaltende und die Lebensqualität einschränkende Nebenwirkungen erlitten, die in den meisten Fällen die Muskeln, Sehnen, Knochen und das Nervensystem betrafen.

In Folge der Neubewertung dieser Nebenwirkungen hat der PRAC empfohlen, dass einige dieser Arzneimittel, einschließlich aller, die ein chinolonhaltiges Antibiotikum enthalten, vom Markt genommen werden sollten. Sie waren zur Behandlung von Infektionen zugelassen, die nicht länger mit dieser Klasse von Antibiotika behandelt werden sollten. In Deutschland waren diese Arzneimittel nie, beziehungsweise bereits seit längerer Zeit nicht mehr zugelassen.

Der PRAC empfiehlt, dass die weiterhin zugelassenen Fluorchinolone

  • nicht angewendet werden sollten

    • bei Infektionen, die auch ohne Behandlung abklingen oder die nicht schwer sind (z.B. Entzündungen des Halses).
    • zur Vorbeugung der Reisediarrhöe oder wiederkehrender Infektionen der unteren Harnwege (sofern sie nicht über die Blase hinausgehen).
    • zur Behandlung von Patienten, bei denen vormals schwere Nebenwirkungen im Zusammenhang mit Fluorchinolonen oder Chinolonen aufgetreten sind.
    • um leichte bis mittelschwere Infektionen (inklusive unkomplizierte Zystitis, akute Exazerbation der chronischen Bronchitis, und chronische obstruktive Lungenerkrankung (COPD), akute bakterielle Rhinosinusitis und akute Mittelohrentzündung) zu behandeln, es sei denn, andere Antibiotika, die üblicherweise zur Behandlung dieser Infektionen empfohlen werden, können nicht angewendet werden.

  • mit Vorsicht angewendet werden sollten speziell bei älteren Patienten, bei Patienten mit Nierenfunktionsstörungen, Patienten, die eine Organtransplantation hatten oder Patienten, die mit systemisch anzuwendenden Kortikosteroiden behandelt werden. Diese Patientengruppen weisen ein höheres Risiko für durch fluorchinolon- oder chinolonhaltige Antibiotika verursachte Schäden an den Sehnen auf.

Der PRAC hat außerdem empfohlen, dass Angehörige der Gesundheitsberufe die Patienten anweisen sollten, die Behandlung mit einem fluorchinolonhaltigen Antibiotikum zu beenden, wenn erste Anzeichen von Nebenwirkungen auftreten, die Muskeln, Sehnen oder Knochen (wie zum Beispiel Entzündungen oder Risse der Sehnen, Muskelschmerzen oder -schlaffheit, Gelenkschmerzen oder -schwellungen) oder das Nervensystem (wie Kribbeln, Müdigkeit, Depression, Verwirrtheit, Suizidgedanken, Schlafstörungen, Probleme beim Sehen oder Hören, veränderter Geschmacks- oder Geruchssinn) betreffen.

Die Fach- und Gebrauchsinformationen der einzelnen Fluorchinolone werden überarbeitet werden, um die Anwendungseinschränkungen wiederzugeben.

Die Empfehlungen des PRAC werden nun an den Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA weitergeleitet, der das endgültige Gutachten der EMA verabschieden wird.

Mehr über die Arzneimittel

Fluorchinolone und Chinolone sind eine Klasse von Breitbandantibiotika, die sowohl gegen verschiedene grampositive als auch gramnegative Bakterien wirksam sind.

Die Neubewertung umfasste folgende Wirkstoffe: Ciprofloxacin, Flumequin, Levofloxacin, Lomefloxacin, Moxifloxacin, Norfloxacin, Ofloxacin, Pefloxacin, Prulifloxacin, und Rufloxacin (fluorchinolonhaltige Antibiotika); Cinoxacin, Nalidinsäure, Pipemidsäure (chinolonhaltige Antibiotika).

Die Neubewertung betraf nur Arzneimittel, die systemisch angewendet werden (oral oder per Injektion) und Arzneimittel zur Inhalation.

Mehr über das Verfahren

Die Neubewertung der Fluorchinolone und Chinolone wurde am 9. Februar 2017 auf Ersuchen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) im Rahmen eines Verfahrens nach Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EG gestartet.

Die Neubewertung wurde vom Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) durchgeführt, der für die Bewertung von Sicherheitsfragen bei Humanarzneimittel zuständig ist und der eine Reihe von Empfehlungen gegeben hat. Die Empfehlungen des PRAC werden nun dem Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) zugeleitet, der für Fragen im Zusammenhang mit Arzneimittel für den menschlichen Gebrauch zuständig ist und der das Gutachten (Opinion) der EMA verabschieden wird.

Das letzte Stadium des Neubewertungsverfahrens ist die Annahme eines für alle EU-Mitgliedsstaaten rechtsverbindlichen Beschlusses durch die Europäische Kommission. Die neuen Einschränkungen bei der Anwendung der Fluorchinolone und Chinolone werden wirksam, nachdem der Beschluss der Kommission veröffentlicht worden ist.

13.06.2018 - Öffentliche Anhörung

Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) hat die Registrierung für die öffentliche Anhörung begonnen. Sie wird am 13. Juni 2018 in den Räumlichkeiten der EMA stattfinden. Die öffentliche Anhörung wird Patienten, Ärzten, Krankenschwestern/-pflegern, Apothekern, Wissenschaftlern und allen anderen die Möglichkeit geben, ihre Sichtweise und Erfahrungen mit oder über Fluorchinolone und Chinolone, einer Gruppe von Antibiotika, die in der EU häufig verschrieben werden, mitzuteilen.

Die öffentliche Anhörung ist Teil der Neubewertung durch den Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) hinsichtlich schwerer und langanhaltender oder persistierender Nebenwirkungen, die vorwiegend Muskeln, Sehnen und das Nervensystem betreffen. Einige dieser Nebenwirkungsberichte betrafen Patienten, die eine weniger ernsthafte Infektion hatten und die mit anderen Antibiotika hätten behandelt werden können.

Der PRAC möchte von der Öffentlichkeit erfahren, wie sie die Risiken dieser Gruppe von Antibiotika einschätzt. Er möchte außerdem eruieren, welche weiteren Maßnahmen sicherstellen können, dass diese Antibiotika so sicher wie möglich angewendet werden.

„Die öffentliche Anhörung bietet den EU-Bürgern die Möglichkeit, an dieser Neubewertung teilzuhaben. Ihre Erfahrungen und Einschätzungen werden die verfügbaren wissenschaftlichen Belege ergänzen und die Erörterungen des PRAC bereichern“, sagte Guido Rasi, Exekutivdirektor der EMA. „Öffentliche Anhörungen unterstreichen unsere Absicht, Patienten und Angehörige der Gesundheitsberufe in unsere Entscheidungsfindung einzubeziehen.“

Diejenigen, die entweder als Redner oder als Beobachter an der öffentlichen Anhörung teilnehmen möchten, müssen bis zum 30. April 2018 ein Anmeldeformular an die EMA senden.

Um sicherzustellen, dass die öffentliche Anhörung so gewinnbringend wie möglich ist, hat die EMA drei Fragen an die Redner gestellt:

1. Welche Rolle spielen die Fluorchinolone und Chinolone Ihrer Ansicht nach bei der Behandlung von Infektionen?
2. Wie schätzen Sie die Risiken ein, die mit den Fluorchinolonen und Chinolonen verbunden sind?
3. Welche weiteren Maßnahmen könnten Ihrer Meinung ergriffen werden, um die sichere Anwendung der Fluorchinolone und Chinolone zu optimieren?

Die EMA wird die Anmeldungen sichten. Redner müssen die Fragen des PRAC beantworten und werden entsprechend ihrer Erfahrung mit Fluorchinolonen und Chinolonen ausgewählt (dem Anmeldungsformular muss eine kurze Beschreibung beigefügt werden, wie beabsichtigt wird, die Fragen zu beantworten). Die EMA hat die Absicht, EU-weit eine große Bandbreite von Repräsentanten der interessierten Kreise abzudecken.

Die EMA wird versuchen, möglichst viele Personen zu berücksichtigen. Für diejenigen, die nicht selbst bei der EMA anwesend sein können, wird die Anhörung live über die EMA Webseite übertragen werden.

Praktische Informationen zu den öffentlichen Anhörungen der EMA sind in einem Video und in einer Anleitung für öffentliche Teilnehmer verfügbar.

Darin wird erklärt, was von einer öffentlichen Anhörung zu erwarten ist, wie man sich anmeldet und wie die EMA die Redner auswählt.

Wenn weitere Informationen benötigt werden, können interessierte Bürger eine E-Mail senden an: publichearings@ema.europa.eu.

Anmeldeformular

09.03.2018 - PRAC veranlasst öffentliche Anhörung zu Chinolon- und Fluorchinolon-Antibiotika

Der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) hat entschieden, im Rahmen der Bewertung der Fluorchinolone und Chinolone eine öffentliche Anhörung zu organisieren, um die Erfahrungen der interessierten Parteien direkt zu hören, so dass diese in die Empfehlung des Ausschusses mit einbezogen werden können.

Im Februar 2017 hat der PRAC eine Bewertung oraler, injizierbarer und inhalierbarer Antibiotika aus der Gruppe der Chinolone und Fluorchinolone gestartet, um die Persistenz seltener schwerwiegender Nebenwirkungen zu bewerten, die hauptsächlich Muskeln, Gelenke und das Nervensystem betreffen und von denen einige von langer Dauer sein können. Im Verlauf der Bewertung hat die EMA ein wachsendes öffentliches Interesse an der Sicherheit dieser Arzneimittel beobachtet. Angesichts dieses erhöhten Interesses, hält der PRAC es für sinnvoll, eine Anhörung durchzuführen, um ein besseres Verständnis für die Ansichten der Öffentlichkeit zu den Risiken, die mit dem Gebrauch dieser Antibiotika einhergehen und der Durchführbarkeit bestimmter Maßnahmen zur Optimierung des sicheren Gebrauchs zu erhalten.

Diese öffentliche Anhörung wird während der Tagung des Ausschusses im Juni 2018 stattfinden. Weitere Informationen, einschließlich einer Zusammenfassung der Sicherheitsbedenken, einer Liste spezieller Fragen, zu denen Informationen von der Öffentlichkeit gefragt sind sowie praktische Informationen zur Teilnahme und ein Antragsformular werden bald auf der Homepage der EMA veröffentlicht werden.

Es ist das zweite Mal, dass der PRAC eine öffentliche Anhörung im Rahmen einer Sicherheitsbewertung eines Arzneimittels abhalten wird. Die erste öffentliche Anhörung wurde im September 2017 durchgeführt. Es wurde über die Bewertung von Valproat, einem Arzneimittel zur Behandlung von Epilepsie, bipolaren Störungen und Migräne informiert.

10.02.2017 – Start des Verfahrens

Das BfArM informiert über die Einleitung eines europäischen Risikobewertungsverfahrens nach Art. 31 der RL 2001/83/EG für Antibiotika aus der Gruppe der Fluorchinolone und Chinolone.

Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat in ihrem Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) auf Initiative des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ein Verfahren gestartet, um diese Arzneimittel hinsichtlich der Persistenz schwerwiegender Nebenwirkungen wissenschaftlich neu zu bewerten. Diese Nebenwirkungen sind von besonderer Bedeutung, wenn die Medikamente für weniger schwere Infektionen eingesetzt werden. Als Berichterstatter des PRAC wurden Tschechien und Deutschland benannt.

Das Verfahren wurde vom BfArM wegen Berichten von lang anhaltenden Nebenwirkungen in der nationalen Datenbank und in der veröffentlichten Literatur gestartet. Bislang gab es keine EU-weite Bewertung, die sich speziell mit der Persistenz dieser Nebenwirkungen beschäftigt. Die Nebenwirkungen selbst sind bekannt und in den europäischen Produktinformationen aufgelistet.

Der PRAC wird nun alle verfügbaren Daten bewerten und entscheiden, ob neue Maßnahmen zur Risikominimierung oder Änderungen in der Anwendung dieser Arzneimittel notwendig sind.

Fluorchinolone und Chinolone werden in der EU häufig verschrieben und sind wichtige Behandlungsmöglichkeiten bei schwerwiegenden, lebensbedrohenden bakteriellen Infektionen. Den Ärzten wird empfohlen, diese Arzneimittel weiterhin wie in der Fachinformation beschrieben anzuwenden.

Fluorchinolone und Chinolone sind eine Klasse von Breitbandantibiotika, die gegen sogenannte gramnegative und grampositive Bakterien wirksam sind. Das Bewertungsverfahren umfasst die folgenden Wirkstoffe: Cinoxacin, Ciprofloxacin, Enoxacin, Flumequin, Levofloxacin, Lomefloxacin, Moxifloxacin,Nalidixinsäure, Norfloxacin, Ofloxacin, Pefloxacin, Pipemidinsäure, Prulifloxacin und Rufloxacin. Die Bewertung betrifft nur inhalative und systemisch angewendete Arzneimittel (oral oder per Injektion). Topische Anwendungen, die direkt auf der Haut, den Augen oder den Ohren angewendet werden, sind nicht in die Bewertung einbezogen.

Zulassungen bestehen in Deutschland derzeit für Fluorchinolone mit den Wirkstoffen Ciprofloxacin, Enoxacin, Levofloxacin, Moxifloxacin, Norfloxacin und Ofloxacin. Enoxacin ist aber seit dem 01.02.2016 nicht mehr im Handel erhältlich. Die strukturmäßig ähnlichen Chinolone sind in Deutschland nicht mehr zugelassen, in anderen EU-Ländern aber noch verfügbar.

Patienten, die während des laufenden Risikobewertungsverfahrens zu ihrem (fluor-)chinolonhaltigen Arzneimittel Fragen haben, sollten sich an ihren Arzt oder Apotheker wenden.

Weitere Informationen

Details zu dem Verfahren können unter folgendem Link bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) abgerufen werden:

Pressemitteilung des BfArM

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