BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

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Fluorouracil, Capecitabin, Tegafur und Flucytosin: Empfehlung zur Testung und Behandlung

Wirkstoffe: Fluorouracil | Capecitabin | Tegafur | Flucytosin

04.08.2020 - Bescheid im Stufenplanverfahren

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) setzt mit Bescheid vom 29. Juli 2020 die Entscheidung der Europäischen Kommission vom 7. Juli 2020, betreffend die Zulassungen für Humanarzneimittel mit den Wirkstoffen Fluorouracil, Capecitabin, Tegafur und Flucytosin, um. Damit wird das europäische Risikobewertungsverfahren nach Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EG zu Fluorouracil und anverwandten Wirkstoffen abgeschlossen.

05.05.2020 - Gutachten des CHMP

Empfehlungen der EMA zur Prüfung der Enzymaktivität von DPD vor Behandlungsbeginn

Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA hat die Empfehlung des PRAC bestätigt, dass Patienten auf das Fehlen beziehungsweise den partiellen Mangel des Enzyms Dihydropyrimidin-Dehydrogenase (DPD) getestet werden sollten, bevor sie eine Krebsbehandlung mit fluorouracilhaltigen Arzneimitteln, die durch Injektion oder Infusion (Tropf) verabreicht werden, oder mit den verwandten Wirkstoffen Capecitabin und Tegafur beginnen.

Da die Behandlung schwerer Pilzinfektionen mit Flucytosin (einem anderen mit Fluorouracil verwandten Wirkstoff) nicht verzögert werden sollte, ist es nicht erforderlich, Patienten vor Beginn der Behandlung auf DPD-Mangel zu testen.

Patienten, die einen vollständigen Mangel an DPD haben, dürfen keine fluorouracilhaltigen Arzneimittel erhalten. Bei Patienten mit einem partiellen Mangel kann der Arzt erwägen, die onkologische Behandlung mit niedrigeren Dosen als normal zu beginnen oder die antimykotische Behandlung abzubrechen, wenn schwere Nebenwirkungen auftreten.

Diese Empfehlungen gelten nicht für fluorouracilhaltige Arzneimittel, die auf der Haut bei Erkrankungen wie aktinischer Keratose und Warzen eingesetzt werden, da nur sehr geringe Mengen des Arzneimittels durch die Haut aufgenommen werden.

Ein erheblicher Anteil der Bevölkerung (bis zu 9 % der kaukasischen Bevölkerung haben niedrige Spiegel eines aktiven DPD-Enzyms und bei bis zu 0,5 % fehlt das Enzym ganz) hat einen Mangel an DPD, das zum Abbau von Fluorouracil und den verwandten Wirkstoffen Capecitabin, Tegafur und Flucytosin erforderlich ist. Das Fehlen eines funktionierenden DPD-Enzyms, das für den Abbau von Fluorouracil erforderlich ist, führt zur Anreicherung von Fluorouracil im Blut. Dies kann zu schweren und lebensbedrohlichen Nebenwirkungen wie Neutropenie (geringe Mengen bestimmter weißer Blutkörperchen, die zur Bekämpfung von Infektionen benötigt werden), Neurotoxizität (Schädigung des Nervensystems des Körpers), schwerer Durchfall und Stomatitis (Entzündung der Mundschleimhaut) führen.

Patienten können auf DPD-Mangel getestet werden, indem der Uracilspiegel (Uracil ist eine Substanz, die durch DPD abgebaut wird) im Blut gemessen wird oder indem das Vorhandensein bestimmter Mutationen (Veränderungen) im DPD-Gen überprüft wird. Entsprechende klinische Leitlinien sollten berücksichtigt werden.

Patienten, die wissen, dass bei ihnen ein teilweiser DPD-Mangel vorliegt oder dass ein Familienmitglied einen teilweisen oder vollständigen DPD-Mangel hat, sollten vor der Anwendung dieser Arzneimittel mit Ihrem Arzt oder Apotheker sprechen.

Informationen für medizinisches Fachpersonal

Fluorouracil, Capecitabin und Tegafur

  • Patienten mit teilweisem oder vollständigem DPD-Mangel haben ein erhöhtes Risiko für schwere Toxizität während der Behandlung mit Fluoropyrimidinen (Fluorouracil, Capecitabin, Tegafur). Es wird daher empfohlen, vor Beginn der Behandlung mit Fluoropyrimidinen einen Phänotyp- und/oder Genotyp-Test durchzuführen.
  • Die Behandlung mit fluorouracil-, capecitabin- oder tegafurhaltigen Arzneimitteln ist bei Patienten mit bekanntem vollständigem DPD-Mangel kontraindiziert.
  • Eine reduzierte Anfangsdosis sollte bei Patienten mit identifiziertem partiellem DPD-Mangel in Betracht gezogen werden.
  • Das therapeutische Drug Monitoring (TDM) von Fluorouracil kann die klinischen Ergebnisse bei Patienten, die kontinuierliche Fluorouracilinfusionen erhalten, verbessern.

Flucytosin

  • Tests vor Behandlungsbeginn auf DPD-Mangel sind nicht erforderlich, um Verzögerungen beim Beginn der Behandlung mit Flucytosin zu vermeiden.
  • Die Behandlung mit Flucytosin ist bei Patienten mit bekanntem vollständigem DPD-Mangel kontraindiziert, da das Risiko einer lebensbedrohlichen Toxizität besteht.
  • Im Falle einer medikamentösen Toxizität sollte ein Abbruch der Behandlung mit Flucytosin in Erwägung gezogen werden. Die Bestimmung der DPD-Aktivität kann in Betracht gezogen werden, wenn die Arzneimitteltoxizität bestätigt oder vermutet wird.

Zwei Rote-Hand-Briefe (einer für Fluorouracil, Capecitabin und Tegafur und ein separater für Flucytosin) werden zu gegebener Zeit an das medizinische Fachpersonal versendet, das die Medikamente verschreibt, abgibt oder verabreicht. Sie werden anschließend auch auf der BfArM-Homepage (deutsche Fassung) und auf der EMA-Website (englische Fassung) veröffentlicht werden.

Mehr über das Verfahren

Die PRAC-Empfehlungen wurden an den Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) gesendet, der für Fragen im Zusammenhang mit Humanarzneimitteln zuständig ist, und dieser nahm die Stellungnahme der Europäischen Arzneimittelagentur an. Die Stellungnahme des CHMP wird nun an die Europäische Kommission weitergeleitet, die zu gegebener Zeit eine endgültige rechtsverbindliche Entscheidung erlassen wird, die in allen EU-Mitgliedstaaten gilt.

Bei der Umsetzung der aus diesem Verfahren folgenden Änderungen in den Produktinformationen sollte bei den dem BfArM eingereichten Variations die folgende Funktionsstruktur-Nummer mit angegeben werden: SKNR 6518 (5 FU und DPD-Defizienz)

16.03.2020 - Empfehlung des PRAC

Der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der Europäischen Arzneimittelagentur EMA empfiehlt, dass Patienten auf das Fehlen bzw. den partiellen Mangel des Enzyms Dihydropyrimidin-Dehydrogenase (DPD) getestet werden sollten, bevor sie eine Krebsbehandlung mit fluorouracilhaltigen Arzneimitteln beginnen, die durch Injektion oder Infusion (Tropf) verabreicht werden. Diese Empfehlung gilt entsprechend für die Behandlung mit den verwandten Wirkstoffen Capecitabin und Tegafur, die im Körper in Fluorouracil umgewandelt werden.

Von dieser Empfehlung nicht betroffen ist die Behandlung schwerer Pilzinfektionen mit Flucytosin (ein weiteres mit Fluorouracil verwandtes Arzneimittel), da der Beginn der Behandlung nicht verzögert werden sollte. Für die Behandlung mit topischem Fluorouracil (Anwendung auf der Haut zur Behandlung verschiedener Hautkrankheiten) ist das Testen auf DPD Mangel nicht erforderlich.

Das Fehlen eines funktionierenden DPD-Enzyms, das für den Abbau von Fluorouracil erforderlich ist, führt zur Anreicherung von Fluorouracil im Blut. Dies kann zu schweren und lebensbedrohlichen Nebenwirkungen wie Neutropenie (geringe Mengen bestimmter weißer Blutkörperchen, die zur Bekämpfung von Infektionen benötigt werden), Neurotoxizität (Schädigung des Nervensystems des Körpers), schwerer Durchfall und Stomatitis (Entzündung der Mundschleimhaut) führen.

Der PRAC hat auf Basis der verfügbaren Daten die folgenden Maßnahmen empfohlen, um die sichere Anwendung von fluorouracilhaltigen Arzneimitteln und verwandten Wirkstoffen zu gewährleisten:

Fluorouracil, Capecitabin und Tegafur

Es wird empfohlen, Patienten vor Beginn der Behandlung mit Fluorouracil (als Injektion oder Infusion), Capecitabin und Tegafur auf DPD-Mangel zu testen. Dies kann durch die Messung des Spiegels von Uracil (einer Substanz, die durch DPD abgebaut wird) im Blut oder durch die Prüfung auf das Vorhandensein bestimmter Mutationen (Veränderungen) im Gen für DPD erfolgen. Der DPD-Mangel ist mit einem erhöhten Risiko schwerer Nebenwirkungen verbunden. Die entsprechenden klinischen Leitlinien sollten berücksichtigt werden.
Patienten mit einem bekannten vollständigen DPD-Mangel dürfen keine Injektion oder Infusion mit Fluorouracil, kein Capecitabin oder Tegafur erhalten, da sie durch einen vollständigen Mangel an funktionierendem DPD einem erhöhten Risiko schwerer und lebensbedrohlicher Nebenwirkungen ausgesetzt werden.

Bei Patienten mit einem partiellen DPD-Mangel sollte eine reduzierte Anfangsdosis dieser Arzneimittel in Betracht gezogen werden. Da die Wirksamkeit einer reduzierten Dosis nicht erwiesen ist, können die Folgedosen erhöht werden, wenn keine schweren Nebenwirkungen auftreten. Eine regelmäßige Überwachung der Fluorouracil-Blutspiegel bei Patienten, die Fluorouracil durch kontinuierliche Infusion (Tropf) erhalten, könnte das Behandlungsergebnis verbessern.

Tests vor Behandlungsbeginn oder Dosisanpassungen auf der Grundlage der DPD-Aktivität sind bei Patienten, die topisches Fluorouracil verwenden, nicht erforderlich. Der Grund dafür ist, dass der durch die Haut in den Körper absorbierte Fluorouracil-Spiegel äußerst niedrig ist, und es ist nicht zu erwarten, dass sich die Sicherheit von topischem Fluorouracil bei Patienten mit teilweisem oder vollständigem DPD-Mangel ändert.

Flucytosin

Flucytosin wird zur Behandlung schwerer Hefe- und Pilzinfektionen, einschließlich einiger Formen von Meningitis (Entzündung der Hirn- und Rückenmarkshäute), eingesetzt. Um eine Verzögerung des Therapiebeginns zu vermeiden, sind keine Tests vor Behandlungsbeginn auf DPD-Mangel erforderlich.

Patienten mit einem bekannten vollständigen DPD-Mangel dürfen wegen des Risikos lebensbedrohlicher Nebenwirkungen nicht mit Flucytosin behandelt werden.

Patienten mit einem partiellen DPD-Mangel haben auch ein erhöhtes Risiko für schwere Nebenwirkungen. Im Falle von Nebenwirkungen sollte der behandelnde Arzt erwägen, die Behandlung mit Flucytosin abzubrechen. Eine Prüfung der DPD-Aktivität kann ebenfalls in Betracht gezogen werden, da das Risiko schwerer Nebenwirkungen bei Patienten mit einer geringen DPD-Aktivität höher ist.

Die Fach- und Gebrauchsinformationen werden aktualisiert, um die oben genannten Empfehlungen aufzunehmen.

19.03.2019 - Start des Verfahrens

EMA beginnt mit der Überprüfung eines möglichen Screenings von Patienten vor der Behandlung mit Fluorouracil, Capecitabin, Tegafur und Flucytosin

Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) hat ein Verfahren zur Überprüfung von fluorouracilhaltigen Arzneimitteln (auch bekannt als 5- Fluorouracil oder 5-FU), sowie den verwandten Wirkstoffen Capecitabin, Tegafur und Flucytosin, die im Körper in 5-Fluorouracil umgewandelt werden, gestartet. Im Rahmen des Verfahrens werden verfügbare Screening-Methoden und ihr Stellenwert bei der Identifizierung von Patienten mit erhöhtem Risiko für schwere Nebenwirkungen untersucht.

5-Fluorouracil (verabreicht durch Injektion), Capecitabin und Tegafur sind Krebsarzneimittel, während topisches (auf die Haut aufgetragenes) 5-Fluorouracil bei verschiedene Hauterkrankungen und Flucytosin bei schweren Pilzinfektionen angewendet wird.

Es ist bekannt, dass einige Patienten über keine oder eine nicht ausreichende Aktivität eines Enzyms namens Dihydropyrimidin-Dehydrogenase (DPD) verfügen, welches für den Abbau von 5-Fluorouracil benötigt wird. Verschreibenden Ärzten ist möglicherweise nicht bekannt, dass einigen ihrer Patienten die Aktivität des Enzyms DPD fehlt. Wenn sie diesen Patienten 5-Fluorouracil oder eine der verwandten Substanzen verabreichen, können diese im Körper nicht abgebaut werden, was zum Anstieg der 5-Fluorouracil-Konzentrationen im Blut führt.

Die Entstehung eines hohen Fluorouracil-Blutspiegels, die bei einigen dieser Arzneimittel beobachtet wurde, kann zu schweren und lebensbedrohlichen Nebenwirkungen wie Neutropenie (Verminderung bestimmter weißer Blutkörperchen zur Bekämpfung von Infektionen - der neutrophilen Granulozyten), Neurotoxizität (Schädigung des Nervensystems), schwerem Durchfall und Stomatitis (Entzündung der Mundschleimhaut) führen. Patienten mit einem vollständigen DPD-Mangel sollten daher nicht mit Fluorouracil oder Arzneimitteln, die im Körper zu Fluorouracil umgewandelt werden, behandelt werden.

Die Produktinformationen zu den meisten dieser Arzneimittel enthalten bereits einen Hinweis, dass sie nicht bei Patienten mit vollständigem DPD-Mangel angewendet werden sollten. Genetische Tests auf DPD werden für die meisten dieser Arzneimittel zur Krebsbehandlung empfohlen, aber ein systematisches Screening auf einen DPD-Mangel vor Behandlungsbeginn ist nicht verpflichtend vorgeschrieben. Darüber hinaus wurden kürzlich neue Daten zu Gentests und anderen DPD-Screening-Methoden veröffentlicht, die einen Einfluss auf die aktuellen Empfehlungen haben könnten.

Die EMA wird nun die verfügbaren Daten in Bezug auf die verfügbaren Screening-Methoden zur Feststellung von DPD-Mängeln auswerten und bewerten, ob Änderungen erforderlich sind, um die sichere Anwendung dieser Arzneimittel zu gewährleisten.
Patienten, die Bedenken bezüglich ihrer Arzneimittel haben, sollten ihren Arzt konsultieren und die Anwendung beziehungsweise Einnahme nicht ohne ärztlichen Rat beenden.

Mehr über die Arzneimittel

Das Verfahren betrifft den Wirkstoff Fluorouracil, der durch Injektion oder topisch auf der Haut verabreicht wird, sowie die Wirkstoffe Capecitabin und Tegafur, die oral eingenommen werden (so genannte Fluorouracil-Prodrugs) und im Körper in Fluorouracil umgewandelt werden. Es schließt auch das Antimykotikum Flucytosin ein, das durch Injektion oder oral verabreicht wird und von dem ein Teil im Körper in Fluorouracil umgewandelt wird.

Fluorouracil, das durch Injektion verabreicht wird, und seine Prodrugs werden zur Behandlung verschiedener Krebsarten eingesetzt. Sie wirken, indem sie Enzyme hemmen, die an der Herstellung neuer DNA beteiligt sind, und so das Wachstum von Krebszellen blockieren.

Fluorouracil, das auf die Haut aufgetragen wird, wird für verschiedene Hauterkrankungen wie aktinische Keratosen und Hautwarzen verwendet.

Arzneimittel, die Capecitabin und Tegafur enthalten, wurden von der EMA zentral zugelassen und werden als Xeloda®, Teysuno® und verschiedene capecitabinhaltige Generika vermarktet. Weitere Informationen zu diesen Arzneimitteln finden Sie auf der EMA-Website.

Arzneimittelsuche

Einige tegafur- und capecitabinhaltige Arzneimittel sowie alle flucytosin- und fluorouracilhaltigen Arzneimittel sind national zugelassen.

Mehr über das Verfahren

Die Überprüfung wurde im März 2019 auf Antrag der französischen Arzneimittelagentur (ANSM) gemäß Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EG eingeleitet.

Die Überprüfung wurde vom Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) durchgeführt, dem für die Bewertung von Fragen der Sicherheit von Humanarzneimitteln zuständigen Ausschuss, der eine Reihe von Empfehlungen abgegeben hat.

Die PRAC-Empfehlungen werden nun an den Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) weitergeleitet, der für Fragen im Zusammenhang mit Humanarzneimitteln zuständig ist und die Stellungnahme der Europäischen Arzneimittelagentur annehmen wird.

Weitere Informationen

Details zu dem Verfahren können unter folgendem Link bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) abgerufen werden:

Fluorouracil and fluorouracil related substances (capecitabine, tegafur and flucytosine) containing medicinal products

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