BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

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Retinoide: Aktualisierte Maßnahmen zur Schwangerschaftsverhütung sowie Warnhinweise zu neuropsychiatrischen Erkrankungen bei oraler Anwendung

Wirkstoffe: Acitretin | Adapalen | Alitretinoin | Bexaroten | Isotretinoin | Tazaroten | Tretinoin

07.01.2021 - Anhörung im Stufenplanverfahren

Meldung von Schwangerschaften über spezielles Aktenzeichen
Betroffene Wirkstoffe hier: Acitretin, Alitretinoin, Isotretinoin (orale Anwendung)

Zur Überprüfung der Wirksamkeit des Schwangerschaftsverhütungsprogramms hat das BfArM die pharmazeutischen Unternehmer (mittels Anhörung nach dem Stufenplan) aufgefordert, sämtliche Fälle von Schwangerschaften, die im Zusammenhang mit der oralen Anwendung von Acitretin, Alitretinoin und Isotretinoin bekannt geworden sind, dem BfArM jährlich unter einem speziellen Aktenzeichen zu melden.

Ebenfalls sind Angehörige der Gesundheitsberufe ausdrücklich zur Meldung von Schwangerschaften aufgefordert, die während beziehungsweise im relevanten Zeitraum nach der Behandlung (siehe beigefügte Anhörung) mit den genannten oralen Retinoiden auftreten, entweder an die Arzneimittelkommissionen oder direkt an das BfArM (unter Nennung des Aktenzeichens 75.02-5221-2020-07/00141/RET an 75@bfarm.de ). Retinoide, die auf die Haut aufgetragen werden, sind hiervon nicht betroffen.

05.09.2019 - Ergänzung zum Bescheid vom 16.07.2018

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat mit Bezug auf den Bescheid vom 16. Juli 2018 und die Aktualisierungen der Verordnung über die Verschreibungspflicht von Arzneimitteln (Arzneimittelverschreibungsverordnung – AMVV) für die oral anzuwendenden Arzneimittel mit den Wirkstoffen Acitretin, Alitretinoin und Isotretinoin einen ergänzenden Bescheid erlassen.

20.07.2018 - Bescheid im Stufenplanverfahren

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) setzt mit Bescheid vom 16. Juli 2018 den entsprechenden Durchführungsbeschluss der Europäischen Kommission C(2018) 4024 final vom 21. Juni 2018 um. Damit wird das europäische Risikobewertungsverfahren nach Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EG zu den Retinoiden abgeschlossen.

Betroffen sind die Wirkstoffe Acitretin, Adapalen, Alitretinoin, Bexaroten, Isotretinoin, Tazaroten und Tretinoin. Sie werden oral eingenommen oder als Cremes oder Gels angewendet, um verschiedene Erkrankungen, insbesondere der Haut, zu behandeln, darunter schwere Formen der Akne und Psoriasis. Einige Retinoide werden außerdem zur Behandlung bestimmter Krebserkrankungen angewendet.

Mit dem Bescheid des BfArM werden die Aktualisierung der Produktinformationen einschließlich der äußeren Verpackung hinsichtlich der Maßnahmen zur Schwangerschaftsverhütung sowie ein Warnhinweis zum möglichen Risiko neuropsychiatrischer Erkrankungen (wie Depression, Angst und Stimmungsschwankungen) bei oraler Anwendung angeordnet.

Oral einzunehmende Retinoide können das ungeborene Kind schädigen und dürfen während der Schwangerschaft nicht eingesetzt werden. Bei Frauen, die in der Lage sind, schwanger zu werden, dürfen Acitretin, Alitretinoin und Isotretion (oral zur Behandlung von Hauterkrankungen verabreicht) nur im Zusammenhang mit dem aktuellen Schwangerschaftsverhütungsprogramm angewendet werden.

Es ist vorgesehen, das ergänzende Schulungsmaterial zu überarbeiten und es wird gegenüber den pharmazeutischen Unternehmern die Durchführung einer Arzneimittelanwendungsstudie angeordnet.

23.03.2018 - CHMP-Gutachten

Die Europäische Arzneimittelagentur EMA hat die Bewertung der Arzneimittelgruppe der Retinoide abgeschlossen und bestätigt, dass eine Aktualisierung der Maßnahmen zur Schwangerschaftsverhütung erforderlich ist. Außerdem soll in die Produktinformationen derjenigen Retinoide, die über den Mund (oral) eingenommen werden, ein Warnhinweis zum möglichen Risiko neuropsychiatrischer Erkrankungen (wie Depression, Angst und Stimmungsschwankungen) aufgenommen werden.

Zu den Retinoiden gehören die Wirkstoffe Acitretin, Adapalen, Alitretinoin, Bexaroten, Isotretinoin, Tazaroten und Tretinoin. Sie werden oral eingenommen oder als Cremes oder Gels angewendet, um verschiedene Erkrankungen, insbesondere der Haut, zu behandeln, darunter schwere Formen der Akne und Psoriasis. Einige Retinoide werden außerdem zur Behandlung bestimmter Krebserkrankungen angewendet.

Die Bewertung hat bestätigt, dass oral einzunehmende Retinoide das ungeborene Kind schädigen können und während der Schwangerschaft nicht eingesetzt werden dürfen. Bei Frauen, die in der Lage sind, schwanger zu werden, dürfen Acitretin, Alitretinoin und Isotretion (oral insbesondere zur Behandlung von Hauterkrankungen verabreicht) außerdem nur im Zusammenhang mit dem aktualisierten Schwangerschaftsverhütungsprogramm angewendet werden.

Topische Retinoide (die auf die Haut aufgetragen werden) sollten ebenfalls nicht während der Schwangerschaft und nicht bei Frauen, die eine Schwangerschaft planen, angewendet werden.

Hinsichtlich der neuropsychiatrischen Nebenwirkungen konnte aufgrund der begrenzten Datenlage nicht klar belegt werden, dass dieses Risiko im Zusammenhang mit der Anwendung der Retinoide steht. Die Produktinformationen der oral anzuwenden Retinoide sollen aktualisiert werden, um einen Warnhinweis zu diesem möglichen Risiko aufzunehmen, wobei zu berücksichtigen ist, dass Patienten mit schweren Hauterkrankungen aufgrund ihrer Symptome möglicherweise anfälliger für neuropsychiatrische Erkrankungen sind. Die verfügbaren Daten deuten darauf hin, dass topisch anzuwendende Retinoide kein Risiko für neuropsychiatrische Nebenwirkungen aufweisen und dass deshalb keine zusätzlichen Warnhinweise aufgenommen werden müssen.

Die Bewertung der Retinoide wurde vom Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der EMA durchgeführt, der die verfügbaren Daten einschließlich publizierter Literatur, von Nebenwirkungsberichten nach der Zulassung und von zusätzlichen Daten, die in einer Sitzung mit Interessensvertretern oder auf schriftlichem Wege übermittelt wurden, ausgewertet hat.

Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA hat die Empfehlung des PRAC nun bestätigt und das finale Gutachten (Opinion) der EMA verabschiedet. Das Gutachten des CHMP wird nun an die Europäische Kommission geleitet, die einen Durchführungsbeschluss verabschieden wird, der EU-weit rechtsverbindlich ist.

Informationen für Patienten

Retinoide, die hauptsächlich angewendet werden, um Erkrankungen der Haut wie schwere Akne zu behandeln, sind gefährlich für das ungeborene Kind, wenn sie während der Schwangerschaft angewendet werden.

Oral, d.h. über den Mund, einzunehmende Retinoide dürfen während der Schwangerschaft nicht angewendet werden.

Darüber hinaus dürfen die oral einzunehmenden Retinoide Acitretin, Alitretinoin und Isotretinoin nicht von Frauen angewendet werden, die in der Lage sind, schwanger zu werden, es sei denn, die Bedingungen eines speziellen Schwangerschaftsverhütungsprogramms werden eingehalten.
Das Schwangerschaftsverhütungsprogramm für Acitretin, Alitretinoin und Isotretinoin umfasst:

  • Schwangerschaftstests vor Beginn, während und nach Beendigung der Behandlung
  • Die Notwendigkeit, eine effektive Schwangerschaftsverhütung vor, während und nach der Behandlung anzuwenden
  • Ein Bestätigungsformular, um nachzuweisen, dass eine entsprechende Patientenberatung durchgeführt wurde
  • Eine Patientenerinnerungskarte mit den Hinweisen, dass das Arzneimittel nicht während der Schwangerschaft angewendet werden darf einschließlich Informationen zu den Schwangerschaftstests und zur Notwendigkeit der sicheren Schwangerschaftsverhütung.

Diese Informationen werden auch in die Packungsbeilage aufgenommen und auf der äußeren Verpackung werden diese Hinweise in einem umrahmten Kasten hinzugefügt werden.

Topisch (auf der Haut) anzuwendende Retinoide sind weniger gefährlich für das ungeborene Kind. Aus Vorsichtsgründen sollten sie jedoch nicht während der Schwangerschaft und von Frauen, die planen, schwanger zu werden, angewendet werden.

Bei oral anzuwendenden Retinoiden besteht die Möglichkeit, dass Erkrankungen wie Depression und Ängstlichkeit auftreten. In der Packungsbeilage werden Warnhinweise sowie der Hinweis darauf, dass Patienten und Angehörige auf entsprechende Anzeichen und Symptome (z.B. Stimmungsschwankungen oder Verhaltensänderungen) achten sollen, ergänzt.

Patienten, die dazu Fragen haben, sollten sich an ihren Arzt oder Apotheker wenden.

Informationen für Angehörige der Gesundheitsberufe

Eine Bewertung der verfügbaren Daten zur Teratogenität und zu neuropsychiatrischen Erkrankungen im Zusammenhang mit der Anwendung von Retinoiden ist zu dem Ergebnis gekommen, dass es notwendig ist, die Empfehlungen zur Schwangerschaftsverhütung zu aktualisieren und auf das mögliche Risiko neuropsychiatrischer Erkrankungen aufmerksam zu machen.

Orale Retinoide (Acitretin, Alitretinoin, Bexaroten, Isotretinoin und Tretinoin) sind hoch teratogen und dürfen nicht in der Schwangerschaft angewendet werden.

Acitretin, Alitretinoin und Isotretinoin dürfen bei allen Frauen im gebärfähigen Alter nur unter den Bedingungen des Schwangerschaftsverhütungsprogramms (PPP) angewendet werden.

Dieses umfasst:

  • Eine Bewertung des Potenzials der einzelnen Frau, schwanger zu werden
  • Schwangerschaftstests vor Beginn, während und nach Beendigung der Behandlung
  • Die Notwendigkeit, mindestens eine effektive Schwangerschaftsverhütungsmethode vor, während und nach der Behandlung anzuwenden
  • Ein Formular für Patienten und Verordnende, auf dessen Grundlage das Risiko mit der Patientin zu besprechen ist und in dem zu bestätigen ist, dass eine entsprechende Beratung durchgeführt und verstanden wurde.

Für Bexaroten und orales Tretinoin wurde aufgrund der speziellen Patientengruppen, der onkologischen Indikation und der Behandlung durch Fachpersonal im Krankenhaus die Einführung eines Schwangerschaftsverhütungsprogramms nicht für notwendig erachtet.

Es wird aktualisiertes Schulungsmaterial zur Verfügung gestellt, um das Gespräch mit der Patientin über die Risiken von oralem Acitretin, Alitretinoin und Isotretinoin vor der Verschreibung an Frauen im gebärfähigen Alter zu begleiten.

Für topisch anzuwendende Retinoide (Adapalen, Alitretinoin, Isotretinoin, Tazaroten und Tretinoin) haben die verfügbaren Daten gezeigt, dass die über die Haut in den Körper aufgenommene Wirkstoffmenge vernachlässigbar ist und dass es daher unwahrscheinlich ist, dass diese Produkte Schaden beim ungeborenen Kind hervorrufen. Jedoch sind als Vorsichtsmaßnahme topische Retinoide bei schwangeren Frauen und bei Frauen, die eine Schwangerschaft planen, kontraindiziert.

Fälle von Depression, durch Depression verschlimmerte Ängstlichkeit und Stimmungsschwankungen sind bei Patienten, die orale Retinoide angewendet haben, selten berichtet worden. Die Evidenz der veröffentlichten Literatur und der individuellen Fallberichte ist widersprüchlich und viele veröffentlichte Studien haben einige Einschränkungen. Auf dieser Basis war es nicht möglich, eine klare Zunahme des Risikos für neuropsychiatrische Erkrankungen bei Anwendern oraler Retiniode gegenüber Nichtanwendern zu identifizieren.

Weil jedoch schwere Hauterkrankungen als solche das Risiko für psychiatrische Erkrankungen erhöhen, wird ein Warnhinweis zu diesem möglichen Risiko in die Produktinformationen für oral anzuwendende Retinoide aufgenommen werden.

Patienten, die orale Retinoide anwenden, sollen darauf hingewiesen werden, dass es zu Stimmungsschwankungen oder Verhaltensänderungen kommen kann und dass sie und ihre Angehörigen darauf achten sollen. Sie sollen ihren Arzt informieren, wenn diese auftreten.

Patienten, die orale Retinoide einnehmen, sollen auf Anzeichen und Symptome von Depression hin überwacht werden und, falls erforderlich, einer angemessenen Behandlung zugeführt werden. Besondere Aufmerksamkeit ist bei Patienten mit einer Depression in der Vorgeschichte erforderlich.

Für topisch anzuwendende Retinoide (Adapalen, Alitretinoin, Isotretinoin, Tazaroten und Tretinoin) ist die systemische Absorption vernachlässigbar und es ist unwahrscheinlich, dass diese psychiatrische Erkrankungen hervorrufen.

Weitere Informationen werden auf nationaler Ebene im Zusammenhang mit der Implementierung der Empfehlungen verfügbar sein.

Mehr über die Arzneimittel

Retinoide sind Vitamin-A-Derivate, die als Kapseln für die orale Einnahme oder als Creme und als Gele zur Anwendung auf der Haut verfügbar sind. Oral eingenommene Retinoide werden angewendet zur Behandlung verschiedener Formen der schwerwiegenden Akne, schwerwiegender Handekzeme, die nicht auf eine Behandlung mit Kortikosteroiden ansprechen, schwerwiegender Formen der Psoriasis und anderer Hauterkrankungen und bestimmter Krebsarten. Retinoide zur Anwendung auf der Haut werden angewendet zur Behandlung verschiedener Hauterkrankungen einschließlich milder bis moderater Akne.

Die folgenden Retinoide sind national in einer Vielzahl von EU-Mitgliedsstaaten zugelassen und sind in diese Bewertung eingeschlossen: Acitretin, Adapalen, Alitretinoin, Isotretinoin, Tazaroten und Tretinoin. Alitretinoin ist zentral als Panretin zur Behandlung der Hautmanifestationen bei AIDS Patienten mit Kaposi Sarkom (einer Art von Hautkrebs) zugelassen. Bexaroten ist zentral als Targretin zur Behandlung von auf der Haut sichtbaren Anzeichen des kutanen T-Zell Lymphoms (CTCL, ein seltener Krebs des lymphatischen Gewebes) zugelassen.

Mehr über das Verfahren

Die Bewertung retinoidhaltiger Arzneimittel gemäß Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EG wurde am 08. Juli 2016 auf Ersuchen von Großbritannien initiiert.

Die Bewertung wurde vom Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) durchgeführt. Das Gremium ist verantwortlich für die Bewertung von Sicherheitsfragen bei Humanarzneimitteln und hat entsprechende Empfehlungen abgegeben.

Die PRAC-Empfehlung wurde dem Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) zugeleitet, der für Humanarzneimittel betreffende Fragen verantwortlich ist und das Gutachten der EMA bestätigt hat.

Das Gutachten des CHMP wird nun an die Europäische Kommission weitergeleitet, die abschließend einen Durchführungsbeschluss verabschieden wird, der EU-weit rechtsverbindlich ist.

09.02.2018 - Empfehlungen des PRAC

Der PRAC empfiehlt die Aktualisierung der Schwangerschaftsverhütungsmaßnahmen während der Anwendung von Retinoiden.
Zusätzlich wurde ein Warnhinweis zu möglichen Risiken neuropsychiatrischer Erkrankungen für alle oral anzuwendenden Retinoide aufgenommen.

Der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) hat die Bewertung retinoidhaltiger Arzneimittel abgeschlossen und empfohlen, die Schwangerschaftsverhütungsmaßnahmen zu aktualisieren und einen Warnhinweis zum möglichen Risiko neuropsychiatrischer Erkrankungen (z.B. Depression, Angst und Stimmungsschwankungen) in die Produktinformationen aufzunehmen.

Im Rahmen seiner Bewertung hat der PRAC die vorhandenen Daten einschließlich der publizierten Literatur und der Nebenwirkungsberichte nach der Zulassung bewertet. In einer Sitzung mit Interessensvertretern und einer nachfolgenden schriftlichen Anhörung wurde auch die Sichtweise von Patienten und Angehörigen der Gesundheitsberufe geäußert.

Schwangerschaftsverhütung

Der PRAC hat bestätigt, dass alle oral (über den Mund) einzunehmenden Retinoide schädigende Effekte auf das ungeborene Kind haben können und daher während der Schwangerschaft nicht eingesetzt werden dürfen. Die oral einzunehmenden Retinoide Acitretin, Alitretinoin und Isotretinoin dürfen außerdem nicht von Frauen im gebärfähigen Alter eingenommen werden, sofern die Bedingungen des Schwangerschaftsverhütungsprogramms nicht eingehalten werden. Obwohl Schwangerschaftsverhütungsprogramme für diese Retinoide bereits in einigen Mitgliedsstaaten eingeführt wurden, hat der PRAC nun die Schwangerschaftsverhütungsprogramme aktualisiert und harmonisiert, um sicherzustellen, dass diese die Diskussion zwischen Arzt und Patientinnen über die Risiken dieser Arzneimittel optimal unterstützen und dass diese in der Praxis befolgt werden.

Im Einzelnen umfasst das neue Schwangerschaftsverhütungsprogramm eine Bewertung der Patientinnen hinsichtlich ihrer Gebärfähigkeit bzw. der Wahrscheinlichkeit schwanger zu werden, Forderungen hinsichtlich Schwangerschaftstests und der Notwendigkeit einer effektiven Verhütung vor, während und nach der Behandlung. Darüber hinaus sieht das neue Schwangerschaftsverhütungsprogramm vor, dass Patientinnen und Verordner ein Bestätigungsformular unterschreiben, um nachzuweisen, dass eine entsprechende Beratung durchgeführt wurde. Schulungsmaterial für Ärzte und eine Patientenkarte werden außerdem zur Verfügung gestellt.

Die pharmazeutischen Unternehmer, die Acitretin, Alitretinoin und Isotretinoin vermarkten, werden außerdem eine Studie und eine Untersuchung zur Bewertung der Effektivität der aktualisierten Maßnahmen durchführen, insbesondere, um die Implementierung des Schwangerschaftsverhütungsprogramms zu überprüfen.

Für die oralen Retinoide Bexaroten und Tretinoin wurde ein Schwangerschaftsverhütungsprogramm als nicht notwendig erachtet, da diese Arzneimittel, die zur Behandlung einiger Krebsarten angewendet werden, in einer ganz anderen Patientengruppe unter enger medizinischer Überwachung eingesetzt werden und die aktuellen Maßnahmen zur Schwangerschaftsverhütung als angemessen angesehen werden.

Für topisch (auf der Haut) anzuwendende Retinoide haben die Daten gezeigt, dass die über die Haut in den Körper aufgenommene Wirkstoffmenge extrem gering ist und dass es daher unwahrscheinlich ist, dass diese Produkte Schaden beim ungeborenen Kind hervorrufen. Dennoch könnten ein übermäßiger Gebrauch oder Schädigungen der Haut möglicherweise die Aufnahme der Retinoide erhöhen. Der PRAC empfiehlt daher als Vorsichtsmaßnahme, dass topische Retinoide nicht in der Schwangerschaft und bei Frauen, die eine Schwangerschaft planen, eingesetzt werden dürfen.

Risiko neuropsychiatrischer Erkrankungen

Der PRAC hat außerdem die verfügbaren Daten zum möglichen Risiko neuropsychiatrischer Erkrankungen (z.B. Depression, Angst und Stimmungsschwankungen) durch Retinoide bewertet. Obwohl Warnhinweise zu diesem möglichen Risiko bereits in der Produktinformation einiger oral einzunehmender Retinoide enthalten sind, hat der Ausschuss den Umfang und die Art dieser Warnhinweise bewertet, um sicherzustellen, dass sie die verfügbare Datenlage widerspiegeln und dass sie einheitlich gelten.

Für oral anzuwendende Retinoide hat der PRAC Limitierungen der verfügbaren Daten festgestellt und berücksichtigt, dass nicht eindeutig nachgewiesen werden kann, ob das Risiko durch diese Arzneimittel hervorgerufen wurde. Der PRAC hat berücksichtigt, dass Patienten mit schweren Hauterkrankungen aufgrund der Art der Erkrankung möglicherweise gefährdeter sind neuropsychiatrische Erkrankungen zu entwickeln. Der PRAC empfiehlt deshalb, dass die Produktinformationen für alle oral einzunehmenden Retinoide einen Warnhinweis zu diesem Risiko enthalten sollen, einschließlich der Anzeichen und Symptome (z.B. Stimmungsschwankungen und Verhaltensänderungen), die den Patienten und ihren Familien bewusst sein sollten.

Obwohl die verfügbaren Daten für topische Retinoide extrem begrenzt sind, deuten diese darauf hin, dass diese Arzneimittel kein Risiko für psychiatrische Nebenwirkungen haben und es daher nicht erforderlich ist, zusätzliche Warnhinweise in die Produktinformationen aufzunehmen.

Die PRAC Empfehlung wird nun an den Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) zur Annahme des Gutachtens der EMA weitergeleitet. Weitere Details einschließlich Hinweisen für Patienten und Angehörige der Gesundheitsberufe werden zum Zeitpunkt des CHMP-Gutachtens veröffentlicht.

Mehr über die Arzneimittel

Retinoide sind Vitamin-A-Derivate, die als Kapseln für die orale Einnahme oder als Creme und als Gele zur Anwendung auf der Haut verfügbar sind. Oral eingenommene Retinoide werden angewendet zur Behandlung verschiedener Formen der schwerwiegenden Akne, schwerwiegender Handekzeme, die nicht auf eine Behandlung mit Kortikosteroiden ansprechen, schwerwiegender Formen der Psoriasis und anderer Hauterkrankungen und bestimmter Krebsarten. Retinoide zur Anwendung auf der Haut werden angewendet zur Behandlung verschiedener Hauterkrankungen einschließlich milder bis moderater Akne.

Die folgenden Retinoide sind national in einer Vielzahl von EU-Mitgliedsstaaten zugelassen und sind in diese Bewertung eingeschlossen: Acitretin, Adapalen, Alitretinoin, Bexaroten, Isotretinoin, Tazaroten und Tretinoin. Alitretinoin ist zentral als Panretin zur Behandlung der Hautmanifestationen bei AIDS Patienten mit Kaposi Sarkom (einer Art von Hautkrebs) zugelassen. Bexaroten ist zentral als Targretin zur Behandlung von auf der Haut sichtbaren Anzeichen des kutanen T-Zell Lymphoms (CTCL, ein seltener Krebs des lymphatischen Gewebes) zugelassen.

Mehr über das Verfahren

Die Bewertung retinoidhaltiger Arzneimittel gemäß Artikel 31 der Direktive 2001/83/EG wurde am 08. Juli 2016 auf Ersuchen von Großbritannien initiiert.

Die Bewertung wurde vom Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) durchgeführt. Das Gremium ist verantwortlich für die Bewertung von Sicherheitsfragen bei Humanarzneimitteln und hat entsprechende Empfehlungen veröffentlicht.

Die Bewertung vom PRAC wird nun an den Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) weitergeleitet, der für Humanarzneimittel betreffende Fragen verantwortlich ist. Der CHMP wird ein Gutachten (Opinion) verabschieden. Das letzte Stadium des Bewertungsverfahrens ist die Annahme eines für alle Mitgliedsstaaten rechtsverbindlichen Beschlusses der Europäischen Kommission.

14.07.2016 - Start des Verfahrens

Das BfArM informiert über die Einleitung eines europäischen Risikobewertungsverfahrens nach Art. 31 der RL 2001/83/EG zu den Retinoiden. Die Europäische Arzneimittelagentur EMA hat in ihrem Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) auf Initiative des Vereinigten Königreichs (UK) ein Verfahren gestartet, um die bereits verfügbaren Maßnahmen zur Schwangerschaftsverhütung und zur Verringerung des möglichen Risikos neuropsychiatrischer Erkrankungen wissenschaftlich neu zu bewerten.

Die zur Arzneimittelgruppe der Retinoide (Vitamin-A-Derivate) gehörenden Wirkstoffe Acitretin, Adapalen, Alitretinoin, Bexaroten, Isotretinoin, Tazaroten und Tretinoin werden oral eingenommen oder als Creme beziehungsweise Gel auf die Haut aufgetragen, um Hauterkrankungen einschließlich Akne, Psoriasis und schwerer Handekzeme zu behandeln. Einige Retinoide werden zur Behandlung bestimmter Krebsformen eingesetzt.

Bekannt ist, dass oral angewendete Retinoide das ungeborene Kind schädigen können. Deshalb dürfen sie nicht bei Schwangeren angewendet werden. Schwangerschaftsverhütungsprogramme (pregnancy prevention programme, PPP) sind EU-weit implementiert. Eine fruchtschädigende Wirkung retinoidhaltiger Cremes und Gels ist weniger gut belegt, aber die Anwendung während der Schwangerschaft wird nicht empfohlen.

Obwohl die Schwangerschaftsverhütungsprogramme dazu beigetragen haben, die Anzahl der Schwangerschaften bei Frauen, die Retinoide oral anwenden, zu senken, treten immer noch Schwangerschaften während der Exposition mit diesen Vitamin-A-Derivaten auf. Eine Überprüfung der Effektivität des Schwangerschaftsverhütungsprogrammes (unter Auswertung von Daten nach der Zulassung und von publizierten Studien) ließ Fragen aufkommen, wie gut das Schwangerschaftsverhütungsprogramm in der Praxis eingehalten wird und ob es in den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten in gleicher Weise befolgt wird. Außerdem sind angemessene Maßnahmen zur Schwangerschaftsverhütung im Zusammenhang mit der Anwendung von Retinoiden auf der Haut zu eruieren.

Der PRAC wird die Maßnahmen zur Verringerung des Risikos für das Auftreten neuropsychiatrischer Erkrankungen wie Depressionen, Angst, psychotische Erkrankungen und suizidales Verhalten, zu denen in den Produktinformationen zum Teil bereits Warnhinweise aufgeführt sind, für oral und topisch anzuwendende Retinoide überprüfen.

Das europäische Risikobewertungsverfahren wird nach abschließender Bewertung im Ausschuss für Humanarzneimittel mit einem Durchführungsbeschluss der EU-Kommission an die Mitgliedsstaaten beendet und die Ergebnisse werden in Deutschland mit einem Stufenplanbescheid des BfArM an die betroffenen pharmazeutischen Unternehmer umgesetzt werden.

Patienten, die während des laufenden Risikobewertungsverfahrens zu ihrem retinoidhaltigen Arzneimittel Fragen haben, sollten sich an ihren Arzt oder Apotheker wenden.

Weitere Informationen

Details zu dem Verfahren können unter folgendem Link bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) abgerufen werden:

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